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17.06.2011 um 11:31 Uhr
Drosselklappen-Verbot
Nun ist es soweit. Die FIA spricht ein Machtwort und schiebt den angeströmten Diffusoren einen Riegel vor.Bei der heutigen Sitzung der Technischen Arbeitsgruppe der FIA (der unter dem Vorsitz von Charlie Whiting die Technischen Direktoren aller Teams angehören) in London wurden die Details zum schon seit einigen Wochen geplanten Zwischengas-Verbot ausgearbeitet. Das Verbot tritt nun ab dem übernächsten Rennen in Silverstone am 10. Juli in Kraft.

Dabei werden zur Erhöhung des aerodynamischen Anpressdrucks Auspuffgase auf das hintere Ende des Unterbodens (Diffusor) geströmt - allerdings nicht nur, wenn der Fahrer auf dem Gaspedal steht, sondern auch bei geschlossener Gaspedalstellung. Das verhindert einen plötzlichen Strömungsabriss (und somit eine schlagartige Veränderung des Fahrverhaltens), wenn der Pilot vom Gas geht.



Zu diesem Zweck wurden von den Teams und Motorenherstellern spezielle Motorenmappings entwickelt, die eine möglichst ununterbrochene und gleichmäßige Strömung von Auspuffgasen sicherstellen - umgangssprachlich als Zwischengas bezeichnet. Diese Mappings wollte die FIA eigentlich schon vor Barcelona verbieten, doch einige Teams protestierten entschieden dagegen. Nun wurde das Verbot diskutiert, exakt formuliert und beschlossen. Nur in Valencia darf noch mit den bisherigen Mappings gefahren werden.

Laut 'Autosport' schränkt die heutige Entscheidung den Faktor Zwischengas auf zehn Prozent ein, was die Effizienz der Systeme deutlich limitiert und damit auch das Entwicklungsrennen in diesem Bereich bremst. Zudem wurde wie angekündigt ein generelles Verbot von angeströmten Diffusoren ab 2012 beschlossen. Dieses soll erreicht werden, indem die Auspuffrohre an der Oberseite der Autos ins Freie münden müssen, wie dies vor einigen Jahren in Form der damals verwendeten Auspuffkamine ohnehin Usus war.

Wie sich die Änderung auf den WM-Kampf auswirken wird, ist derzeit unklar. Fahrerlagerstimmen gehen jedoch davon aus, dass das Verbot besonders jene Teams treffen könnte, die ihre Auspuffsysteme und Motorenmappings besonders gut für den angeströmten Diffusor optimiert hatten. Das sagt man beispielsweise Red Bull und Renault nach. Auch Ferrari experimentierte in Montreal mit einem neuen Motorenmapping, wie man beim Vorbeifahren der Boliden sogar hören konnte.

Williams, HRT und Marussia-Virgin könnten profitieren

Am meisten helfen dürfte das Verbot den drei Cosworth-Teams Williams, HRT und Marussia-Virgin, wie gemunkelt wird. Im Gegensatz zu Renault, in Ansätzen Ferrari und Mercedes ist es dem unabhängigen Motorenhersteller bisher nämlich nicht gelungen, das sogenannte "Hot-Blowing"-Konzept in die Tat umzusetzen. Dabei wird bei geschlossener Gaspedalstellung nicht nur kalte Luft auf den Diffusor geströmt, sondern, nach einer "leeren" Zündung in der Brennkammer, sogar heißes Auspuffgas mit entsprechend höherer Energie.

"Vorausgesetzt, die Technische Arbeitsgruppe stimmt am Donnerstag in London zu, könnte für Silverstone ein Verbot der umstrittenen Zwischengas-Diffusor-Mappings beschlossen werden. Das wird alle unterschiedlich stark beeinträchtigen - uns weniger als andere", vermeldete Ferrari-Technikchef Pat Fry schon vor Tagen.

Der FIA war es ein Dorn im Auge, wenn der Auspuff im Schleppbetrieb des Motors weiter Gase erzeugte, um die dadurch künstlich erzeugte Strömung in den Diffusor konstant zu halten oder gar anzureichern. Beim "kalten" Anblasen wird nur Luft durch die Zylinder gepumpt, sobald der Fahrer vom Gas geht. Von "heiß" Anblasen spricht man, wenn zusätzlich eingespritzt und nach Öffnung des Auslassventils gezündet wird. Das erhöht die Energie des Gasausstoßes und damit den Abtrieb.

