13.05.2011 um 12:29 Uhr
Schlaflos in China
Beim Schreiben dieser Zeilen weile ich wieder gesund und auch fast schon wieder munter im heimischen Köln, noch nicht ganz vergessen ist jedoch die kleine Odyssee gen Heimat!
Zwar hatte ich schon so einige nicht ganz stressfreie An- oder Abreisen doch diese Rückreise reiht sich gleich hinter der Vulkan-Episode von vor einem Jahr ein!
Doch in chronologischer Reihenfolge, beginnend mit der Ankunft in China: Ohne Probleme konnten wir in Guangzhou (Diese Stadt kannte ich vorher auch nicht, hat aber auch nur schlappe 8 Millionen Einwohner) einreisen und bestiegen unseren Flieger nach Shanghai. Ziemlich ermüdet von der langen Reise konnte ich abends sogar recht schnell einschlafen aber leider auch fast genauso schnell um vier Uhr morgens wieder aufwachen und schaute nach erfolglosen Wiedereinschlafversuchen lieber ein wenig aus dem Fenster und den Chinesen beim Frühsport im nahegelegenen Stadion zu. Zwar waren die Übungen bestehend aus einem Mix von Turnvater-Jahn-Gedächtnis-Dehnen und Power-Gehen durchaus gewöhnungsbedürftig aber es nötigte mir schon einigen Respekt ab, dass an die 50 Personen morgens um 5 freiwillig (?) ihre Leiber ertüchtigten!
Die zwei weiteren Stunden bis zum Frühstücksbeginn verbrachte ich vor dem Fernseher: Rund um die Uhr liefen in einem der chinesischen Sportsender die Spiele der WM 2006 und EM 2008 in voller Länge rauf und runter! Hatte schon fast vergessen, dass Chefchen Schweinsteiger mal wasserstoffblonde Haare und Michael Ballack Freunde im Nationalteam hatte!
Dann ging es zum Frühstück und leider sollte das Thema "Essen” ein nicht ganz unverfängliches im Laufe der Woche werden. Wie berichtet gab es ja im Vorfeld eine "Essenswarnung”. In dieser wurde den Sportlern empfohlen, in China besser kein Fleisch jeglicher Tierarten zu essen! So weit so gut: Auf Fleisch kann ich durchaus mal eine Woche verzichten und hatte – siehe letzter Blogeintrag – auch ein paar Proteine in Dosenform im Gepäck! Nun kann/will man aber natürlich nicht eine Woche lang von Dosenfutter leben und hat sich deshalb schon mal auf Reis und Nudeln in allen möglichen Variationen eingestellt. Pustekuchen! 9 von 10 Gerichten waren in irgendeiner Form mit Fleisch versetzt, lediglich weißer Reis & Broccoli waren die einzigen ungefährlichen Konstanten. Uns Spielern war es nicht wirklich begreifbar warum uns der Weltverband zwar einerseits vor jeglichem Fleischverzehr warnt, es dann aber nicht schafft, für halbwegs ausgewogene, vegetarische Kost zu sorgen!
Da der Turnierverlauf auf unserer Homepage nachzulesen ist, kann ich mich jetzt ganz dem Drama unserer Rückreise widmen. Eigentlich ging es ganz gut los, kurz nach unserem letzten Spiel saßen wir bereits im Taxi zum nationalen Flughafen von Shanghai, um unseren Flieger nach Guangzhou zu nehmen. Der erste Schweiß stand mir exakt 25 Sekunden nach dem Aussteigen aus dem Taxi auf der Stirn: Handy im Auto vergessen – Anfängerfehler! Schnell zurückgelaufen aber der Taxifahrer hatte nur 20 Sekunden zum Einsteigen und Anfahren benötigt und fuhr mitsamt meines nicht ganz unwichtigen Kommunikationsmittels wieder Richtung Fleischhotel!
Julius wählte sofort die Nummer meines Handys und beim dritten Versuch nahm wirklich Jemand ab! Wie nicht anders zu erwarten gestaltete sich die Kommunikation schwierig! Glücklicherweise fanden wir kurz vor dem gemeinschaftlichem Nervenzusammenbruch eine des Englischen mächtige Chinesin der wir klarmachen konnten, dass Sie dem Taxifahrer die nötigen Instruktionen geben möge! Nach 20 Minuten hatte ich das Teil zurück und schlenderte gut gelaunt zum Check-In.
