Eine wahre Begebenheit

Ein Fußballer traf einen Ball und lupfte ihn.
Der Schuss wurde legendär. Der lupfende Fußballer wurde bejubelt. Es gab einen Pott dafür. Die Freude war groß. Der höchste Funktionär des Verbandes übernahm die Siegerehrung.

Der Saal ist hell. Die Leuchten geben künstliches Licht. Die Wände sind blau. Die Menschen sind ein ungeduldiger Haufen. Sie füllen den Saal. Sie sitzen hinter den Tischen. Sie kauern hinter ihren Namensschildern. Die Glatze des Moderators ist frisch poliert. Sie ist blass. Der Holländer steht rechts von ihm. Sein Bartschatten wie eh und je. Der einst lupfende Fußballer sitzt neben seinem Chef an einem der Tische. Seine Hände sind klein. Sein Gesicht ist jung. Vorne grinst der Moderator. Sein Anzug ist schwarz. Seine Mehrsprachigkeit beeindruckend. Sein Lächeln sympathisch.
Vor ihm ist der Pott. Er steht auf einem gläsernen Podest. Hinter dem Moderator an der blauen Wand der Schriftzug des Verbandes. Auf dem Moderatorentisch ruhen die Schüsseln. Darin die Kugeln. Es sind vier Stück. Der Holländer rührt die Kugeln in den Schüsseln. Er nimmt eine Kugel. Er öffnet die Kugel. Er nimmt ein Zettelchen heraus. Er liest das Zettelchen. Der Bartschatten hält das Zettelchen hoch. Darauf steht: FC Bayern München. Der Moderator ruft einen kleinen Franzosen. Der sitzt neben einem Pavian. Der kleine Franzose geht nach vorn. Er steht nun links vom Moderator. Der Moderator spricht mit ihm auf Französisch. Der einst lupfende Fußballer hört zu. Der Holländer rührt die Kugeln in den Schüsseln noch einmal. Er nimmt eine Kugel. Er öffnet die Kugel. Er nimmt ein Zettelchen heraus. Er liest das Zettelchen. Der Bartschatten hält das Zettelchen hoch. Darauf steht: FC Barcelona. Dann holt der Moderator noch einen Mann nach vorn. Dieser ist dick und sehr groß. Er hat eine Tonsur. Er stellt sich neben den Franzosen. Der wirkt jetzt noch kleiner. Der Moderator spricht auch mit dem dicken und sehr großen Mann. Der einst lupfende Fußballer hebt nun den Kopf. Der Holländer rührt die Kugeln ein weiteres Mal. Er nimmt die vorletzte Kugel aus den Schüsseln. Er öffnet die Kugel. Er nimmt ein Zettelchen heraus. Er liest das Zettelchen. Der Bartschatten hält das Zettelchen hoch. Darauf steht: Borussia Dortmund.
Vor dem Moderator glänzt der Pott. Seine Henkel sind große Ohren. Er funkelt silbern. Der Pott wird größer. Er zischt. Seine Form ist vollendet und weich. Er strahlt und sprüht Funken. Er zuckt.
Der Moderator ruft den einst lupfenden Fußballer mit Namen.
Der Pott wird riesig. Er strahlt heller. Er zuckt und ruckelt auf seinem Podest. Er tönt und pfeift wie ein Teekessel.
Der Franzose schweigt. Der große Dicke glotzt. Der Pavian am Tisch kreischt auf. Ein gutaussehender Portugiese an einem der Tische dreht den Kopf.
Der einst lupfende Fußballer steht auf. Er knöpft sein Sacko zu. Der Moderator schaut zum einst lupfenden Fußballer. Dieser ist ein Riese. Der Moderator spricht. Seine Worte sind wie Zucker. Der einst lupfende Fußballer geht zum Moderatorentisch. Er schreitet. Er marschiert. Er triumphiert. Sein Gesicht ist jung. Er knattert die Kaiser. Er lächelt.
Der Pott ruckelt nun stärker. Er zischt und pfeift lauter. Funken sprühen auf die Tische. Er dampft. Rauchwolken steigen von ihm auf.
Die Menschen im Saal schweigen. Sie staunen. Der Pavian kauert schon unter dem Tisch. Der Franzose macht große Augen. Der große Dicke ist entsetzt. Der Holländer kratzt sich den Bartschatten. Der Moderator schüttelt den Kopf. Der Portugiese verdreht sich den Kopf.
Der Pott saugt das Licht im Saal auf. Er wird immer heller. Die Menschen verdecken die Augen. Sie sehen weg. Die Erde bebt. Die Wände dröhnen. Die Tische wackeln.
