Diese WM hat wirklich die kühnsten Erwartungen übertroffen. Von brutalen Fußballschlachten wie Südkorea – Griechenland und Algerien – England bis hin zu filigranen Fußballfesten wie Frankreich – Uruguay war bisher alles dabei.

Jeder Fan im Stadion muss sich wohl eingestehen, dass diese Fußballtickets für ein Vorrundenspiel der FIFA-WM 2010, den 2-wöchigen Familienurlaub mindestens adäquat ersetzt haben. Nirgendwo anders auf der Welt sieht man nämlich derzeit soviel Engagement und Leidenschaft wie bei der Équipe Tricolore oder den Italienern. Auch der Spielwitz der Engländer begeistert die zahlenden Zuschauer so sehr, dass die unterschwelligen Hintergrundgeräusche der Vuvuzelas glatt zur Nebensache werden.

Besonders faszinierend sind dieses Jahr die überragenden Torhüterleistungen. Wenn sich auf nationaler Ebene die Torwarte öfter mal einen Klops erlauben, glänzen die besten Keeper der Welt durch absolute Konzentration und gedankliche Anwesenheit. Endlich ist es beispielsweise England gelungen sein ewiges Torwartproblem zu lösen. Während früher nur der phänomenale David Seaman auf Weltklasseniveau gehalten hat, gibt es mit Robert Green und David James nun sogar zwei brilliante Torhüter, die sich jedes Spiel abwechseln.


Robert Greene in Aktion

Doch nicht nur hier zeigen sich die Briten stark verbessert, sondern auch im Sturm zeigt der 33-jährige Emile Heskey, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Besonders mit seinen blitzschnellen Übersteigern treibt er seine Gegner in den Wahnsinn. Da erklärt es sich von selbst, dass die Jungspunde Cole und Defoe den Großteil ihrer WM auf der Bank verbringen.

Ein ähnliches Torwart-Luxusproblem wie die Briten hat Algerien. Nachdem der überragende Fawzi Chaouchi die Algerier vor einem slowenischen Schützenfest bewahrte, wurde auch ihm überraschend das Vertrauen für das nächste Spiel gegen England entzogen. Für Fußballinsider einfach nicht nachvollziehbar.

Doch lassen wir uns von solchen indiskutablen Trainerentscheidungen nicht die Lust am Fußball nehmen. Zu gerne setzt man sich mit einem kühlen Bier an den Fernseher und beobachtet,, wie die Franzosen ihren vollen Nationalstolz auf dem Fußballplatz zeigen. Dass der französische Kapitän Evra sogar bei der Nationalhymne weint, zeigt dass sich die Franzosen jederzeit bewusst sind, dass sie 65 Mio Menschen repräsentieren.
Daher kann man im Sinne des Fußballs auch nur hoffen, dass solche charakterstarken Fußballer sehr weit bei einer WM kommen.

Auch die Kommentatoren bei der WM sehen sie Sachverhalte endlich mal realistisch und Florian König trifft den Nagel auf den Kopf: "1 Punkt ist für Algerien auch zu wenig". Nach 80 Minuten gegen Fußballzwerg England hat er damit natürlich vollkommen recht. Zu fest werden die Algerier die drei Punkte auf dem Weg ins Finale nach Johannesburg eingeplant haben, als dass sie mit einem 0:0 im Ansatz zufrieden sein könnten. Sie sollten sich schämen!!!

Da der tolle Fußball der Engländer, Franzosen und auch Italiener bisher noch nicht ausreichend mit Punkten belohnt wurde, bleibt nur noch das Prinzip der Hoffnung. Schließlich ist doch zu Deutschland oder den Argentiniern kaum ein Unterschied festzustellen. Während die Gauchos und die Panzer ihre Punkte unverdient geschenkt bekommen, hat sich der Fußballgott schlichtweg gegen die aufopferungsvoll kämpfenden Franzosen und Engländer verschworen. Was für ein Drama.

Falls es am Ende weder für Frankreich noch für England zur Zwischenrunde reicht, können sie sich jedenfalls keinen Vorwurf machen. Es hat halt einfach das Quäntchen Glück gefehlt. Außerdem ist so eine WM ja eh alle vier Jahre.