Nun ist es also geschehen.
Was Einige gehofft, Einige befürchtet, aber Viele prophezeiht haben, ist eingetroffen: J.K. wurde entlassen.
Ich will mich in diesem Blog nicht hauptsächlich der Person Klinsmann widmen, darüber ist viel geredet und geschrieben worden.
Ich will versuchen, aus der Sicht eines Fußball-Fans ein wenig die Hintergründe und Fakten rund um die Bayern-Führung zu beleuchten.

Ich stelle mein Fazit mal einfach als These voran:

Ich bin sachlich und fachlich von der Bayernführung total enttäuscht!
Das Management der Bayern galt für mich immer zum Einen als fachlich sehr kompetent, zum Anderen aber vor allem als Musterbeispiel für Integrität.

Völlig losgelöst von Fehlern, die J.K. gemacht haben mag, ist Eines doch tatsächlich unstrittig:

Rummenigge und Hoeneß haben gewusst, worauf sie sich einlassen.
Zumindest haben sie das nach Verkündung seines Engagements behauptet.
Schon damals sagten viele, dass es ein großes Risiko sei, das Klinsmann polarisiere, das er lernen müsse und Fehler machen werde.
Ein gewisser Herr Neururer wurde als "Quotensau" durch die Medienlandschaft getrieben, nur weil er die Wahrheit sagte: Klinsmann sei -als Vereinstrainer- ein Trainer-Lehrling.

All das, so behaupteten die Bayern-Bosse, hätten Sie bedacht, sie wollten bewusst den Weg einer Neuerung gehen und sie würden das auch zu erwartenden(!) Widerständen zum Trotz mit Jürgen Klinsmann tun.
Ja, das haben Sie behauptet.

Doch was ist denn eigentlich geschehen?
Nur das, was zu erwarten war.
Die Mannschaft hatte Schwierigkeiten, sich an die neue taktische Ausrichtung zu gewöhnen, hat Fehler gemacht und Leistungsschwankungen gezeigt.
Schon sehr früh haben Hoeneß und Rummenigge -zumindest laut der diversen medienberichte- auf Klinsmann eingewirkt, er solle doch vielleicht sein System etwas zu Gunsten der Ergebnisorientierung anpassen.
Aha. So viel zum Vorwurf, man sähe die Handschrift des Trainers nicht...

Dann hatte er angeblich von Defensive keine Ahnung und erst, als die Profis sich einmischten (naja, ein wenig Eigenverantwortung erwarte ich von Möchtegern-Weltklasse-Spielern) und die Taktik angeblich eigenmächtig änderten, stand man Hinten besser.
Für die zwei Spiele gegen Lissabon, danach nicht mehr, weil...ja was eigentlich? Hatten die schlauen Spieler plötzlich keine Lust mehr?

All diese Schwankungen sind schlicht völlig normal, wenn man etwas neu aufzubauen versucht.
Unzählige Besipiele über die letzten fünf, sechs Jahre mag man sich in Wolfsburg, Barcelona, bei Real Madrid, Arsenal, Man United oder auch Liverpool anschauen und diese Liste auch gerne noch beliebig fortsetzen.

Es konnte niemand mit ein bisschen Sachverstand davon ausgehen, das man eine totale Systemänderung -die angekündigt und gewollt war, völlig reibungslos binnen weniger Wochen vollziehen könnte.

Und hat derselbe Kader, der in der CL bis zum Barca-Spiel brillierte (man kam immerhin mit der besten Bilanz aller Clubs weiter) nicht letztes Jahr von St.Petersburg mindestens genau so übel Prügel bezogen?
Sogar ohne so viele Verletzte?

In allen möglichen Fan-Foren, Experten-Runden, Zeitungskollumnen etc. ist genau vor solchen Dingen und Situationen gewarnt worden.
Es ist auch davor gewarnt worden, das Klinsmann sowohl bei Fans, als auch Medien, stark polarisiert gewarnt worden.
Es war klar, das Fehler gesucht -und gefunden!- würden.
Es war klar, das zumindest Teile der Bayern-Fans auf den Trainer prügeln würden, wenn die Ergebnisse "nicht stimmen".

