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Gründer: Master_Of_Disaster | Mitglieder: 818 | Beiträge: 210
08.12.2010 um 15:36 Uhr
Geschrieben von korsakoff
NFL Legends XXIV: Steve McNair
Ein bisschen mag Steve McNair die NFL Legends verwässern. Steve McNair hat niemals den Titel gewonnen, er hat keine großartigen Statistiken vorzuweisen. Steve McNair war auch kein glamouröser Quarterback. Aber Steve McNair war ein Krieger, ein Leader, der eine fantastische Titans-Mannschaft zu Beginn des Jahrzehnts notfalls allein zum Sieg geführt hat.

Aller Anfang ist hart

McNair, Jahrgang 1973 und in den Tiefen bzw. Weiten von Mississippi aufgewachsen, war ein vielseitiger Footballspieler, schon in seiner Jugend. Doch er wollte Quarterback spielen, und verzichtete dafür sogar auf eine Einladung der Florida Gators. Lieber ging er zum aberwitzig kleinen Football-Programm Alcorn State - eine schwarze Uni für einen schwarzen QB - um QB spielen zu dürfen. McNair machte seine Sache herausragend, hätte fast die Heisman Trophy gewonnen und wurde im großartig besetzten NFL Draft 1995 an dritter Stelle von den Houston Oilers ausgewählt. Die ersten Profischritte stellten sich trotzdem als einigermaßen hart heraus: In Houston spielte er zwei Jahre lang kaum und nach dem Umzug der Mannschaft in den Bundesstaat Tennessee zog er mit seiner Mannschaft zwei Jahre lang ohne Heimat durch die Lande.

Titan Steve

Ab 1999 liefen die Tennessee Titans unter neuem Namen, neuem Logo und neuer Uniform auf - und McNair spielte plötzlich großartigen Football. Keiner der allerpräzisesten Werfer, aber ein mobiler QB, schwer zu tackeln - und ein harter Knochen. McNair, die #9, führte die Titans in der Saison 99 in die Superbowl, u.a. mit Glück beim Music City Miracle in der ersten Playoffrunde.

In Superbowl 34 gegen Kurt Warners Rams lagen die Titans 0-16 zurück. Das fantastische Spiel wurde von McNair und RB Eddie George gedreht. 16-23 in Rückstand und nur noch wenige Sekunden zu spielen - und dann McNairs zwei legendärste Spielzüge. Sie charakterisieren eigentlich seine ganze Karriere: Großartig agil, aber das allerletzte Quäntchen Glück fehlte: Ein mickriges Yard zum Ausgleich. Die letzten Sekunden des Videos vermitteln einen recht guten Eindruck über die Faszination Steve McNairs.


Die Jahre danach verliefen ähnlich: Eine beinharte Titans-Mannschaft spielte immer wieder um den Titel, angeführt von McNair, der wie RB George jedes Wochenende Prügel um Prügel einstecken musste. Aber irgendwie walzten sich die Titans immer durch - nur um immer wieder kurz vor dem Ziel zu scheitern: 2000 in den Divisionals, 2002 im AFC Finale.

Ich hatte 2003 das Glück, in meiner ersten vollen Football-Saison Steve McNair in seiner Hochblüte erleben zu dürfen. Es war seine beste Saison. Ich möchte auch keinen falschen Pathos aufkommen lassen (Stichwort: Mannhaftigkeit), aber ich fand es schon faszinierend, wie der Mann Wochenende für Wochenende aufs Spielfeld ging, sich verprügeln ließ, die ganze Woche über Wunden leckte um sich auszukurieren, nur um am nächsten Sonntag wieder zertrümmert zu werden. McNair spielte gut genug, um zum Co-MVP der NFL-Saison gewählt worden zu sein.