Mein fröhliches Pfeifen blieb mir jedoch im Halse stecken als ich auf der Anzeigetafel meinen Flug als "delayed" erspähte! Unwetter in Guangzhou, meine Maschine ist gar nicht erst von dort los geflogen!
Eilig eingeholte Auskünfte ergaben das Bild, dass bis auf den Flug von Julius (!) kein einziger Flug nach Guangzhou terminiert war. Während Julius sich peinlich berührt freute, entschied ich kurzerhand meinen Anschlussflug in Guangzhou aufzugeben und zum internationalen Flughafen von Shanghai zu fahren um ein neues Ticket zu kaufen.
Ich fragte Flughafenmitarbeiter nach dem schnellsten Weg und dieser wurde mir mit "40 Minuten U-Bahn-Fahrt" mitgeteilt. Ich machte mich also auf den Weg in den Untergrund, während Julius sich aus dem Flieger meldete, dass sie noch keine Starterlaubnis erhalten haben! Es kam direkt eine U-Bahn, doch bereits nach zwei Stationen und einfachem Dreisatz wurde mir klar, dass die 40 Minuten gnadenlos untertrieben waren. Nach etwa einer Stunde hatte ich die Hälfte der 28 Stationen geschafft und erfuhr von Julius, dass dessen Flugzeug nach wie vor in Parkposition stand und er sich entschlossen hatte wieder auszusteigen, um ebenfalls am internationalen Flughafen sein Glück zu versuchen. Ich riet ihm noch schnell ein Taxi zu nehmen, doch erwies sich die Eile als unnötig: Insgesamt 2 Stunden musste Julius warten bis sein Gepäck wieder ausgeladen und ihm zugeordnet wurde, da hatte ich das Elefantenrennen sogar mit der U-Bahn für mich entscheiden können.
Angekommen ging ich direkt ans Lufthansa-Desk. Dort sagte man mir, dass sämtliche Flüge nach Deutschland zum einen über 1.000 € kosten und zum anderen komplett ausgebucht sein würden – ich ließ mich dennoch auf die Warteliste setzen. Am Emirates-Schalter das gleiche Bild, alle Flüge komplett ausgebucht - weiter ging es zu Turkish Airlines.
Julius teilte mir währenddessen aus dem Taxi mit, dass Wolfsburg und Bremen gerade in Führung gegangen seien und seine Freundin ihm einen Aeroflotflug rausgesucht hatte. Langsam reichte es mir mit den schlechten Nachrichten und ging noch entschlossener zu unseren türkischen Freunden, denn Aeroflot sowie Extranächte in China gehören nicht unbedingt zu meinen Top-5 Reiseerlebnissen!
Doch ich hatte Glück! Das Ticket war zwar nicht gerade ein Schnäppchen aber noch im vertretbaren Rahmen. Der Tag gab sich Mühe, sich doch noch in positiver Form in mein Gedächtnis einzuprägen und spätestens als Christoph (ebenfalls FC-Fanatiker) gegen 1550 MEZ mit erhobenen Armen "Chihiii!" (für alle Nicht-Fußballer: lange Zeit most-not-wanted-person in Köln und jetzt unsere Garantie für die Euroleague) durch den Security-Check-Bereich brüllte wusste ich, dass sich nun doch noch alles zum Guten wenden würde!
Der Rest der Reise war dann auch wirklich etwas entspannter als die fünf Stunden vor Abflug: Notausgangplatz auf dem Langstreckenflug, genüssliches Studieren des Bundesligaspieltags am Flughafen von Istanbul und dann noch ein angenehmer Weiterflug nach Düsseldorf.
Ich hoffe, dass Euch dieser Beitrag nicht zu reis(e)lastig war, beim nächsten mal gibt es dann vielleicht auch wieder ein paar bunte Bildchen und verbleibe bis dahin mit einem chinesichen "Zaitscheh",
Euer Jonas
Weitere Blogbeiträge findet ihr in meinem Blog bei trainingslagercheck
Zwar hatte ich schon so einige nicht ganz stressfreie An- oder Abreisen doch diese Rückreise reiht sich gleich hinter der Vulkan-Episode von vor einem Jahr ein!
