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04.08.2008 um 15:18 Uhr
Peking, Doping, Kopping
Olympia, das heißt für mich: All das anschauen, bei dem ich sonst reflexartig umschalte. Ob Schwergewichtskämpfe im Ringen, Ausscheidungsrennen im Einer-Canadier oder Marathon-Vorläufe - bei Olympia gewinnen Sportarten einen Reiz, die mir sonst bestenfalls ein müdes Gähnen entlocken. Wenn sich die "Jugend der Welt" an einem Ort versammelt, um in fröhlicher Atmosphäre ihre Wettbewerbe abzuhalten, ist eben vieles anders. Olympia ist ein Spektakel, auf das man sich uneingeschränkt freuen kann. Oder nicht?

Zumindest dieses Jahr wird einem die Vorfreude auf die Olympischen Spiele nicht gerade leicht gemacht. Das fängt schon damit an, dass die ersten Wettbewerbe bereits beginnen, während unser Mitteleuropäer eins gerade gänzlich unsportlich in seinem Bettchen schlummert. Wer will sich nachts um drei schon die Qualifikation im Tontaubenschießen ansehen? Aber gut, die Welt ist rund und hat 24 Stunden. Diesmal also schauen wir (nicht) in die Röhre.

Richtiggehend vermiest werden einem die Olympischen Spiele aber durch die nicht enden wollenden Diskussionen um Spritzen, Eigenblut und Anabolika – kurz: Doping, eine Disziplin, in der das Veranstalterland nach allgemeiner Mutmaßung unschlagbar ist. Wen wundert's, schließlich klingt das Wort doch schon chinesisch: Do-Ping! Wir können uns also darauf einstellen, dass bei jeder der 117 Goldmedaillen, die irgendwelche (uns) unbekannte Athleten aus dem Hause Ling, Wang und Xu erringen, die Frage aufkommen wird: Was hat er genommen? Eine Frage übrigens, die wir uns in exakt diesem Wortlaut auch angesichts der Sieger(innen) der Frauenwettbewerbe im Kugelstoßen und Gewichtheben stellen dürften.

Ach ja und da war doch noch etwas? China und die Menschenrechte, ein leidiges, aber doch so wichtiges Thema, das manch einen übereifrigen Kommentator bereits für eine Absage plädieren ließ. Aber sind wir doch mal ehrlich: Wusste man nicht schon bei der Vergabe der Spiele, dass China ein Land ist, in dem Menschenrechte so viel gelten wie Esskultur in England oder Umweltschutz in den USA? Und hatte man sich nicht sehenden Auges trotz aller Zweifel für Peking entschieden? Jetzt aber plötzlich wundert man sich, dass Pressefreiheit in China ein Fremdwort ist. Das IOC hebt machtlos idie Hände und verweist auf die glaubwürdigen Versprechen der Organisatoren, auf die man sich doch habe verlassen dürfen. Ja, und Jacques Rogge wird zum Kaiser von China!

Es bleiben nun drei Möglichkeiten, wie man sich mit den Olympischen Spielen auseinandersetzen kann. Entweder man gibt entnervt auf und ignoriert die Spiele. Aber ehrlich: Das will und kann ich nicht. Dafür ist Olympia einfach zu reizvoll. Oder aber man nimmt sich all der Probleme rund um die Spiele an und wirft nebenbei noch einen kleinen Blick auf die Wettbewerbe. Das ist dann wohl politisch korrekt, verdirbt einem aber zugleich jegliche Freude am Spektakel. Bliebe noch die dritte Alternative: Man blendet Doping, Menschrechte und die ganze Politik für zwei Wochen aus und hat seinen Spaß am Großereignis "Olympia". Das ist dann engstirnig und scheinheilig, wohl aber der einzige Weg, um "Peking 2008" in guter Erinnerung zu behalten. Diese Olympischen Spiele kann man wohl nur genießen, wenn man Augen und Ohren verschließt. In diesem Sinne: Scheuklappen auf, es geht los!
Aufrufe: 3017 | Kommentare: 4 | Bewertungen: 3 | Erstellt:04.08.2008
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KOMMENTARE
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Italiarocker
05.08.2008 | 13:58 Uhr
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05.08.2008 | 13:58 Uhr
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Wunderbar geschriebener Artikel, muss schon sagen!!!
Und auch inhaltlich triffst du mit deinen Aussagen genau den Ton der Leser, denn diese Spiele sind vom Umfeld her die schlechtesten aller Zeiten… Leider Gottes!
Und vom sportlichen her darf man nur hoffen, das China seine Sport-Maschinen nicht gedopt hat, aber diese Hoffnungen greifen wohl ins leere…
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imnordenno1
05.08.2008 | 14:43 Uhr
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imnordenno1 : Danke
05.08.2008 | 14:43 Uhr
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imnordenno1 : Danke
Endlich einmal auch ein sprachlich guter Blog. Auch inhaltlich stimme ich zu 100% zu.
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bosmane
05.08.2008 | 14:46 Uhr
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bosmane : "scheuklappen auf..."
05.08.2008 | 14:46 Uhr
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bosmane : "scheuklappen auf..."
sorry womöglich ein wenig despektierlich aber dazu fällt mir nur ein:

"...recht deutsch derlei verhalten..."

ich liebe olympia ähnlich wie du in deiner einleitung beschrieben.
diesmal jedoch werde ich darauf verzichten... allein wenn ich china schön höre - verzeihung aber da geht mir die galle hoch... schon damals bei der vergabe reagierte ich mit einer abwinkenden handbewegung...

die letzten wochen berichterstattung über olympia und dazu das vermehrte berichten über das land in dokus und dergleichen an sich haben mich darin nur bestätigen können... es ist als würde sich ein regelrechter hass aufstauen bei all dem ekelhaften undingern die einem da vor den latz geknallt werden...

sorry aber auch wenn diese kultur in vielem sich auf jahrtausende alte traditionen berufen will und darin auch rechfertigung sieht...
nope ich tue das nicht - im gegentum ich empfinde bei nahezu allem verwunderung abscheu bishin zum hass...
der natürlich redlich zu vermeiden sein sollte...

ich seh auch noch einiges an ungemach während der spiele auf uns zukommen - die uiguren werden es sich nicht nehmen lassen so wie gestern und vor ein paar wochen schon mit diesen unsäglichen bombenanschlägen auf sich aufmerksam zu machen...

ich werde abschalten - der einzige weg in meinen augen!

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Voegi
MODERATOR
05.08.2008 | 15:19 Uhr
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Voegi : 
05.08.2008 | 15:19 Uhr
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Voegi : 
Erstmal Danke für das Feedback!
In der Tat kann einem angesichts des chinesischen Vorgehens die Lust auf die Spiele vergehen. Und wahrscheinlich wäre es auch konsequent, den Veranstalter mit Nichtachtung zu strafen. Aber was ist mit den Athleten? Haben die nicht unsere Aufmerksamkeit verdient? Aber ich will ehrlich sein: Mein Interesse rührt weniger aus der Achtung gegenüber den Athleten, als vielmehr aus dem Spaß am Sport. Wobei man sich eben schon die Scheuklappen aufsetzen muss, um an diesen Spielen Freude zu haben. Ich werde es zumindest versuchen. Mal sehen, wie lange das gut geht. Zum Glück beginnt ja am 15. die Bundesliga, da liegt mein Fokus dann wieder auf Klinsmann, Klopp & Co.!
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