15.06.2012 um 18:12 Uhr
The Voice of Schland
An Kommentatoren scheiden sich bekanntlich die Geister. Mein persönlicher Favorit ist der alte Sky-Haudegen Marcel Reif, was allerdings auch daran liegen könnte, dass man sich einfach daran gewöhnt hat, bei großen Spielen dessen unverwechselbare Stimme zu hören. Aktuell fragt Bild-Online die Leser, wer unter den EM-Kommentatoren der beste ist. Kaum verwunderlich liegt ZDF-Urgestein Bela Rethy vorn. Auch dessen Stimme ist wohlvertraut. Was jedoch sonst so in den letzten Jahren nachrückte, um das Erbe großer Kommentatoren vergangener Zeiten anzutreten, lässt den echten Fußballfan eher schaudern. Vor der WM 2014 in Brasilien braucht es dringend eine Casting-Show: The Voice of Schland.
Apropos Brasilien. Wie Fußball-Kommentator richtig geht, machen die Südamerikaner vor. Das langgezogene „Goooooooooooooool" bei Treffern – übrigens nicht nur der eigenen Mannschaft – ist kein Zufallsprodukt, sondern wird an Reporterschulen von Grund auf gelernt.
Das „Stakkato-Gol" der spanischen Moderne
Nicht wesentlich unspektakulärer kommen die Spanier daher, deren Kommentatoren im Zuge der jüngsten Erfolge ihrer Seleccion eine Alternative zum langgezogenen „Gooool" früherer Tage entwickelt haben: „Gol, Gol, Gol, Gol, Gol, Gol, Gol, Gol"... und mindestens noch zehn weitere davon, gerne auch von drei Kommentatoren gleichzeitig, kreuz und quer und durcheinander. Ein akustisches Spektakel, so ungeordnet wie eine Hauptstraße in Mumbai. Vielleicht etwas zu viel des Guten, vor allem für ordnungs-verwöhnte deutsche Ohren.
Dabei hat das „Stakkato-Gol" der spanischen Moderne durchaus einen deutschen Urahnen: „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen! Rahn schießt! Tooor, Tooor, Tooor, Tooor." Unvergessen! Selbst wenn man damals noch gar nicht geboren war. Was die wenigsten wissen: Der emotionsgeladene Kommentar von Herbert Zimmermann wurde erst nachträglich unter die bekannte Filmsequenz von Rahns Siegtor in Bern 1954 gelegt. Der Originalkommentar von TV-Reporter Bernhardt Ernst ging im vormedienflutlichen Zeitalter verloren. Zimmermann hatte das Spiel indes für das deutsche Radio kommentiert.
Das gute, alte Radio. Undenkbar heutzutage, ein EM-Endspiel auf diesem Wege zu, äh, konsumieren. Dabei würde sich das akustisch sogar lohnen. Da dem Radiohörer das Bild fehlt, sind die Kommentatoren von Natur aus darauf bedacht, Emotionen, Spannung und Spektakel per Stimme zu transportieren. Es soll Menschen geben, die bei Live-Übertragungen von Bundesligaspielen bewusst am Fernseher den Ton ausschalten und sich die Audiospur aus dem FM-Receiver holen. Keine schlechte Idee eigentlich.
Denn das, was derzeit an Fußball-Kommentatoren in die großen Fußstapfen von Heribert Faßbender, Dieter Kürten und Co. tritt, verfügt zwar in der Regel über gute Fachkenntnisse, kommt aber nicht selten mit dem Elan und dem Enthusiasmus eines Finanzbeamten am Montagmorgen daher, der zu allem Überfluss gerade erst feststellen musste, dass seine Cafemaschine den Geist aufgegeben hat. Der Torjubel, falls man das überhaupt so nennen kann, von Tom Bartels, Steffen Simon und Oliver Schmidt geht in etwa so: „tor."
Darf ich das?
Es müsste ja nun nicht gleich eine dreiminütige Torfanfare sein wie in Brasilien, oder ausuferndes Stakkato-Gestotter wie bei den Spaniern. Und schon gar nicht braucht es ein rollendes „Führer-Rrrr", wie es früher gang und gäbe war. Aber etwas mehr Begeisterung, etwas mehr Emotion, ja bitte schön, von mir aus auch etwas mehr Patriotismus dürfte es bei großen Turnieren doch wohl sein, oder?
Einen guten Ansatz hat Gerd Gottlob geliefert, der in der ARD das Spiel Deutschland gegen Portugal kommentierte und sich beim Siegtor durch Gomez in eine – für deutsche Verhältnisse – wahre Jubelexstase steigerte. So sehr, dass man fast den Eindruck bekam, der gute Gottlob fing deswegen zu stottern an, weil er sich plötzlich selber fragte: Darf ich das?
Ja, lieber Gerd, Du darfst. Und nicht nur bei Public-Viewing-Festen, sondern auch in so manch einem wohlsortierten deutschen Eigenheim wird man es Dir danken. Fraglich nur, ob Gerd Gottlob überhaupt noch einmal bei einem Deutschland-Spiel zum Zuge kommt. Denn die führenden Kommentar-Roboter der Nation, Tom Bartels und Steffen Simon (beide ARD), scharren wahrscheinlich längst mit den Hufen - und haben mutmaßlich in Gottlobs durchweg emotionalem Portugal-Auftritt eher einen Frevel, als eine Wonne gesehen. Beziehungsweise: Gehört.