Doch in chronologischer Reihenfolge, beginnend mit der Ankunft in China: Ohne Probleme konnten wir in Guangzhou (Diese Stadt kannte ich vorher auch nicht, hat aber auch nur schlappe 8 Millionen Einwohner) einreisen und bestiegen unseren Flieger nach Shanghai. Ziemlich ermüdet von der langen Reise konnte ich abends sogar recht schnell einschlafen aber leider auch fast genauso schnell um vier Uhr morgens wieder aufwachen und schaute nach erfolglosen Wiedereinschlafversuchen lieber ein wenig aus dem Fenster und den Chinesen beim Frühsport im nahegelegenen Stadion zu. Zwar waren die Übungen bestehend aus einem Mix von Turnvater-Jahn-Gedächtnis-Dehnen und Power-Gehen durchaus gewöhnungsbedürftig aber es nötigte mir schon einigen Respekt ab, dass an die 50 Personen morgens um 5 freiwillig (?) ihre Leiber ertüchtigten!
Die zwei weiteren Stunden bis zum Frühstücksbeginn verbrachte ich vor dem Fernseher: Rund um die Uhr liefen in einem der chinesischen Sportsender die Spiele der WM 2006 und EM 2008 in voller Länge rauf und runter! Hatte schon fast vergessen, dass Chefchen Schweinsteiger mal wasserstoffblonde Haare und Michael Ballack Freunde im Nationalteam hatte!
Dann ging es zum Frühstück und leider sollte das Thema "Essen” ein nicht ganz unverfängliches im Laufe der Woche werden. Wie berichtet gab es ja im Vorfeld eine "Essenswarnung”. In dieser wurde den Sportlern empfohlen, in China besser kein Fleisch jeglicher Tierarten zu essen! So weit so gut: Auf Fleisch kann ich durchaus mal eine Woche verzichten und hatte – siehe letzter Blogeintrag – auch ein paar Proteine in Dosenform im Gepäck! Nun kann/will man aber natürlich nicht eine Woche lang von Dosenfutter leben und hat sich deshalb schon mal auf Reis und Nudeln in allen möglichen Variationen eingestellt. Pustekuchen! 9 von 10 Gerichten waren in irgendeiner Form mit Fleisch versetzt, lediglich weißer Reis & Broccoli waren die einzigen ungefährlichen Konstanten. Uns Spielern war es nicht wirklich begreifbar warum uns der Weltverband zwar einerseits vor jeglichem Fleischverzehr warnt, es dann aber nicht schafft, für halbwegs ausgewogene, vegetarische Kost zu sorgen!
Da der Turnierverlauf auf unserer Homepage nachzulesen ist, kann ich mich jetzt ganz dem Drama unserer Rückreise widmen. Eigentlich ging es ganz gut los, kurz nach unserem letzten Spiel saßen wir bereits im Taxi zum nationalen Flughafen von Shanghai, um unseren Flieger nach Guangzhou zu nehmen. Der erste Schweiß stand mir exakt 25 Sekunden nach dem Aussteigen aus dem Taxi auf der Stirn: Handy im Auto vergessen – Anfängerfehler! Schnell zurückgelaufen aber der Taxifahrer hatte nur 20 Sekunden zum Einsteigen und Anfahren benötigt und fuhr mitsamt meines nicht ganz unwichtigen Kommunikationsmittels wieder Richtung Fleischhotel!
Julius wählte sofort die Nummer meines Handys und beim dritten Versuch nahm wirklich Jemand ab! Wie nicht anders zu erwarten gestaltete sich die Kommunikation schwierig! Glücklicherweise fanden wir kurz vor dem gemeinschaftlichem Nervenzusammenbruch eine des Englischen mächtige Chinesin der wir klarmachen konnten, dass Sie dem Taxifahrer die nötigen Instruktionen geben möge! Nach 20 Minuten hatte ich das Teil zurück und schlenderte gut gelaunt zum Check-In.
Mein fröhliches Pfeifen blieb mir jedoch im Halse stecken als ich auf der Anzeigetafel meinen Flug als "delayed" erspähte! Unwetter in Guangzhou, meine Maschine ist gar nicht erst von dort los geflogen!
Eilig eingeholte Auskünfte ergaben das Bild, dass bis auf den Flug von Julius (!) kein einziger Flug nach Guangzhou terminiert war. Während Julius sich peinlich berührt freute, entschied ich kurzerhand meinen Anschlussflug in Guangzhou aufzugeben und zum internationalen Flughafen von Shanghai zu fahren um ein neues Ticket zu kaufen.