Bis zu eine Sekunde Gewinn pro Runde

Wer es geschickt machte, gewann im aggressivsten Modus auf einer Qualifikationsrunde bis zu einer Sekunde. Allerdings wird in der Qualifikations-Konfiguration auch bis zu zehn Prozent mehr Sprit verbraucht, weshalb die Teams die Motoreinstellungen im Rennen etwas konservativer wählen.

Red Bull und Renault gelten als Erfinder und Marktführer mit dieser Methode. Aber auch das Mercedes-Werksteam profitierte von dem Trick. Nach eigener Aussage um bis zu acht Zehntelsekunden gegenüber dem Modus, bei dem im Schleppbetrieb gar kein Auspuffgas fließt. Ferrari hatte ebenfalls aufgeholt. Die starken Trainingszeiten in Montreal waren auch der Weiterentwicklung in diesem Bereich geschuldet.

Cosworth-Kunde Williams machte die FIA eine Woche vor dem GP Spanien auf das Problem aufmerksam. Aus gutem Grund: Cosworth kann nur "kalt" anblasen. Die Ausbaustufe des "heiß" Anblasens würde zu viel Entwicklungsgeld verschlingen, das keiner der Kunden bezahlen will.

Streng genommen tun die Motorhersteller nichts Falsches. Sie dürfen bei null Gaspedalstellung ihre Drosselklappen oder Walzenschieber bis zu zehn Prozent öffnen, um den Motoren das Leben zu erleichtern. Im Fachjargon spricht man von einem "over-run".

Die Regeln halten aber auch fest, dass sich die Gaspedalstellung und das beim Motor ankommende Drehmoment zueinander absolut linear verhalten müssen. Solange der Fahrer vom Gas geht, darf beim Triebwerk null Newtonmeter Drehmoment ankommen. Deshalb die Spätzündung. Die gesamte Energie muss im Auspuff verschwinden.

Red Bull: Der große Verlierer der Regeländerung

Ferrari braucht das "kalte" Anblasen dazu, den Druck im Kurbelhaus abzubauen. Renault nutzt den eingespritzten Sprit zum Kühlen der Auslassventile. Die werden im Vollastbetrieb bis zu 1.100 Grad heiß. Durch das Einspritzen im Schiebebetrieb könne man die Temperatur bis auf 700 Grad drosseln, heißt es aus Paris.

Renault und Ferrari haben noch ein zweites Problem. Wegen der Drosselklappensteuerung leidet das Ansprechverhalten, wenn der Brennraum zu stark auskühlt. Das Nachzünden bei geöffnetem Auslassventil heizt den Brennraum wieder auf. Geht der Fahrer aufs Gas, ist sofort Leistung da.

Die FIA-Experten lassen sich davon wenig beeindrucken. Ihr Argument gegenüber den Motorenkonstrukteuren: Was habt ihr 2008 gemacht? Seitdem ist die Motorenentwicklung eingefroren, und damals gab es auch keine Probleme.

Red Bull macht nicht ohne Grund Geräusche, weil man fürchten muss, einen Joker für das Training zu verlieren. Denn wie nun sich im Laufe der Saison herausstellt, fährt Red Bull nicht vorne weg, stumpfen ihre Waffen ab. Der größte Gewinner könnte Mclaren lauten und, wie beschrieben, der größte Verlierer Red Bull. Sowohl Ferrari als auch Mclaren nehmen in ersten Stellungennahmen das Verbot gelassen entgegen, Redbull hält sich mit Äußerungen noch zurück. Klar dürfte sein, die Hackordnung in der Formel 1 wird sich ändern. Ganz sicher sollte sein, dass Redbull wohl seine Sekundenvorsprünge im Qualifiying einbüßen wird. Eine neue Saison beginnt.