Da bleibt als kleiner Trost, dass das Finale dieses mal im ZDF übertragen wird, wo mit Bela Rethy immerhin der gegenwärtig wohl beste öffentlich-rechtliche Fußballkommentator bereits feststeht. Hoffen wir also, dass auch die deutsche Nationalmannschaft am 1. Juli den Weg nach Kiew findet. Zumindest bleibt den Spielern auf dem Platz das professionelle TV-Gequatsche erspart. Ihrer Spielfreude kann das nur ausgesprochen dienlich sein.
(Der, der mit dem Adler spricht)
Apropos Brasilien. Wie Fußball-Kommentator richtig geht, machen die Südamerikaner vor. Das langgezogene „Goooooooooooooool" bei Treffern – übrigens nicht nur der eigenen Mannschaft – ist kein Zufallsprodukt, sondern wird an Reporterschulen von Grund auf gelernt.
Das „Stakkato-Gol" der spanischen Moderne
Nicht wesentlich unspektakulärer kommen die Spanier daher, deren Kommentatoren im Zuge der jüngsten Erfolge ihrer Seleccion eine Alternative zum langgezogenen „Gooool" früherer Tage entwickelt haben: „Gol, Gol, Gol, Gol, Gol, Gol, Gol, Gol"... und mindestens noch zehn weitere davon, gerne auch von drei Kommentatoren gleichzeitig, kreuz und quer und durcheinander. Ein akustisches Spektakel, so ungeordnet wie eine Hauptstraße in Mumbai. Vielleicht etwas zu viel des Guten, vor allem für ordnungs-verwöhnte deutsche Ohren.
Dabei hat das „Stakkato-Gol" der spanischen Moderne durchaus einen deutschen Urahnen: „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen! Rahn schießt! Tooor, Tooor, Tooor, Tooor." Unvergessen! Selbst wenn man damals noch gar nicht geboren war. Was die wenigsten wissen: Der emotionsgeladene Kommentar von Herbert Zimmermann wurde erst nachträglich unter die bekannte Filmsequenz von Rahns Siegtor in Bern 1954 gelegt. Der Originalkommentar von TV-Reporter Bernhardt Ernst ging im vormedienflutlichen Zeitalter verloren. Zimmermann hatte das Spiel indes für das deutsche Radio kommentiert.
Das gute, alte Radio. Undenkbar heutzutage, ein EM-Endspiel auf diesem Wege zu, äh, konsumieren. Dabei würde sich das akustisch sogar lohnen. Da dem Radiohörer das Bild fehlt, sind die Kommentatoren von Natur aus darauf bedacht, Emotionen, Spannung und Spektakel per Stimme zu transportieren. Es soll Menschen geben, die bei Live-Übertragungen von Bundesligaspielen bewusst am Fernseher den Ton ausschalten und sich die Audiospur aus dem FM-Receiver holen. Keine schlechte Idee eigentlich.
Denn das, was derzeit an Fußball-Kommentatoren in die großen Fußstapfen von Heribert Faßbender, Dieter Kürten und Co. tritt, verfügt zwar in der Regel über gute Fachkenntnisse, kommt aber nicht selten mit dem Elan und dem Enthusiasmus eines Finanzbeamten am Montagmorgen daher, der zu allem Überfluss gerade erst feststellen musste, dass seine Cafemaschine den Geist aufgegeben hat. Der Torjubel, falls man das überhaupt so nennen kann, von Tom Bartels, Steffen Simon und Oliver Schmidt geht in etwa so: „tor."
Darf ich das?
Es müsste ja nun nicht gleich eine dreiminütige Torfanfare sein wie in Brasilien, oder ausuferndes Stakkato-Gestotter wie bei den Spaniern. Und schon gar nicht braucht es ein rollendes „Führer-Rrrr", wie es früher gang und gäbe war. Aber etwas mehr Begeisterung, etwas mehr Emotion, ja bitte schön, von mir aus auch etwas mehr Patriotismus dürfte es bei großen Turnieren doch wohl sein, oder?
Einen guten Ansatz hat Gerd Gottlob geliefert, der in der ARD das Spiel Deutschland gegen Portugal kommentierte und sich beim Siegtor durch Gomez in eine – für deutsche Verhältnisse – wahre Jubelexstase steigerte. So sehr, dass man fast den Eindruck bekam, der gute Gottlob fing deswegen zu stottern an, weil er sich plötzlich selber fragte: Darf ich das?
