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Liga-Lehren


Gründer: Voegi | Mitglieder: 65 | Beiträge: 1
31.12.2011 um 16:00 Uhr
Geschrieben von Voegi
Jahresrückblick '11: Liga-Lehren
Von Großkotzen und Denkgefängnissen –
der Liga-Lehren –Jahresrückblick 2011


Die Liga-Lehren blicken zurück auf das verrückteste Bundesliga-Jahr seit der Emeritierung von Udo Lattek. In den Hauptrollen: Jürgen Klopp, Liz Taylor, Peter Neururer, Großmutter Shumway, Jack Daniels und ein Denkgefängnis:

Selbstironie
Ehre, wem Ehre gebührt: Auch wir können nicht umher, den BVB ein bisschen abzufeiern. Nach einem Meistertitel, dessen Zustandekommen so absehbar war wie der septemberliche Anstieg der Geburtenrate in der Bayern-Geschäftsstelle und einer erfrischend bescheidenen CL-Saison kann es keinen Zweifel mehr geben: Borussia Dortmund ist die Mannschaft des Jahres. Nicht zuletzt auch wegen ihres ausgeprägten Sinns für Selbstironie: Im Augenblick des größten Triumphs ausgerechnet Lothar Matthäus, dem intellektuellen Gegenentwurf zu Jürgen Klopp, ein verbales Denkmal zu setzen („We have a grandios Saison gespielt") zeugt schon von humoristischer Größe. Aber so wie Kevin Großkreutz die Verballhornung des eigenen Nachnamens in Form eines spontanen Method Actings zu karrikieren, ist schon echt meisterlich. Oder ist das hier nicht doch eine besonders hübsche Form eines Großkotz‘?

Liz
Auch in der Trainerfrage fällt die Wahl nicht schwer: Unser Coach des Jahres ist Peter Neururer. Wer so viele lukrative Angebote ablehnt und sich heroisch als TV-Experte zur Verfügung stellt, der steht einfach souverän über den Dingen. Und ist eben ein leuchtendes Vorbild, an dem sich manch etablierter Trainer ein Beispiel nehmen sollte. Im Falle von Felix Magath geben wir jedoch allmählich die Hoffnungen auf. Kaum hatte man ihm auf Schalke den Laufpass gegeben, war der reuige Felix auch schon zurück in Wolfsburg. Ein derart schnell Rückkehr in die Hände des Ex kannten wir bislang nur von einer in diesem Jahr verstorbenen Hollywood-Spielerin. Und ja, Felix Magath ist in der Tat so etwas wie die Liz Taylor der Bundesliga, entspricht die Größe seines Kaders doch ziemlich exakt der Zahl der Liebhaber der US-Schauspielerin.

In Prison
Das wohl anmutigste Gastspiel dieses Jahres gab zweifelsohne Christoph Daum, dem es bei seinem zweimonatigen Engagement gelungen ist, der abstiegsbedrohten Eintracht jedwede Ungewissheit zu nehmen. Daum schuf Fakten und scheute dabei auch nicht vor unkonventionellen Maßnahmen zurück: Der Tag wurde auf 25 Stunden verlängert, die Spieler durften während des Training auf glühende Kohle pinkeln und Fanis Gekas wurde im Schnellverfahren zu acht Wochen Denkgefängnis verurteilt. Auf weitere esoterische Scheinexperimente verzichtete Daum dann jedoch und verordnete der Eintracht stattdessen ein Sabbatical in der 2. Liga. Moderne Trainer sind eben doch unverzichtbar.

Schleifer
Wie schon Großmutter Shumway zu sagen pflegte: „Wenn dir gar nichts Nettes einfällt, das du jemandem sagen könntest, sag am besten gar nichts." In diesem Sinne hüten wir besser den Mantel des Schweigens, wenn es um Theo Köhler Zwanziger, Tuchels Manieren oder den HSV geht. Wenngleich die hanseatische Tragikomik auch im Jahre 2011 wieder vollends zu überzeugen wusste. Ein amüsantes Trauerspiel in zahllosen Gefechtsakten , dem es jedoch an einer überzeugenden Schlusspointe mangelte. Die sicherte sich dafür die ebenso humorvolle Hertha. Mit Michael Skibbe, gegen dessen Trainingsmethoden selbst Micky Oenning wie ein diktatorischer Schleifer wirkt, hat man nun genau den richtigen Mann verpflichtet, um die Berliner Straßengang im Zaun zu halten. Ist natürlich reine Ironie. Denn wie schon der Name sagt: Ein Weicher passt nicht zur Hertha.

