Heute Morgen hab ich es zum ersten Mal gefühlt. Leicht stellten sich die Nackenhaare hoch, ein kribbeln an den Beinen, Schaudern über dem Rücken – das kann eigentlich nur eines heißen: es ist Zeit für Fußball. Die Frauen unter uns werden sich jetzt fragen, was meine gentechnisch-bedingte Fröstelattacke mit dem knallharten Bolzgeschäft zu tun hat. Die Frage ist zugegeben nicht ganz unberechtigt.

Eigentlich hatten wir uns alle schon auf den Sommer gefreut. Rumgelümmel im Biergarten, Frauen in Stringtangas, ein ordentliches Ed von Schleck und dazu ein großes Eis. Fußball macht nämlich erst so richtig Spaß, wenn man den Nebenmann auf der Tribüne nicht mehr unauffällig anrubbeln muss und das Bier zum Anstoß ohne Stil konsumierbar ist. Und auf einmal war alles anders.

Kurz vor Weihnachten begab es sich, dass die drei Weisen aus dem Morgenland, nicht wie üblich Richtung Betlehem los stapften, sondern ihre holden Gaben gleich per FedEx an gewisse Fußballfunktionäre schickten. Die entschieden dann ganz spontan und nach reiflicher Überlegung, dass es wohl das Beste sein dürfte, die Fußball-Weltmeisterschaft mal zu katarisieren. Die anderen Mitbewerber-Länder hatten sich auch nicht genug angestrengt. Und so fiel die Wahl, völlig nachvollziehbar und wenig dubios, auf den Wüstenstaat.

Während sich ungebildete Fußballfans noch halbstark über die Entscheidung brüskierten, hatten die Findigen unter den Fußballmanagern bereits den Zahn der Zeit erkannt. Schnell wurde der Werbevertrag mit Nivea verlängert. Die tüftelten hastig an einer schweißresistenten Sonnenmilch mit Lichtschutzfaktor 75. Außerdem buchte man die ersten Trainingslager, wegen Klimatisierung und so. Ganz hoch im Kurs stand die Sahara und über einige Exklusivbuchungen der Sonne wurde auch schon heiß debattiert.

Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren, da warf man die nächste Spitzenidee ins Plenum. Zwischen Mittagssnack und Kuchenbuffet schlug ein glorreicher Hansel nun vor, die WM einfach in den Winter zu verschieben. Als erstes regte sich darüber die Bild-Zeitung auf, denn die hatte schon vier Zimmer mit TV und Fön auf der Sonne gebucht – ohne Reiserücktrittsversicherung. Aber das war auch schon das größte Problem. Bei der Entscheidung zur Schnee-M hatten die betagten Herren wohl angenommen, dass wenn der Reiter mit der frohen Botschaft über den Weltmeister die Alpen erklommen hat, der Sommer schon im vollen Gange ist. Ne verwirrende Sache mit dem Live.

Und jetzt wieder alles auf Anfang. Nicht ganz auf Anfang, denn die Spiele finden immer noch in Katar statt. Jetzt aber wieder – oder immer noch – im Sommer. Die Bild-Zeitung glücklich, die Fußballfans glücklich, die Bierindustrie glücklich. Nur ich bin sauer! Nach zwei Wochen nur im Schlüpper auf der Terasse mit ner Deutschlandfahne in der Hand, hatte sich gerade das erste Fußballfeeling eingestellt. Langsam kommt mir der Verdacht, dass das alles nicht mit rechten Dingen zugeht…