Somit muss man sich die Frage stellen, ob UH und KHR damals einfach gelogen haben, als sie sagten, sie hätten das bedacht.
Oder ob sie zwar wussten, dass er "polarisiert" und "reformiert", aber schlicht keine Ahnung hatten, was das überhaupt ist.
Oder ob sie sich all dessen zwar bewusst waren, aber am Ende einfach zu feige waren und zu wenig von ihren viel zitierten "Eiern" hatten, um ihren Worten Taten folgen zu lassen, um den -eigentlich recht wenigen- Fans Stand zu halten, die "Klinsmann raus" skandierten.
Ich möchte an dieser Stelle an eine Aussage erinnern, die unlängst Heribert Bruchhagen traf und die er auch seit Jahren mit Taten untermauert:
"Wenn ich der Forderung jedes Mal nachgekommen wäre, wenn irgendwelche ´Fans X oder Y raus!´ schrieen, wäre ja keiner mehr hier!"

Ich bin kein Klinsmann-Fan und stand seiner Verpflichtung auch aus all diesen Gründen von Anfang an skeptisch gegenüber.
Aber letzlich ist eigentlich nur das geschehen, was realistisch zu erwarten war: es gab ein schwieriges Jahr, wobei ja sogar in der BL noch alles drin ist.

Abseits von Arroganz und Selbstüberschätzung muss man konstatieren, das Umbrüche nicht reibungslos von Statten gehen und das es ja nun auch andere Mannschaften gibt, die hart arbeiten und auch Fußball spielen können.
Aber nein, man kneift, zieht die viel zitierte "Reißleine" und holt einen Jupp Heynckes, um genau das zu erreichen, weswegen man Felix Magath und seitens KHR auch Ottmar Hitzfeld loswerden wollte: Ein Gekicke um des Ergebnisses willen!

Aus diesem Grunde sind für mich die Hauptverlierer in dieser ganzen Sache UH und KHR, die Wankelmut und mangelndes Rückgrat unter Beweis gestellt haben, wenn nicht sogar fachliche Fahrlässigkeit.
Und eine große Zahl von Bayern-Fans, die sich eigentlich immer darauf verlassen konnten, das ihr Verein mit Augenmaß und Sachverstand handelt und die gehofft haben, "ihre" Bayern würden auch bald mal wieder wiklich schön und begeisternd Fußball spielen.
Und -sollten ab jetzt tatsächlich gute Leistungen gezeigt werden- eine Mannschaft, die dann doch eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, was man charakterlich von ihr erwarten kann.
Am wenigsten verloren hat für mich Klinsmann, der eine knappe Saison lang unglaublich viele Erfahrungen sammeln konnte, sicherlich viel gelernt und mitgenommen hat.
Ach, und "liebe" Bayernführung: wenn ihr das Versprechen einhalten und euren Fans bald mal wieder "begeisternden" Fußball bieten wollt, solltet ihr tatsächlich mal kapieren, dass das von Heute auf Morgen ohne Reibungsverluste nicht geht.
Egal wie der neue Trainer heisst.
Ein gewisser Herr Mourinho beklagte sich erst letzte Woche, man könne in Italien ja gar nichts aufbauen, weil man keine Zeit bekäme...

Der einzige mögliche "Gewinner" bei dieser ganzen Misere ist der neue Manager, der den Vernehmen nach ja wohl zumindest für den sportlichen Bereich Christian Nerlinger heißen wird.
Schienen die Fußstapfen, in die der Neue treten muss, vor einiger Zeit noch schier übermenschlich, so hat sich jetzt doch gezeigt, daß ein Uli Hoeneß unbestritten unglaubliche Verdienste hat, er aber auch in der letzten Zeit (siehe auch Kroos-Gehype und Rensing-Manie) unglaublich viele FEHLER gemacht hat.

Für die Bundesliga wünsche ich mir auch als BVB-Fan und Mitglied, dass die Bayern möglichst bald wieder in die Spur kommen.
Und dass es mehr standhafte Manager wie die Dohmen, Bruchhagen und Allofs geben möge.