Die Titans 2003 waren eine Super-Mannschaft. Ich vergleiche sie immer gerne mit dem FC Arsenal oder Bayer Leverkusen: Die vielleicht beste Mannschaft, die den Titel nicht gewinnen konnte, die ich gesehen habe (die 2007er Pats mal ausgeklammert). McNair hatte seinen Spielstil schon umgestellt: Zu geschunden war sein Körper, als dass er noch die ganz große Lauf-Waffe gewesen wäre. Dafür warf er plötzlich rattenscharfe Pässe, führte Tennessee über einen Playoff-Auswärtssieg beim Erzfeind Baltimore. Nur um in einem Klassespiel in der Eiseskälte von Foxboro 14-17 zu verlieren.

Danach ging es abwärts. McNair konnte nicht mehr simulieren und seine Schmerzen ausblenden. 2004 verpasste er die halbe Saison, aber die Titans waren auch schon auseinandergefallen. Free Agency und Salary Cap hatten dafür gesorgt, dass die Titans ein anderes Gesicht bekamen. Highlight war einzig eine Glanzvorstellung in Green Bay an einem Montagabend.

Der Rabe Steve

2006 ging er nach Vertragsstreitigkeiten nach Baltimore. Die Ravens hatten alles für einen Champion - nur keinen QB. McNair kam, führte die Ravens zu einer 13-3-Saison und nach zwei Jahren Durststrecke wieder in die Playoffs. Dort flogen die Ravs aber gleich raus: 6-15 gegen Indianapolis, und obwohl ich bis heute dem Coach die Schuld dafür gebe, dass man gegen die Colts nicht mehr auf Laufspiel gesetzt hat, hat auch McNair nicht gut gespielt an diesem Nachmittag. Ein Jahr später verletzte sich McNair mal wieder - und war raus aus der NFL. Im Frühjahr 2008 trat Steve McNair zurück.

Die Legende Steve

Steve "Air" McNair war mein NFL-Lieblingsspieler. Wie gesagt, bitte nicht unter falschen Pathos einordnen. Aber Woche für Woche rauszugehen, diese knüppelharte Mannschaft anzuführen, als einzige echte Offensivwaffe, gegen all die Verletzungen anzukämpfen: Ich finde das beeindruckend. Und irgendwie hätte kein QB besser zur Charakteristik der Titans gepasst als McNair.

McNair war ein schwarzer Quarterback, keiner mit Star-Allüren, dafür ein echter Recke, ein Haudegen, der immer mal wieder kurz vor dem ganz großen Erfolg gescheitert ist. Der aber in gewissem Sinne ein Wegbereiter war für andere mobile, schwarze QBs: McNabb, Vick, Young.

R.I.P. Steve

So großartig der Mann auf dem Gridiron auftrat, so hatte McNair aber auch einige Probleme neben dem Spielfeld. Familiäre zum Beispiel. McNair betrog irgendwann nach seinem Karriereende seine Ehefrau und seine vier Kinder und lebte mit einer 20jährigen Kellnerin zusammen. Eines Tages im Juni 2009 lag in meinem Mail-Ordner eine E-Mail: "Steve McNair ist tot." Ungläubigkeit.

McNair war in Nashville in seiner kleinen Wohnung von dieser Kellnerin erschossen worden. Der Held meiner ersten Football-Erfahrungen tot. Auf dem Spielfeld war McNair oft ein tragischer Held. Seine Lebensgeschichte außerhalb nahm aber ein umso traurigeres Ende.

R.I.P. Steve.
Aufrufe: 3354 | Kommentare: 11 | Bewertungen: 10 | Erstellt:08.12.2010
ø 9.0
KOMMENTARE
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NicoMadi
13.12.2010 | 08:25 Uhr
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NicoMadi : 
13.12.2010 | 08:25 Uhr
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NicoMadi : 
War wirklich eine der legendärsten SB. Auf der einen Seite freute man sich natürlich für die Rams, Kurt Warner und das amerikanische Märchen, ich kann mich noch genau daran erinnern und auf der anderen Seite tat einem Steve McNair einfach nur leid.

Er hat vieles richtig gemacht in seinem Football leben, aber leider nie den verdienten Lohn dafür bekommen, ist aber natürlich auch anderen schon so gegangen.