Der einst lupfende Fußballer schreitet voran. Vorbei am Pott mit den großen Henkelohren. Der Dicke wimmert. Der Franzose betet. Der Moderator zittert. Der Portugiese rauft sich die Haare. Dann passiert es:
Der Pott erhebt sich langsam wie bei einem Raketenstart in die Lüfte. Er schwebt über den Köpfen der Menschen. Er ist eine Supernova. Der Pott schwebt immer höher. Der Pott zischt über den Pavian hinweg, über den kleinen Franzosen, den holländischen Bartschatten, den multilingualen Moderator, dann über den hübschen Portugiesen. Er saust durch den Saal, vor und zurück, hin und her, rauf und runter. Dann drehen sich seine Henkel zur Seite. Der einst lupfende Fußballer reißt unwillkürlich die gestreckten Arme wie zum Jubel hoch und der Pott fliegt ihm wie von einem magischen Band gezogen schließlich geradewegs in die erhobenen Hände.
Ein Urknall ertönt. Der Pott verströmt gleißenden Licht in den Saal. Die Menschen haben mit einem Mal Visionen. Der Pott nimmt sie mit auf eine Reise in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Eine Stimme ruft: "Ricken! Lupfen jetzt! Jaaaaaaaaa!" Bilder von einem jubelnden Mann im Columbo-Trenchcoat. Fußballer in schwarzen Hotpants und gelben Trikots. Eine schwarzgelbe Menschentraube auf grünem Rasen. Konsternierte Überfußballer in blau mit gelben Sternchen. Ein rothaariger Irrwisch. Ein Karl-Heinz der Lüfte, ein Schweizer mit Zahnlücken, ein Schotte, eine Heulsuse, eine Susi, ein Heiko noch ohne Bisspuren, ein Mann mit Pornobalken noch ohne Vaterkomplex. Ein schwarzgelbes Stadion in München. Der Pott in Lars Rickens Händen.
Dann plötzlich Bilder eines Stadions in Spanien. Die Spieler tragen jetzt längere Hosen. Die Bildauflösung ist nun deutlich besser, wie in HD. Ein kleiner dicker Fußballer in schwarzgelb schießt neben das Tor, wieder und wieder.
Die Bilder flimmern weiter. Auf einmal ein Stadion in Deutschland. Ein großer schlaksiger schokobrauner Hightower schiebt rutschend den Ball ins Tor. Die Leute rasten hier aus!
Ein anderer Tag, dasselbe Stadion. Ein Pole schießt ein Tor. Ein schwarzgelber d'Artagnan macht einen seiner drei Fehler der Saison. Ein Narziss in Weiß vergisst kurz sein Spiegelbild und schiebt die Pocke über die Linie. Dann aber wieder der Pole. Und wieder der Pole. Und wieder. Ein dicker rotköpfiger Mann im Süden öffnet sein Scheckbuch.
Der Pott nimmt die Menschen auf seiner Reise jetzt wieder zurück nach Spanien. Wieder der kleine dicke Fußballer. Der fasst sich jetzt an die ischiokrurale Muskulatur. Ein nervöser älterer Herr hält mit einem König Händchen. Noch zehn Minuten. Ein Franzose in Weiß schießt ein Tor, ein Spanier in Weiß schießt ein Tor. Der ältere Mann ist fort. Er göbelt im Innern des Stadions eine andere Art von Pott voll.
Schließlich in einem Land mit viel Regen und Nebel. Die Einheimischen dort schauen neidvoll auf ein Stadion mit einem riesigen Bogen. Eine Stimme ruft: "Großkreutz. Lupfen jetzt. Jaaaaaaaaa!" Ein zähne- und kieferfletschender Mann hüpft über den Rasen, macht Fistfights mit einem Unsichtbaren. Fußballer in schwarzen Hosen und gelben Trikots. Eine schwarzgelbe Menschentraube auf grünem Rasen. Konsternierte Überfußballer in Rot. Ein kleiner Franzose mit einer großen Narbe im Gesicht entsetzt. Ein noch kleinerer Deutscher ohne Gel in den Haaren tröstet. Der rothaarige Irrwisch von damals beißt in einen der Torpfosten. Drei Polen: einer mit Hüftschaden, einer mit Dachschaden, einer aus Kuba. Ein Türke, der den Fans zumindest bis morgen ewige Treue schwört, ein dürrer Blonder. Noch ein Türke, aber mit mehr in der Birne als der erste Türke, ein Käffin, ein Schmelle, wieder d'Artagnan und ein Serbe, die sich eine Frau teilen, Manni und Weide. Der Pott in Sebastian Kehls Händen. Ein schwarzgelbes Stadion in London. Geschichte wiederholt sich, der Kreis schließt sich, der verlorengegangen Henkelpott, erst gejagt, dann gefunden, der Pott ist zurück im Pott: Die Welt wird ein brutal geiles Ausrufezeichen!