Edition: Suche...
10.04.2011 um 20:29 Uhr
Uli und der Gefangene der Arena.

They said they respect me, Which means, Their judgement is crazy
I've had my face dragged in, Fifteen miles of shit, And I do not, And I do not, And I do not like it
So how can anybody say, They know how I feel, When they are they, And only I am I

He said he wants to befriend me, Which means, He can't possibly know me
The voices of the real, And the imagined cry, The future is passing you by, The future is passing you by


(How Could Anybody Possibly Know How I Feel von Morrissey)

Es hätte so schön werden können. Zwei Figuren, so ähnlich in ihrer Sturheit und Selbstherrlichkeit, aber auch in ihrer Liebe zum Verein. Das Potential, den Verein wie Waldorf und Statler zu führen.
Aber dann haben sich die Protagonisten für Snape und Dumbledore entschieden. Abwechselnd.

Ich will an dieser Stelle nicht diskutieren, ob und (falls ja) wann es richtig war, Louis van Gaal zu entlassen. Als, sagen wir es ein letztes Mal, Gaalistin ist es ohnehin ein trauriger Tag. Die ganze Saison eine Achterbahnfahrt, ein Fragezeichen. Einerseits die vorige Saison, mit Louis und den jungen Wilden. Andererseits: diese Saison. Man bekam eine Ahnung davon, was es heißt, Werder Bremen zu sein.

Trotzdem haben viele von uns die Zähne zusammengebissen und daran geglaubt. „Uns" – das sind vor allem moderate, aber leidenschaftliche Fans. Fans, die sich damit abfinden können, dass Manuel Neuer kommt, und es trotzdem gut fanden, dass Kraft seine Chance bekam. Fans, die aber auch seit Jahrzehnten das Evangelium Hoeneß akzeptiert haben.
Der Riss, der sich jetzt offensichtlich durch den Verein zieht, er hat bei Fans schon lange Kopfschmerzen verursacht. Schließlich war sonst immer alles ganz einfach.

Uli hat selbstverständlich Recht. Er meint es schließlich gut, und er hat den Verein dorthin gebracht wo er heute steht.

Aber auch als Ulianerin ist es entsetzlicher Tag. Ein offenbarender Tag. Dumbledore ist nämlich tot. An seiner Stelle sitzt dort ein verbitterter alter Mann, der nicht mehr sieht, dass die Welt um ihn herum sich verändert.

Uli Hoeneß, gezeichnet von Sorgen und Schlaflosigkeit um seinen Verein, sein Lebenswerk, tritt nach. Und zwar so richtig. Als hätte Snape noch schnell einen Schuss Bosheit in das Wahrheitsserum gemischt.
Dabei reden wir nicht von der stichelnden Abteilung Attacke, sondern von einem Herrscher und seinem angegriffenen Ego. Der Trainer, die Fans (!), der andere Stadtverein, der elende Oberbürgermeister, die PRESSE. Es war zu viel. Der Präsident des FC Bayern, auch in seiner Funktion als Schutzheiliger aller leicht Erhitzbaren, holte zum Gegenschlag aus. Und mit Louis van Gaal hatte er ein Ziel, das groß genug für diesen Batzen Wut war.

Zuerst wurde besagter Trainer entfernt. Dann erklärt, dass dessen Wechsel auf einer einzigen, wenn auch wichtigen Position der Anfang vom Ende war. Genau. Thomas Kraft eine Chance gegeben zu haben – und sei es nur, um dem Vorstand zu trotzen –, war für Uli Hoeneß der Knackpunkt. Er hätte auch eine Reihe von anderen Dingen aufzählen können. Oder wenigstens mehrere Einzelaktionen. Stattdessen nannte der Herbergsvater Hoeneß einen einzigen Spielernamen. Diesem Spieler entzog er damit auch ein Stück der schützenden Decke, die ein Vorstand für die Mannschaft sein soll.
Was Michael Rensing sich wohl bei der Aussage gedacht hat?

