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18.06.2010 um 17:38 Uhr
Geschrieben von AndreasRenner
Der Boden der Tatsachen
So sieht er aus, der Boden der Tatsachen. Halten wir zum Einstieg einfach mal fest: Ganz so grandios wie nach dem Auftakt scheint unser Team doch nicht zu sein. Und gegen defensiv gut organisierte Gegner tun sich nicht nur die Anderen schwer. Nee, das können wir auch.

Deutschland startete in der gleichen Aufstellung wie beim 4:0 gegen Australien, im bekannten 4-2-3-1 System. An dieser Front waren keine Überraschungen zu erwarten und folgerichtig gab es auch keine.

Die Serben änderten nach der 0:1 Niederlage gegen Ghana zum Turnierauftakt ihre Formation und begannen in einem 4-5-1 statt im 4-4-2. Für den zweiten Stürmer Pantelic kam mit Kuzmanovic ein weiterer Mittelfeldspieler. Außerdem nahm Trainer Radomir Antic Milijas heraus und ersetzte ihn durch Ninkovic. In der Abwehr kam der Dortmunder Subotic für den gesperrten Lukovic.

Serbien begann die Partie mit aggressivem Pressing und erzwang gleich einige deutsche Ballverluste. In der Rückwärtsbewegung setzten die Serben auf ein 4-1-4-1, mit Zigic in vorderster Front. Zwischen den beiden Defensivreihen spielte Stankovic, der sich vor allem um Özil kümmerte, sich aber auch immer wieder in die Abwehrkette einreihte, um einem ballnahen Verteidiger die Möglichkeit zu geben, den ballführenden Deutschen unter Druck zu setzen, ohne die Raumaufteilung zu zerstören. Überhaupt war es offenbar der Plan, dem deutschen Spieler am Ball keine Zeit zum Luftholen zu geben. Das Mittelfeld presste jedenfalls sehr aggressiv, vor allem in der Zentrale. Den Luxus, unbedrängt und mit Anlauf auf die gegnerische Abwehr zuzustürmen, den Özil und Co. gegen Australien noch hatten, genossen sie in diesem Spiel jedenfalls nicht.

Außerdem schalteten die Serben sehr schnell auf Defensive um und ließen sich praktisch nie mit hoch aufgerückter Abwehr erwischen. Weshalb der wunderschöne Steilpass in den Rücken der Abwehr, mit dem die Deutschen noch gegen Australien jede Menge Heu gemacht hatten, schlicht und einfach nicht da war.

Offensiv war das Spiel der Serben über die Flügel angelegt, zwangsläufig, wo sie doch auf einen zentralen offensiven Mittelfeldspieler verzichteten. Das lief über links, wo es Jovanovic mit Lahm zu tun hatte, weniger gut als über rechts, wo Krasic mit Badstuber machte, was er wollte. Was auch daran lag, dass Lahm auf seiner Seite von Müller wesentlich besser unterstützt wurde als Badstuber von Podolski. Offensichtlich war der Plan der deutschen Teamführung, statt Podolski häufiger Schweinsteiger aus der Mittelfeldzentrale zur Unterstützung von Badstuber abzustellen. Was in der Theorie auch funktionieren sollte, ohne zentrale Anlaufstelle im Mittelfeld der Serben.

Eins gegen eins war Badstuber gegen Krasic jedoch hoffnungslos unterlegen und so war es nur konsequent, dass der Gegentreffer über seine Seite eingeleitet wurde, mit einem Pass in seinen Rücken, weil sich der Bayern-Verteidiger zu weit auf die Seite locken ließ. Die Folge: Friedrich musste die Zentrale verlassen, um den entstandenen Raum notdürftig zu schließen. Krasics Flanke ging zu Zigic am zweiten Pfosten, dessen "natürlicher" Gegenspieler in dieser Situation Lahm war. Weil der kleine deutsche Kapitän dieses Duell jedoch nicht gewinnen kann, rückte Mertesacker auch auf den zweiten Pfosten raus, kam dort zu spät und weil beide Innenverteidiger ihre Position verlassen hatten, war prompt die Mitte für Jovanovic völlig frei.

Nach munterer Anfangsphase war das Spiel bis zu Kloses Platzverweis ziemlich statisch und das deutsche Mittelfeld leistete sich auch zu viele Ungenauigkeiten, technische Fehler und Konzentrationsmängel, um die Serben dauerhaft unter Druck zu setzen. Allerdings gelang dem deutschen Gegner ebenfalls relativ wenig, weil auf das deutsche Team in der Mittelfeldzentrale ebenfalls gut verteidigte.

Nach Kloses Herausstellung spielte Deutschland im zweiten Durchgang im 4-2-3, mit Özil als zentraler Anlaufstelle und den Außen Müller und Podolski, die die Aufgabe hatten, in die Spitze zu stoßen. Im Wechsel kam Unterstützung durch die Mitte von Schweinsteiger oder Khedira und manchmal sogar von Innenverteidiger Friedrich, der es sich leisten konnte, gegen nur einen serbischen Stürmer auch mal nach vorne zu gehen.