Ja, lieber Gerd, Du darfst. Und nicht nur bei Public-Viewing-Festen, sondern auch in so manch einem wohlsortierten deutschen Eigenheim wird man es Dir danken. Fraglich nur, ob Gerd Gottlob überhaupt noch einmal bei einem Deutschland-Spiel zum Zuge kommt. Denn die führenden Kommentar-Roboter der Nation, Tom Bartels und Steffen Simon (beide ARD), scharren wahrscheinlich längst mit den Hufen - und haben mutmaßlich in Gottlobs durchweg emotionalem Portugal-Auftritt eher einen Frevel, als eine Wonne gesehen. Beziehungsweise: Gehört.
Da bleibt als kleiner Trost, dass das Finale dieses mal im ZDF übertragen wird, wo mit Bela Rethy immerhin der gegenwärtig wohl beste öffentlich-rechtliche Fußballkommentator bereits feststeht. Hoffen wir also, dass auch die deutsche Nationalmannschaft am 1. Juli den Weg nach Kiew findet. Zumindest bleibt den Spielern auf dem Platz das professionelle TV-Gequatsche erspart. Ihrer Spielfreude kann das nur ausgesprochen dienlich sein.
(Der, der mit dem Adler spricht)
Aufrufe: 7501 | Kommentare: 22 | Bewertungen: 17 | Erstellt:15.06.2012
ø 5.6
KOMMENTARE
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16.06.2012 | 19:46 Uhr
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Mats15 :
Gutes Ding. Bin da auch ganz deiner Meinung. Wobei ich auch oftmals an den fachlichen Kompetenzen einiger Kommentatoren zweifle. Ansonsten etwas mehr Mut zu Emotionen. Und nicht immer mit nem Stock im A**** kommentieren.10P.
4
17.06.2012 | 09:39 Uhr
0
Und das Goool anderer Nationen ist für mich persönlich auch kein echtes Qualitätsmerkmal!
2
17.06.2012 | 10:42 Uhr
0
matondo :
http://www.youtube.com/watch?v=naSv1nwINsA&feature=relatedWolff Fuss soll schnellst möglich zu Sky zurück, und dort dann die CL und künftig auch neben Reif die DFB11 kommentieren.
Reif war bis vor einigen Jahren mein absoluter Favorit, das hat sich inzwischen gelegt.
1
17.06.2012 | 11:09 Uhr
-2
4
17.06.2012 | 23:08 Uhr
0
2
17.06.2012 | 23:22 Uhr
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DJDEATH :
So ich hab nur den letzten Absatz gelesen und da stellt sich gleich die Frage, Bela Rehy der Beste ÖR-Kommentator? Ich mein das kann sein und das würde schon zeigen wie das ÖR die Spiele überträgt, denn der Typ ist halt auch extrem schwach, die Übertragung ist doch eine einzige Frechheit!
Die denken halt wir sind Blind und labern den größten Müll.
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18.06.2012 | 01:01 Uhr
0
oximoron :
Zuzugeben reife zu mögen und gleichzeitig die EM Kommentatoren zu kritisieren finde ich mutig. Aber das ist dann wohl eine Geschmacksfrage.
Ich gehöre auch zu denjenigen, die gerne die FM Tonspur über das TV-Bild legen, weil es einfach drei Klassen besser ist.
Im Gegensatz zu dir wünsche ich mir aber nicht Latino Verhältnisse für eine gekünstelte Emotionalität, denn die ist meist da, wenn es auf dem Platz auch entsprechend heiß hergeht. Da finde ich ein zigfaches Gol nach einem Tor aus dem nichts einfach unangebracht.
vielmehr wünsche ich mir schon seit langem einen ordentlichen Sidekick neben dem eigentlichen Hauptkommentator. Dies ist im Radio - zumindest bei großen Spielen mit Liveübertragung - längst Usus und auch in anderen Sportarten wie zum Beispiel in der NBA. Das bringt wirklich nochmal mehr Würze und Atmosphäre ins Wohnzimmer. Gerade wenn es um stritige Situationen geht, aber auch wenn das Spiel etwas verflacht.
Die dezeitigen Kommentaren können eigentlich nur durch Fernsehtauglichen Stimmen glänzen. Ansonsten ist das alles ziemlich arm. Zeitweise habe ich das Gefühl, dass Kommentar und Bild zeitversetzt sind spät werden entscheidende Situationen kommentiert. Ich habe wirklich den Eindruck um Ländersiele in ARD und ZDF kommentieren zu dürfen muss man einfach nur lange genug dabei sein ohne wirklich überzeugen zu müssen.
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18.06.2012 | 08:10 Uhr
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DerDugen :
reif als bester kommentator? dafür hat dein blog eigentliche ne 1 verdient wir haben doch fast nur müll in dtd. wolf fuss ist auch nicht originell mit seinen blöden sprüchen
ich will ein duo wie in england und anderswo oder besser: wir übernehmen einfach die englische kommentation, spart geld und kotzflecken
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Statistik
Gottlob war auch bei SWE-ENG fast am explodieren-hervoragend.
Bela R seine Reportage von der Sindflut in Donezk erinnerte
an Marcel Reif in Madrid.Den Rest allen voran Poschi kann
man in den Skat drücken.Und ja bei Länderspielen mache ich
den Radioton an( ndr info bzw mdr info)
da gibt es immer 2Reporter viel besser as die Schnarchnasen
im Fernsehen.