Sport und Privatleben sind 2 verschiedene Sachen - sein Tot war damals wirklich erschreckend.

RIP Steve McNair
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gartenzwerg
12.12.2010 | 18:43 Uhr
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12.12.2010 | 18:43 Uhr
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Ganz starker Blog!
Ich mochte McNair auch sehr.
Das Music City Miracle ist ein unvergessenes Football Highlight.
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yzerman
09.12.2010 | 23:17 Uhr
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yzerman : 
09.12.2010 | 23:17 Uhr
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yzerman : 
Habe gerade ne Gänsehaut beim lesen bekommen!

Ein ganz starker Blog zu einem ganz starken Spieler! Ja, er hat für die McNabbs und Vicks dieser Welt den Weg geebnet.

Ich werde die Partie Rams-Titans im Super Bowl nie vergessen, denn es war der erste SB den ich in voller Länge sah. Es war wirklich tragisch, einen verdammten Meter vom Titel entfernt, unglaublich!!!

Ich werde ihn nie vergessen! Hut ab vor Steve Mc Nair!!!

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Ducktales
09.12.2010 | 22:15 Uhr
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Ducktales : 
09.12.2010 | 22:15 Uhr
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Ducktales : 
Gut geschrieben Korsakoff. Wieder mal ein tragisches Ende für einen wirklich guten Spieler. Ich fand, dass er in der Season mit den Ravens, seinen besten Football gespielt hat. Wirkte dort sehr abgeklärt und überlegt. Schade, dass danach die schwere Verletzung kam.
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SunnyB
09.12.2010 | 14:32 Uhr
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SunnyB : 
09.12.2010 | 14:32 Uhr
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SunnyB : 
alles klar, danke für die info!
auf alle fälle total unnötig...
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korsakoff
09.12.2010 | 10:32 Uhr
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korsakoff : 
09.12.2010 | 10:32 Uhr
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korsakoff : 
@SunnyB

Soweit ich weiß, hatte McNairs Freundin a) Geldsorgen und b) einen Eifersuchtsanfall. Sie vermutete wohl, McNair würde auch sie betrügen.
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Master_Of_Disaster
09.12.2010 | 08:06 Uhr
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09.12.2010 | 08:06 Uhr
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Sehr schön korsakoff - wirklich sehr schön. Ich finde die letzten beiden Wochen der Legends sehr schön, denn sie sind einfach kontrovers. Und McNair ist einfach ein Mann, an den sich jeder gerne erinnert. Eben durch sein beinhartes Spiel und seine schiere Unkaputtbarkeit.

Tolle Geschichte, über einen tollen Mann - tragisch, wie sein Leben enden musste.!
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SunnyB
09.12.2010 | 00:23 Uhr
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SunnyB : 
09.12.2010 | 00:23 Uhr
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SunnyB : 
gute sache der legend blog, tragisches ende.

weiß man eigentlich etwas über das mord-motiv?
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Seminole
08.12.2010 | 22:13 Uhr
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Seminole : 
08.12.2010 | 22:13 Uhr
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Seminole : 
Um 1 Yard den Superbowlsieg verpasst? Boah, schon krass sowas. Muss ein besonderer Spieler gewesen sein, nach dem Blog und dem Video zu urteilen.

RIP Steve McNair.
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Lattenknaller
08.12.2010 | 16:13 Uhr
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08.12.2010 | 16:13 Uhr
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Sehr sehr starker Blog. Man spürt dass er dein Held war.

Er war ein Spieler, vor dem ich immer Hochachtung hatte, und das obwohl er beim Divisionsrivalen angeheuert hatte. Wie du's so treffend gesagt hast: Er hat sich jede Woche aufs Neue verprügeln lassen und nie darüber gejammert, sondern immer weitergemacht.

In seinem Privatleben hat er Fehler gemacht, die jedoch viel zu hart bestraft wurden. Ich weiß selbst noch wie geschockt ich an dem Tag war.

RIP Steve
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