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Von: olimay
01.07.2014 | 6704 Aufrufe | 11 Kommentare | 8 Bewertungen Ø 9.1
Warum das System "Löw" nicht funktioniert
Löw wird keinen Titel gewinnen.
Beginnen möchte ich mit der Begründung für meine These: weil der Bundestrainer das falsche System spielt.

Provokante Aussage? Gewagte Prognose? Vielleicht nur Frustbewältigung. Weil ich der Meinung bin, dass es selten möglicher gewesen ist. Trotz zahlreicher Verletzter oder lange rekonvaleszenter Spieler. Und nicht nur wegen dem Bereits-Ausgeschieden-Sein von großen Turnierfavoriten wie Spanien oder Italien (sorry, Ihr Engländer, nein, Ihr gehört nicht dazu).

Beginnen möchte ich mit der Begründung für meine These: weil der Bundestrainer das falsche System spielt. Zumindest für diese Mannschaft und dieses Turnier. Und dazu noch die Spieler, die spielen, auf die falschen Positionen setzt.

Das Guardiola-System

Vielleicht ist es eine laienhafte Fehleinschätzung meinerseits, aber in Grundzügen sieht das neue System von Löw aus wie eine grobe Kopie der Guardiola Philosophie. Einfach gesagt: Ballbesitz, Ballzirkulation, kurze, schnelle Wege. Selten nur Flügelwechsel oder raumgreifendes Vertikalspiel (ähem, sorry: lange Pässe in die Spitze). Dafür benötigt Guardiola zwei offensive Außenverteidiger, die bei Ballbesitz außen sehr hoch schieben, um Anspielstationen für die Dreieckszirkulation zu sein, dazu einen defensiveren 6er, der sich dann auch zwischen die Innenverteidiger fallen lassen kann, um abzusichern oder zu eröffnen (sowohl bei Guardiola als auch bei Löw ist das Phillip Lahm). Zwei Zwischen-Spieler, die offensiv die Prallspieler in beide Richtungen sind und nach Gelegenheit hinter die gegnerische Abwehrreihe vorstoßen. Die Offensivreihe setzt sich aus 3 ballsicheren, dribbelstarken Spielern zusammen, die auch auf engstem Raum (denn der entsteht automatisch durch diese Form der Ballzirkulation) Pässe annehmen und schnell weiterspielen können.

Falsche Diskussion in der Öffentlichkeit

Scheinbar hat der Großteil der Journalisten noch gar nicht gemerkt, dass Deutschland nicht mehr im 4-2-3-1 mit zwei 6ern vor der Abwehr spielt, sondern mit einem 6er (Phillip Lahm) und zwei 8ern (Kroos + Schweinsteiger oder Khedira). Nun wird von einigen gefordert, Lahm wieder als Rechtsverteidiger einzusetzen und dann wird diskutiert, ob nicht Schweinsteiger und Khedira die beiden 6er sein könnten. Was ja nicht geht, denn das würde das komplette System ändern. In den Grafiken vor dem Spiel wird die Aufstellung öfter als 4-3-3 angezeigt, was zumindest richtiger ist. Aber dem klassischen Verständnis dieses Systems nach wären dabei die vordere 3 zwei Außenstürmer und ein zentraler Stürmer (ich spreche ganz bewusst nicht von Oli Kahns Stoßstürmer), ähnlich dem, was die niederländische Nationalmannschaft jahrelang gespielt hat.

Auch die Diskussion, ob nun Özil und Götze oder doch lieber Schürrle oder Podolski auf den offensiven Außen spielen sollen, ist eigentlich nicht richtig, denn Außen gibt es im Löwschen System auch nicht so richtig (wie man an Podolski im Ghana-Spiel gesehen hat, wo er permanent in die Mitte zog, was er vom Typ her eigentlich nicht tut). Ergo würde ich das System am ehesten als 4-1-2-3-0 beschreiben. Ohne zentralen Stürmer, ohne Außenstürmer, mit 3 offensiven Mittelfeldspielern ganz vorne drin.

Die Grundgedanken des Löwschen Systems

Die kenne ich natürlich nicht. Aber aus Interviews und den kärglichen Informationen, die zur Erklärung verbreitet wurden, versuche ich mir das zusammenzustricken.