in diesem Sinne

quelle: Autosport.com / Fia.com / Ferrari.com / Auto-Motor-und-sport.de
Aufrufe: 14910 | Kommentare: 39 | Bewertungen: 20 | Erstellt:17.06.2011
ø 7.3
f1  |Verbot  |Ferrari  |Ferrari  |
KOMMENTARE
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Rarehero
18.06.2011 | 21:20 Uhr
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Rarehero : 
18.06.2011 | 21:20 Uhr
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Rarehero : 
Für die Formel 1 ist diese Regeländerung Fluch und Segen zugleich, wenn dadurch das Kräfteverhältnis beeinflusst wird. Mag sein, dass die Saison eine Wende erhält und spannender wird, aber wenn nun McLaren und/oder Ferrari an Red Bull vorbei ziehen und sich am Ende zum Weltmeister küren, dann wird immer der Vorwurf im Raum stehen, dieser Titel sei nur durch die Regeländerung zu Stande gekommen. Das würde die Saison und den ganzen Sport zumindest in diesem Jahr entwerten, vielleicht sogar der Lächerlichkeit Preis geben. An der Stelle fühle mich ein wenig an Indianapolis erinnert, als Ferrei quasi kampflos gewonnen hat, weil die Michelin-Teams nicht fahren konnte. Gut, damals war es ein technisches Problem und keine bewusst herbei geführte Regeländerung, der Effekt ist aber derselber: Der damalige Sieg von Ferrari war eine Farce, der Ausgang der laufende Saison droht ebenfalls zu einer solchen zu werden.
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krit
19.06.2011 | 16:11 Uhr
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krit : 
19.06.2011 | 16:11 Uhr
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krit : 
so ist das nunmal wenn einer 5 aus 7 rennen gewinnt und 2x 2. wird, dann muss was geändert werden.
fragt mal ferrari und schumacher, was da alles geändert wurde als sie so dominant waren. da ist ja des mit red-bull ein witz dagegen
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Manül
19.06.2011 | 16:15 Uhr
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Manül : 
19.06.2011 | 16:15 Uhr
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Manül : 
ja natürlich...lasst uns alle die FIA verteufeln und verschwörungstheorien spinnen...es gibt sicher keine andere möglichkeit, sich das zu erklären...
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charly
20.06.2011 | 10:47 Uhr
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charly : 
20.06.2011 | 10:47 Uhr
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charly : 
@Fritzwalter

die antwort wäre sehr lang. ich hoffe sehr auf mgp. obwohl ich haugs art nicht mag. michael ist für mich ein held. leider stimmen beim mgp wohl nuancen nicht, das reicht aber, dieses auto aus der balance zu bringen. der williams hingegen ist ein solides auto . es ist ja nicht so das williams schneller werden wird, wie ich glaube, sondern das mgp wohl eher langsamer, weil man in alte probleme zurückfallen könnte. genauso gut gäbe es potential für eine enorme steigerung. ich betreibe aber erstmal zweckpessimismus..

in diesem sinne
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Manül
29.06.2011 | 17:53 Uhr
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Manül : 
29.06.2011 | 17:53 Uhr
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Manül : 
http://www.autosport.com/news/report.php/id/92717

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charly
04.07.2011 | 15:57 Uhr
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charly : 
04.07.2011 | 15:57 Uhr
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charly : 
jetz schreibt horner in einem interview, dass rb überhaupt nicht heiss anblasen würde..und danner behauptet reb würde davon mehr profitieren als verlieren..es wird zeit dass dieser gp in silverstone endlich losgeht. obwohl ich mittlerweile glaube, dass rb der titel nicht mehr zu nehmen sein sollte..

in diesem sinne
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Manül
12.07.2011 | 11:25 Uhr
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Manül : 
12.07.2011 | 11:25 Uhr
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Manül : 
war ja weniger gravierend, ne?!
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charly
13.07.2011 | 12:01 Uhr
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charly : 
13.07.2011 | 12:01 Uhr
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charly : 
ja stimmt, wirkte sich nicht so aus wie von vielen vermutet. wobei man nicht sagen kann, welche updates rb zusätzlich benutzte..das ganze ist für die scuderia noch erfreulicher als es zu sein schien. das bedeutet im umkehrschluss, dass die scuderia echte rundenzeit aufholte..vettel warnte ja schon in der presse konferenz..bin echt auf den ring gespannt..

in diesem sinne
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Red_7
02.08.2011 | 13:45 Uhr
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Red_7 : 
02.08.2011 | 13:45 Uhr
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Red_7 : 
Wow. Ist in meiner Offzeit völlig durchgerutscht. Im Nachhinein betrachtet hat das ganze McLaren wohl am meisten geschadet...

Das Ferrari dem "Rückschritt" zu den Regeln von Valencia zugestimmt hat, dürfte einigen das Weltbild verhageln...^^
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