Einmal in Fahrt, geriet Hoeneß auf Verschwörungsterritorium und schlussfolgerte aus dem Kraft-Einsatz die Schickeria-Kampagne namens „Koan Neuer". So schlicht sind aber nicht einmal Ultras. Hier ging es neben Manuel Neuer auch um die Konzeptlosigkeit in Sachen Transfers, um die Rettung des anderen Stadtvereins und um fehlende Transparenz in der Fanpolitik.

Das Verhalten von Uli Hoeneß auf der Pressekonferenz zur Entlassung von van Gaal hat nicht nur die Trennung von einem Trainer markiert. Es ist der mittlerweile unübersehbare Beginn einer bis dato unvorstellbaren Selbstdemontage der wichtigsten Person des FC Bayern der letzten 30 Jahre. Und das sowohl auf administrativer als auch auf persönlicher Ebene.Das kann weder der größte Van-Gaal-Hasser noch der untergebenste Hoeneß-Anhänger übersehen.

Selbst wenn es mit seinem Freund Heynckes nächste Saison besser läuft, besteht die Gefahr, dass Uli weiter gegen den Übergang vom Manager- zum Präsidentenposten ankämpft. Und sich einmischt – ob nun intern oder durch die Presse.
Bei Erfolgen der Mannschaft natürlich zurückhaltend oder mit Lob, aber wie lange kann es so glatt laufen? Lange genug, dass der Präsident seine Rolle akzeptiert? Und was, wenn – Gott bewahre! – sein Freund Jupp Heynckes nicht sofort Titel gewinnt?
Von den vielen kleinen Entscheidungen rund um die Transfers und Verträge ganz zu schweigen.

Der über den Dingen schwebende Beckenbauer hat der Rolle des Bayern-Präsidenten einen, nun, repräsentativen Schwerpunkt gegeben. Dadurch konnte er fröhlich daherschwurbeln und in einem Satz drei Meinungen vertreten. Wie es scheint, müssen wir Bayern-Fans uns hier umgewöhnen.

Dafür, dass der FCB aus München sich angeblich am FCB aus Barcelona orientieren möchte, entwickelt sich der Verein unter dem Präsidenten Hoeneß doch sehr in die madrilenische Richtung.
Während die Namen Rosell und Guardiola eher etwas für die Insiderabteilung sind, gelten der enthusiastische Präsident Perez und die herabhängenden Mundwinkel von José Mourinho als erweitertes Allgemeinwissen.

Spätestens nach der Amtszeit von Jupp Heynckes steht der FC Bayern damit vor der Frage, ob man ein Verein sein will, der Trainer, Mannschaft und Erfolge für sich sprechen lässt, oder ob der FC Bayern für alle Zeit der FC Beckenbauerhoeneßrummenigge bleiben soll.
Aufrufe: 21344 | Kommentare: 53 | Bewertungen: 63 | Erstellt:10.04.2011
ø 8.1
KOMMENTARE
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xxlhonk
10.04.2011 | 21:16 Uhr
6
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xxlhonk : 
10.04.2011 | 21:16 Uhr
-1
xxlhonk : 
Stark!
Und sehr genau auf den Punkt.
Sehr sehr gut!
6
mrpink27
10.04.2011 | 22:10 Uhr
10
-1
mrpink27 : 
10.04.2011 | 22:10 Uhr
-1
mrpink27 : 
Sehr viel richtiges.

Die heutigen Bilder von Hoeneß waren doch erschreckend. Er wirkte sehr angegriffen, und seine Attacken hatten nichts Konstruktives oder Beschützendes. (ähnlich erschrocken war ich nur bei Armin Veh, der wirkte kurz vor seiner Entlassung total ausgebrannt.)