Ich fragte Flughafenmitarbeiter nach dem schnellsten Weg und dieser wurde mir mit "40 Minuten U-Bahn-Fahrt" mitgeteilt. Ich machte mich also auf den Weg in den Untergrund, während Julius sich aus dem Flieger meldete, dass sie noch keine Starterlaubnis erhalten haben! Es kam direkt eine U-Bahn, doch bereits nach zwei Stationen und einfachem Dreisatz wurde mir klar, dass die 40 Minuten gnadenlos untertrieben waren. Nach etwa einer Stunde hatte ich die Hälfte der 28 Stationen geschafft und erfuhr von Julius, dass dessen Flugzeug nach wie vor in Parkposition stand und er sich entschlossen hatte wieder auszusteigen, um ebenfalls am internationalen Flughafen sein Glück zu versuchen. Ich riet ihm noch schnell ein Taxi zu nehmen, doch erwies sich die Eile als unnötig: Insgesamt 2 Stunden musste Julius warten bis sein Gepäck wieder ausgeladen und ihm zugeordnet wurde, da hatte ich das Elefantenrennen sogar mit der U-Bahn für mich entscheiden können.
Angekommen ging ich direkt ans Lufthansa-Desk. Dort sagte man mir, dass sämtliche Flüge nach Deutschland zum einen über 1.000 € kosten und zum anderen komplett ausgebucht sein würden – ich ließ mich dennoch auf die Warteliste setzen. Am Emirates-Schalter das gleiche Bild, alle Flüge komplett ausgebucht - weiter ging es zu Turkish Airlines.
Julius teilte mir währenddessen aus dem Taxi mit, dass Wolfsburg und Bremen gerade in Führung gegangen seien und seine Freundin ihm einen Aeroflotflug rausgesucht hatte. Langsam reichte es mir mit den schlechten Nachrichten und ging noch entschlossener zu unseren türkischen Freunden, denn Aeroflot sowie Extranächte in China gehören nicht unbedingt zu meinen Top-5 Reiseerlebnissen!
Doch ich hatte Glück! Das Ticket war zwar nicht gerade ein Schnäppchen aber noch im vertretbaren Rahmen. Der Tag gab sich Mühe, sich doch noch in positiver Form in mein Gedächtnis einzuprägen und spätestens als Christoph (ebenfalls FC-Fanatiker) gegen 1550 MEZ mit erhobenen Armen "Chihiii!" (für alle Nicht-Fußballer: lange Zeit most-not-wanted-person in Köln und jetzt unsere Garantie für die Euroleague) durch den Security-Check-Bereich brüllte wusste ich, dass sich nun doch noch alles zum Guten wenden würde!
Der Rest der Reise war dann auch wirklich etwas entspannter als die fünf Stunden vor Abflug: Notausgangplatz auf dem Langstreckenflug, genüssliches Studieren des Bundesligaspieltags am Flughafen von Istanbul und dann noch ein angenehmer Weiterflug nach Düsseldorf.
Ich hoffe, dass Euch dieser Beitrag nicht zu reis(e)lastig war, beim nächsten mal gibt es dann vielleicht auch wieder ein paar bunte Bildchen und verbleibe bis dahin mit einem chinesichen "Zaitscheh",
Euer Jonas
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Aufrufe: 2271 | Kommentare: 6 | Bewertungen: 14 | Erstellt:13.05.2011
ø 8.5
KOMMENTARE
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13.05.2011 | 16:34 Uhr
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Die Kantonesische Küche ist eben mal sehr Fleischlastig, daher voll mein Geschmack
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13.05.2011 | 18:49 Uhr
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> ganz gross.
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13.05.2011 | 19:48 Uhr
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taneu :
Jetzt auch hier! Schön. Hatte befürchtet du lässt uns hier im Stich. Nicht so! Gut so! Genau wie der Blog. Am Ende deiner Karriere kannst du ein Buch allein über deine Reiseerfahrungen schreiben. Die sind Knaller!Denke mal du bist morgen im RES? Viel Spaß!
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14.05.2011 | 10:32 Uhr
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Rodnox :
Zitat: "Hatte schon fast vergessen, dass ........ Michael Ballack Freunde im Nationalteam hatte!".... gemeiner tritt in die Kniekehlen. Oder sollte das "Freude" heißen?
PS.: Wenn du schon auf den Turnierverlauf auf der Homepage verweist, wäre ein Link dahin wünschenswert.
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15.05.2011 | 11:44 Uhr
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Mein Favorit ist die Formulierung: "in China besser kein Fleisch jeglicher Tierarten zu essen!", die in mir die Frage nach den sonstigen Essgewohnheiten aufwirft... Kanibalenpack
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Fleischskandale haben wir in Deutschland auch fast jedes Jahr. Mach Dir keinen Kopf, das ist in China auch nicht schlimmer, als bei uns.