  1. In Brasilien ist es heiß. Keine Überraschung, wussten wir vorher, die Nationalmannschaft auch. Insofern stimme ich zu, dass ein Full-Time-Pressing à la Dortmund zumindest in den tropischen Spielorten nicht durchzuhalten ist. Im System soll das durch Ballbesitz, enge Räume sowie kurze Pässe und Laufwege kompensiert werden.

  2. Gegen defensiv stehende Gegner braucht man antrittsschnelle, wendige Spieler die technisch stark sind, um auf engen Raum Kurzpass zu spielen und so vor das Tor zu kommen.

  3. In der Offensive soll variabel gespielt werden, die Spieler sollen permanent ihre Positionen tauschen bzw. abwechselnd in der Spitze auftauchen, um so die Abwehr müde zu spielen und für Überraschungsmomente zu sorgen.

Die Probleme im Jogi-System

zu 1:

Es ist sicher richtig, dass man nicht 90 Minuten pressen kann in diesem Klima. Die Frage ist aber, ob nicht ein schneller, langer Ball in den Raum und ein fokussierter Sprint nicht weniger anstrengend sind als permanente Dribblings und Kurzpässe auf engstem Raum in höchster Konzentration. Zudem bedeutet in diesem System jeder Ballverlust einen sofortigen Kontern, was kraftraubende Defensiv-Sprints nach sich zieht. Dazu kommt, dass das Guardiola-Ballbesitz-Spiel alle Spieler in die Verschiebe- und Kurzpass-Arbeit mit einbindet und so Erholungsphasen während des Spiels nahezu ausschließt.

zu 2:

Sicher sind technisch starke, wendige Spieler gut um auf engem Raum Überzahlsituationen zu schaffen. Stellt man aber zu viele von diesem Spielertyp auf oder gar ausschließlich solche, nimmt man dem Spiel aber den Überraschungseffekt und verdichtet den Raum in Strafraumnähe so dermaßen, dass es selbst für diese Spieler schwierig wird. Die gegnerische Verteidigung kann sich darauf einstellen, dass wenig Gefahr von außen sowie von oben (Flanken und Kopfbälle) kommt.

zu 3:

widerspricht ja eigentlich Punkt 1, siehe auch 2. Dazu kommt, dass ein Götze und ein Özil, die das Sinnbild dieser Spielertypen sind, einfach nicht kaltschnäuzig genug vor dem Tor sind. Beide hatten schon Riesen-Chancen bei dieser WM, aber außer Götzes glücklichem Nase-auf-Knie-weil-kann-kein-Kopfball-Tor und Özils Abstauber im Achtelfinale kam bisher nichts dabei raus. Klose benötigte 2min für sein erstes Tor beim 2:2 gegen Ghana.

Warum dieses System nicht funktionieren kann und nicht wird

  1. Die Außenverteidiger
    Im Gegensatz zu Guardiola verzichtet Löw auf Außenspieler. Bei Guardiola sind mit Rafinha ein ordentlicher und mit Alaba ein Außenverteidiger von internationalem Format auf dem Platz, die das schnelle Verschieben und das ballsichere Kurzpassspiel beherrschen. Löw ahier Boateng (der schon gute Spiele als Außenverteidiger gemacht hat, aber die Anforderungen für dieses System nicht erfüllt) und Benedikt Höwedes auf, der eigentlich klassischer Innenverteidiger ist. Zwar spielt er auch bei Schalke ab und zu als Außenverteidiger, dann aber rechts. Wenn der einzige Grund dafür ist, dass man bei eigenen wie gegnerischen Standardsituationen Kopfballstärke auf den Platz bekommt, ist das ein mehr als hoher Preis.

  2. Die offensiven Außen
    Götze und Özil sind weder vom Format noch vom Typ Außenspieler wie Ribery oder Robben bei Guardiola. Dementsprechend drängen sie immer wieder in die Mitte und verdichten dort die Räume für einen Thomas Müller, der diese Räume aber braucht, oder für nachrückende Kroosens, Schweinsteigers oder Khediras. Schon bei Real Madrid musste Özil anfangs außen spielen, richtig funktioniert hatte er erst, als er zentral ran durfte. Seine Stärken werden auf dieser Position verschenkt aber seine eigentliche Position gibt es ja nicht mehr.

