Wenn es etwas gibt, das derzeit noch einen Tick präsenter ist als Hans Sarpei- Interviews im deutschen Fernsehen, dann wohl die allgemeine Tippfrustration. Viele Fußballinsider verzweifeln derzeit anscheinend ähnlich, wie Jürgen "Kokser" Kohler, an ihren brillianten Expertentipps.

Der ein oder andere selbsternannte Fußball-Professor meinte sich gegenüber seinen Tippspiel-Trainingskiebitzen durch vorhersehbare Überraschungsprognosen einen klaren Vorteil zu verschaffen, doch zum Großteil erwiesen sich diese Prognosen eher als brutale und vor allem unnötige Eigentore.

Vor sich selbst mag es einfach sein, den ein oder anderen Tipp als Fehlkalkulation abzutun, doch die verbale Ohrfeige von Chef, Kumpel oder auch der Teilzeit-Interessierten Mama und Papa lässt nicht lange auf sich warten. Zu groß scheint die Genugtuung des engeren Umfelds gegenüber dem Fußballabhängigen zu sein.

Und nun stehste da, ohne irgendeine nachvollziehbare Rechtfertigung.

Die Arbeitskollegen fragen wie du dazu kommst dich im Sport-BILD-Raster als Fußballexperte einzuordnen, wenn du nicht mal weißt, dass die Elfenbeinküste viel schlechter ist als Brasilien.

Hmmm... vielleicht kann man hier von einer undankbaren Situation sprechen. Denn was jetzt noch schwerer fällt, als den nächsten realistischen Überraschungstipp zu prophezeien, ist wohl die Erklärung deiner bisherigen 'laienhaften' Tipps.

Der ein oder andere primitivere Gedankengang hätte sich in den letzten Tagen definitiv als vorteilhaft erwiesen. Wo waren sie denn, die vorhersehbaren Sensationen?!
Weder die Elfenbeinküste schafft es den Brasilianern ein glückliches Remis abzutrotzen, noch Griechenland schafft es den Argentiniern mit einer Energieleistung Paroli zu bieten.



Es ist einfach untippable. Denn wer bei dieser WM versucht hat durch Außenseitertipps Punkte zu sammeln, hätte schon sehr blauäugig tippen müssen. Von einem 0:0 bei Algerien – England, über einen Mexiko-Sieg gegen Frankreich, bis zu einem 1:0 der Schweiz gegen Spanien. Man kann hier schon von Sensationen sprechen, doch wer mit einem Hauch Fußballverstand tippt das?

Sämtliche Logik des Fußballs scheint bei dieser WM außer Kraft zu treten. Die vollkommen absehbaren Spielverläufe finden schlichtweg nicht statt. Weder England macht nach relativ frühzeitiger Führung in einem Konter das 2:0 gegen Slowenien, noch wagt es Frankreich einfach mal befreit aufzuspielen und den Südafrikanern zu zeigen, warum sie auf Platz 83 der FIFA- Weltrangliste stehen.

Expect the unexpected

Dieses total selten gebrauchte Sprichwort werden sich unsere Fußballfachmänner wohl zu Herzen genommen haben, doch auch mit diesem Grundsatz ist nur bedingt Besserung zu erwarten.
Denn wenn doch mal das Unerwartete eintritt, dann in Ausmaßen, die den Rahmen komplett sprengen. 7:0 Sieg der Portugiesen gegen Nordkorea, nach einem spielerischen Offenbarungseid gegen die Elfenbeinküste, zumal sich Nordkorea in Anbetracht heimatlicher (äußerst realistischer) WM-Träume gegen Brasilien relativ stark präsentierte.

Was bleibt uns 24/7 Fußballfanatikern?! Derzeit kann die Empfehlung wohl nur heißen den Kopf auszuschalten und sich von seiner stümperhaften, logischen Fußball-Denkweise zu verabschieden.
Denn das Einzige, das derzeit wohl weniger gefragt ist als Bully Herbigs Anischten zur DFB-Elf in Waldis glorreichem WM-Club, sind WM-Spiel-Überraschungsprognosen.