Zum Vergleich Real - Barca.
Real war schon immer ein Club in dem der Präsident die Führungsfigur war. Barca eher ein Trainerclub (der von seiner Philosophie lebt). (Bei beiden ist die Außendarstellung gemeint.)
Und um ehrlich zu sein. Diese Idee dass die Bayern wie Barca sein könnten ist einfach quatsch gewesen. Das hat für ein Jahr geklappt und jetzt fällt es zusammen. Das liegt an verschiedenen Dingen. Zum Einen hat Barca dieses Hassbild: Real, Spanien, Franco usw. sowas kann Bayern nicht kopieren.
Barca wird immer auf seine Philosophie setzten auch wenn es mal ein paar schwere Jahre gibt (und die gab es oft im internationalen Fußball). Eigentlich zahlt sich die Philosophie auch erst jetzt richtig aus, in den Jahrzehnten vorher wurden nur sporadisch große Titel in Europa gesammelt.

Die Bayern standen doch (fast) nie für den schönen Fußball, sondern eher für den Bayerndusel, für die knappen Spiele, den Kampf und den Konter. Damit sind sie Real ähnlicher als sie glauben.
Die Bayern sollten versuchen die Bayern zu sein. Vielleicht schaffen sie es mit Heynckes . Van Gaal war dann doch zu holländisch.

Aber Hoeneß sollte sich überlegen wie lange er noch diesen Präsidenten gibt / geben muss und wann er zum Beckenbauer-artigen Mann im Hintergrund werden will.

ps. bin froh, dass ich von den ganzen hoeneß / vG abgesängen die noch kommen werde diesen gelesen habe.
10
Stadtneurotiker
11.04.2011 | 00:46 Uhr
8
0
11.04.2011 | 00:46 Uhr
0
Sehr schön geschrieben und leider wahr.
8
Tagon
11.04.2011 | 01:31 Uhr
2
0
Tagon : 
11.04.2011 | 01:31 Uhr
0
Tagon : 
Wie schon gesagt: Dieser Blog hat meine Meinung bzgl. der ganzen Geschichte stark verändert. Ruhig. Logisch. Stringent. Stark.

Und: The Special One zu Bayern. Das wäre wie Frühling im November. Oder so. :)
2
Dr_D
11.04.2011 | 08:32 Uhr
5
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Dr_D : 
11.04.2011 | 08:32 Uhr
0
Dr_D : 
Auf den Punkt, jawoll.

Konzept Bayern? Erfolg. Aber ist das ein Konzept?

@tagon
Danke das du mich hierher geführt hast.
5
gartenzwerg
11.04.2011 | 08:44 Uhr
2
0
11.04.2011 | 08:44 Uhr
0
KLasse Blog!
2
MADRID
11.04.2011 | 13:37 Uhr
2
-3
MADRID : 
11.04.2011 | 13:37 Uhr
-3
MADRID : 
"Barca eher ein Trainerclub"

ist mir aber neu^^
2
Schnitzelberber
11.04.2011 | 14:07 Uhr
2
0
11.04.2011 | 14:07 Uhr
0
Der Blog ist mal so richtig stark! Trotz dem Harry Potter Kram

Das ist das Beste zu dem Thema das mir bisher über den Weg gelaufen ist, da könnten sich ein paar Proffessionelle Schreiberlinge richtig was von abschneiden.

Ich bin sehr gespannt wie es bei den Bayern weitergeht...
2
Büchsenmacher
11.04.2011 | 14:16 Uhr
0
-2
Büchsenmacher : @ mrpink
11.04.2011 | 14:16 Uhr
-2
Büchsenmacher : @ mrpink
Die Bayern sollten versuchen die Bayern zu sein.

tolle Aussage

Im endeffekt geht es doch darum das jeder Verein
seinen eigenen Weg findet .
0
Rheodred
11.04.2011 | 14:18 Uhr
1
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Rheodred : 
11.04.2011 | 14:18 Uhr
0
Rheodred : 
Ganz großes Blog-Kino.

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