  3. Alles zieht ins Zentrum
    Die Kombination aus Innenverteidigern als Außenspieler und offensiven Außen, die Zentrale sind ergibt ein totes Spiel auf den Außenbahnen. Wenn es als Konditionsschonung gedacht war, funktioniert es insofern nicht, als dass man im Zentrum mehr Laufen muss, um Räume zu schaffen und vor allem permanente Defensiv-Sprints ansetzen muss. Dazu kommt, dass das Spiel nie breit gemacht werden kann, um Lücken für die Vertikalpässe zu schaffen, die dann schnell gefährlich werden könnten. Man beraubt sich seiner gewünschten Flexibilität und macht das Spiel eng und gefährlich.

  4. Falsche Positionen
    Müller ist da vornedrin eigentlich verschenkt. Er hat seine absolute Stärke, wenn er aus der Tiefe kommen kann und Wiese vor sich hat. Dann kann er seine gern zitierten unorthodoxen Laufwege machen und überraschend vor dem Tor auftauchen. Vornedrin mit dem Rücken zum Tor ist nicht sein Spiel und mit Verlaub für diese Art falsche 9 ist er technisch nicht stark genug.

  5. Systembedingt fehlende Breite und Tiefe
    Dem deutschen Mittelfeld um Schweinsteiger, Kroos und Khedira wird vorgeworfen, zu langsam zu spielen. Aber wo sollen sie hinspielen? Vorne stehen 3 Techniker in der Mitte gegen 4 bis 6 Abwehrspieler und Außen rücken die Innenverteidiger nur zaghaft nach. Also wohin soll man schnell spielen? Zum Gegner?

  6. Defensive Gefahr
    Die gewünschte defensive Stabilität halte ich für einen fürchterlichen Trugschluss. Gegen klassische schnelle Außenstürmer von Weltformat werden Boateng und Höwedes schlicht zu oft überlaufen oder lassen Flanken zu, weil sie das Zentrum dicht machen. Kopfballstärke hin, Kopfballstärke her.

Eier, wir brauchen Eier!

Wenn man schon das Guardiola-System kopieren muss, dann aber bitte so, dass es auch eine Chance hat zu funktionieren! Oder besser gleich wie in der sehr erfolgreichen Qualifikation:

  • Lahm rechts hinten, Durm oder Großkreuz links hinten

  • Doppelsechs mit Kroos plus Teilung Schweinsteiger/Khedira, wenn bei den verletzt-gewesenen die Kraft nicht reichen sollte.

  • Özil vorne zentral, außen auf jeden Fall Müller plus Schürrle oder Podolski (wenn wieder fit).

  • Vorne zentral entweder mit Klose beginnen und durch Schürrle/Müller ablösen lassen, wenn die Luft nicht reicht, oder wenn schon falsche 9, dann mit Götze

Es wird aber nicht passieren, da der Stolz des Bundestrainers scheinbar zu groß ist. Irgendwie muss er vielleicht ein Ego-Problem bewältigen, denn die bisherigen Spiele haben gezeigt, dass die oben beschriebenen Änderungen funktionieren. Das hat ihn aber nicht zum Umdenken bewogen. Gegen Ghana begann das deutsche Spiel erst, nachdem Klose vorne drin war und Müller über außen kam und auch gegen Algerien bekam die deutsche Mannschaft das Spiel erst in den Griff, nachdem Lahm außen Platz schaffte und Schürrle auch mal die Breite des Platzes nutzte bzw. Müller öfter außen auftauchen konnte.

Und bei allem Respekt für die bisherigen Gegner der deutschen Nationalmannschaft; Bereit wie nie und wir wollen den Titel sind alberne Floskeln, wenn man gegen Ghana, die USA und Algerien solche Probleme hat. So wird man nicht Weltmeister. Mal so als provokante Prognose. - See more at: http://www.designbuero-mayerle.de/blog/wm2014/

KOMMENTARE
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ausLE
MODERATOR
14.07.2014 | 11:55 Uhr
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ausLE : 
14.07.2014 | 11:55 Uhr
0
ausLE : 
oder wenn schon falsche 9, dann mit Götze

wohl wahr, wie man heute früh gesehen hat.

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