1998 hatte sich die kolumbianische Fußballnationalmannschaft das letzte Mal für eine Weltmeisterschaft qualifiziert das lange Warten auf die nächste Teilnahme bei einer WM-Endrunde ist vorbei: Nach 16 Jahren werden die Cafeteros im Juni und Juli in Brasilien ihr Bestes geben. Im entscheidenden Spiel der WM-Qualifikation gegen Chile im Oktober vergangenen Jahres reichte der Mannschaft von Trainer José Pekerman ein 3:3, um sich als Tabellenzweiter hinter Argentinien direkt zu qualifizieren. Dabei lag Kolumbien nach dem ersten Spielabschnitt noch mit 0:3 zurück, doch auch dank zwei Treffern von Superstart Radamel Falcao wurde der Rückstand ausgeglichen und die erreichte WM-Teilnahme in der Hauptstadt Barraquilla gefeiert. Der FIFA-Weltranglistenfünfte wird von vielen Experten mittlerweile sogar als Geheimfavorit gehandelt. Dieser Aufschwung der kolumbianischen Nationalmannschaft hat mehrere Gründe. Zum einen ist es die außerordentlich gute Arbeit des 64-jährigen Trainers José Pekerman. Der argentinische Taktikfuchs war bei der Weltmeisterschaft 1978 noch Taxifahrer, trainierte 2006 bei der Endrunde in Deutschland die argentinische Nationalmannschaft und gilt spätestens nach der WM-Qualifikation im letzten Jahr als Volksheld in Kolumbien.
Wer sich den Kader der Cafeteros genauer betrachtet, dem fällt auf, dass sich mittlerweile zahlreiche europäische Topspieler in de Reihen Kolumbiens tummeln, und dabei ist die Rede nicht nur vom unangefochtenen Topstürmer Falcao. Mit nur neun Gegentreffern besitzt Kolumbien die beste Defensive der südamerikanischen WM-Qualifikationsrunde. Die Abwehr um Kapitän Mario Yepes von Atalanta Bergamo, Christian Zapata vom AC Mailand, Pablo Armero von West Ham United und Luis Perea vom mexikanischen Topklub Cruz Azul, der davor viele Jahre bei Atlético Madrid unter Vertrag stand, ist ein enorm wichtiger Faktor für den Erfolg des Teams. Darüber Hinaus bildet die extrem athletische und spielstarke Offensivabteilung mit Falcao, James Rodriguez (beide AS Monaco), Jackson Martinez (FC Porto), Juan Cuadrado (AC Florenz), Juan Zúñiga (SSC Neapel) und Freddy Guarín (Inter Mailand) das Prunkstück der Mannschaft und kann auch von den Namen mit anderen Nationalteams gut mithalten. Natürlich sticht hierbei besonders Falcao heraus, der in der Qualifikation neun Mal traf und Dreh- und Angelpunkt der Mannschaft darstellt. Umso bitterer war die Nachricht von der schwerwiegenden Verletzung des kolumbianischen Hoffnungsträgers Ende Januar des Jahres: Beim Pokalspiel mit dem AS Monaco gegen einen Viertligisten zog er sich einen Kreuzbandriss zu. Nichts desto trotz ist der 28-jährige optimistisch was seine WM-Teilnahme angeht: Die Entwicklung meiner Verletzung ist sehr positiv. Ich denke, dass ich mich gut erholen und dass ich natürlich bei der WM spielen werde. Wenn El Tigre beim ersten Spiel der Cafeteros am 14. Juni in Belo Horizonte gegen Griechenland wirklich auflaufen würde, käme das aber einem Wunder gleich.
Ebenso Hoffnungen auf eine WM-Teilnahme mit Kolumbien machen sich die beiden Bundesligaprofis Adrian Ramos, der bekanntlich im Sommer aus Berlin zu Borussia Dortmund wechseln wird und der Routinier Elkin Soto von Mainz 05. Ramos darf sich dank seiner starken Saison mit 16 Toren und acht Torvorlagen größere Hoffnungen machen als sein Mainzer Landsmann. Auffällig ist, dass im aktuellen Aufgebot nur vier Spieler in der heimischen Liga aktiv sind, der Großteil verdient sein Geld in Europa. Ein weiterer Name im Aufgebot der Kolumbianer, der dem einen oder anderen in Deutschland bekannt sein könnte, ist Faryd Mondragon: Der ehemalige Torhüter des 1. FC Köln ist Ersatztorwart hinter David Ospina vom OGC Nizza und könnte in Brasilien seinen 43. Geburtstag feiern, was ihn kurioserweise zum ältesten WM-Teilnehmer aller Zeiten machen würde.
Die Südamerikaner werden in Brasilien in Sao Paulo Quartier beziehen und treffen in Gruppe C auf Griechenland, Japan und die Elfenbeinküste. Von vielen wird Kolumbien in der vergleichsweise einfachen Gruppe als Favorit gehandelt und kann sich gute Chancen fürs Weiterkommen ausrechnen. Der letzte Erfolg Kolumbiens liegt mit dem Gewinn der Copa Ámerica 2001 dreizehn Jahre zurück, insgesamt können die Cafeteros nur bescheiden internationale Erfolge nachweisen. Die Euphorie jedenfalls in Kolumbien ist groß, von der Mannschaft wird viel erwartet. Der Erfolg der Nationalmannschaft lenkt die Menschen von der größtenteils vorherrschenden Armut und anderen innenpolitischen Problemen ab, es werden viele kolumbianische Fans im Nachbarland Brasilien erwartet. Die letzten zwei Gastspiele in Europa erhöhten die Erwartungshaltung: Die, ebenfalls als Geheimfavorit gehandelte, belgischen Nationalmannschaft wurde mit 2:0 besiegt und gegen die Niederlande erspielte man sich ein erachtliches 0:0. Wer weiß, vielleicht darf sich Kolumbien nach dreizehn Jahren Durststrecke ja am 13. Juli wieder über einen Titel freuen.
Ach ja, Barranquilla ist nicht die Hauptstadt