Kreativ
Was die TV-Berichterstattung angeht, sollte man getreu dem Shumwayschen Leitmotto ebenfalls besser die Klappe halten. Zumal man sich an das allwöchtentliche Elend inzwischen gewöhnt hat. Das Sportstudio verliert sich in Beckmannscher Gesprächstherapie, Marcel Reif ignoriert konsequent die Räuspertaste und Onkel Fritz setzt sich nachhaltig für die Wiedereinführung des UI-Cups und den Erhalt vom Aussterben bedrohter Wörter ein. Oder wer außer ihm verfügt in seinem Wortschatz noch über so herrlich altmodische Wörter wie „pardonnieren", „reüssieren" oder „Alt-Internationaler"? Das ist höchst verdienstlich, zumal Thesaurus Fritz eben auch einen Sinn für kraftvolle Wortneuschöpfungen besitzt. Denn wenn drei Spieler einen gegnerischen Akteur gleichzeitig attackieren, wird dieser nach moderner Nomenklatur nunmehr gedrittelt. Arjen Robben wurde dieses Schicksal am 3. Spieltag zuteil – er ist seitdem nicht mehr ganz der Alte.

Rechthaberei
Zugegeben, es gibt nichts Penetranteres als unentwegte Rechthaberei. Nicht zu Unrecht stehen die Typen, die krakeelen, es doch die ganze Zeit gewusst zu haben, auf dem Pausenhof auch immer alleine da und schlagen danach eine Karriere als Kreisvorsitzende der Jungen Union ein. Weitblick macht eben unbeliebt, wenn man sich seines rühmt. Und trotzdem stellen wir fest: Wir haben es doch schon immer gewusst – Lucy Favre ist die Größte. Ein Trainer, dem es gelingt, einen Verein mit dem Selbstwertgefühl der FDP zu entröslern, muss ein Genie oder der uneheliche Sohn von Udo Lattek sein. Oder auch beides. Wie auch immer, wir haben es schon immer gewusst.

Nahtod
Den größten Unterhaltungswert bescherte uns – wie jedes Jahr – natürlich der Effzeh. Als vereingewordene Buckelpiste bot er uns ein Jahr mit allerlei Aufs und Ab, oszillierend zwischen championsleaguejauchzend und abstiegskampfbetrübt. Das wurde auch dem Präsidenten irgendwann zu viel. Er schmiss hin und hinterließ einen (ove)rat(h)losen Effzeh („Da ist ove Rath teuer"). Sportlich gesehen läuft es inzwischen aber wieder ganz cremig. Stale Solbakken sei Dank, dem neuen Coach mit der ultimativen Schlüsselqualifikation für ein Traineramt in Köln. Schließlich war der Norweger schon einmal klinisch tot und kennt damit das Gefühl, das den Effzeh-Fan ein- bis zweimal Mal im Jahr beim Blick auf die Tabelle befällt. Doch damit ist ja nun Schluss. Auch wenn das beim letzten Spiel des Jahres in München eher suboptimal gelaufen ist. Doch immerhin wissen wir nun, dass „Solbakken" auf Deutsch in etwa so viel wie „Betonklotz" heißen muss.

Prost
Fehlt noch was? Ach ja, der FC Bayern, der dem Guttenberg-Jahr gemäß diesmal auf Titel verzichtet hat. Aber trotzdem irgendwie ganz zufrieden war. Oder wie bilanzierte Hobby-Cineast Uli Hoeneß nach dem Hinrunde-Ende so treffend: „Es gibt einen Film mit Jack Daniels ‚Besser geht’s nicht‘". Soso, das Bayern-Jahr war also wie ein Film mit Jack Daniels. Da sind wir doch schon mal auf 2012 gespannt. Vielleicht wird das ja wie „Denn sie wissen nicht was sie tun" mit Jim Bean? Oder aber wie „Der letzte Tango" mit Johnnie Walker. Es bleibt eben doch nicht ohne Folgen, fast ein Jahrzehnt mit Ouzo Lattek zusammenge"arbeitet" zu haben. In diesem Sinne: Pros(i)t, Neujahr!
Aufrufe: 13923 | Kommentare: 13 | Bewertungen: 28 | Erstellt:31.12.2011
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KOMMENTARE
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gartenzwerg
31.12.2011 | 17:01 Uhr
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31.12.2011 | 17:01 Uhr
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Da hat doch noch was gefehlt.
Danke Voegi!
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mamö99
31.12.2011 | 16:54 Uhr
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mamö99 : 
31.12.2011 | 16:54 Uhr
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mamö99 : 
Danke für den geistigen Erguss kurz vorm Jahreswechsel! Sehr stark.
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Schnumbi
31.12.2011 | 16:42 Uhr
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Schnumbi : 
31.12.2011 | 16:42 Uhr
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Schnumbi : 
hach wie ist das schön. immer wieder genial was du so schreibst.

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