Erfolg hatte Deutschland über links, wo Podolski das Duell gegen Ivanovic klar gewann, und dem Chelsea-Verteidiger (der übrigens wie Badstuber gelernter Innenverteidiger ist) immer wieder davon lief. Ivanovic war jedenfalls so klar die Schwachstelle der Serben wie Badstuber auf deutscher Seite. Nachdem Löw Cacau und Marin für Özil und Müller gebracht hatte, blieb Deutschland im 4-2-3, doch Podolski ging nach rechts und Marin attackierte den hüftsteifen serbischen Verteidiger. Sieben Minuten später kam Gomez für den schwachen Badstuber (der zu allem Übel nach seinen wenigen Offensiv-Ausflügen auch manchmal noch wie in Zeitlupe zurückjoggte).

Podolski spielte nun zusammen mit Marin auf der linken Seite gegen Ivanovic, während rechts nur noch Lahm auftauchte, der nach der gleichzeitigen Umstellung auf Dreierkette hinten definitiv zu viele Jobs auf einmal hatte. Und das Duo Podolski/Marin war leider nicht in der Lage, Ivanovic im Duo wirklich zu gefährden, weil beide zu eigensinnig waren. In der 84. Minuten bolzte Poldi blind auf's Tor und übersah den freien Marin, der sich eine Minute später revanchierte und es genauso schlecht machte. Flanken für den kopfballstarken Gomez gab es praktisch keine, womit seine Einwechselung de facto unnötig war. Und bei allem Bemühen der Deutschen bleibt natürlich auch: Serbien hätte bei diversen Konterchancen das zweite Tor machen müssen, zwei Mal scheiterten sie nur am Aluminium.

Bei allem, was die Serben in diesem Spiel gut machten: Viele Probleme der deutschen Mannschaft waren hausgemacht. Eine konzentriertere Leistung im Mittelfeld muss allerdings schon her, um gegen Ghana zu bestehen. Die sind nämlich, obwohl sie Afrikaner sind, tatsächlich für gute defensive Organisation bekannt. Viele personelle Wechsel im deutschen Team würden mich allerdings überraschen. Die Einwechselspieler haben sich nicht aufgedrängt, Ghana hat auch keinen Krasic, so dass Badstuber nicht zwingend raus muss. Die Frage ist also vor allem: Cacau oder Gomez für Klose? Will Löw mit Flanken operieren, muss er Gomez nehmen, will er die Ghanaer auskombinieren, dann heißt die Lösung Cacau.

Bis bald,
Andreas
Aufrufe: 7330 | Kommentare: 32 | Bewertungen: 17 | Erstellt:18.06.2010
ø 7.6
KOMMENTARE
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Voegi
MODERATOR
18.06.2010 | 19:11 Uhr
0
-3
Voegi : 
18.06.2010 | 19:11 Uhr
-3
Voegi : 
gelungene, detaillierte analyse. liest sich jedenfalls sehr überzeugend.
finde aber, dass neben allen taktischen und personellen mängeln auch ne menge pech dabei war. der platzverweis war überzogen, den elfer kann man reinmachen und manch eine chance hätte auch zum erfolg führen können. aber dennoch: es lag einiges im argen.

was ich vermisst habe, waren die schnellen kombinationen nach vorne. natürlich lag das auch am pressing der serben. andererseits war das hin- und hergespiele - gerade in der 1. hz - von vorneherein zum scheitern verurteilt. der eine oder andere risikopass mehr hätte es schon sein können. özil hätte da noch mehr wagen müssen. müller hatte m.e. einfach keinen guten tag. und was badstuber betrifft: er ist und bleibt als linksverteidiger einfach nicht die optimallösung.

danke für das review, andreas!
0
riesery
18.06.2010 | 18:35 Uhr
1
-6
riesery : 
18.06.2010 | 18:35 Uhr
-6
riesery : 
Insgesamt gute Analayse.Gefällt mir deswegen 10 P.

Serbien ist eine starke Mannschaft sind individuell sehr gut besetzt und agieren taktisch hervorragend das haben sie schon oft genug in der Quali nachgewiesen.Also ist eine unglückliche Nieder lage mit 10 Mann wirklich kein Weltuntergang.

Und auch mit 10 Mann hatte D. gegen nominell eine der besten 4 er Ketten bei der WM gute Chancen.Das ist positiv und zeigt dass Deutschland ein Spiel theoretisch jederzeit noch drehen kann.

"Ghana hat auch keinen Krasic, so dass Badstuber nicht zwingend raus muss" sehr gute Bemerkung das ist genau der Punkt.Badstuber ist ein solider AV der defensiv seine Aufgaben gut macht aber offensiv seine Probleme hat.Wenn er dann aber auf "Flügelflitzer" a la Krasic oder Nani trifft bekommt er seine Probleme aufgrund seiner Schnelligkeit..

Wird schon werden wieder eine konzentrierte Leistung gegen Ghana und Deutschland löst das Ticket.Ob erster oder zweiter ist egal denn wenn man Weltmeister werden will dann muss man eh große schlagen.Also zu Not auch gegen die Tommys im Achtelfinale

Ich bin weiterhin optimistisch
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