Zum vierten Mal in Folge scheitert die deutsche Nationalmannschaft auf der Zielgeraden eines großen Turniers. An spielerischer Klasse mangelt es nicht - die Gründe sind psychologischer Natur.

Irgendwie hatte es sich ja angebahnt. Diese unterschwellige Angst, dass gegen Italien nunmal doch kein Blumentopf zu gewinnen sei. Nicht erst seit der Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land, als die deutsche Jubel-Orgie im Halbfinale abrupt an der blauen Mauer abprallte, galten die Südeuropäer als funktionierende Antithese zum deutschen Spiel.

Das bewies sich auch am gestrigen Abend: Als saft- und kraftlos und in den entscheidenden Momenten nicht auf der Höhe erwies sich das Offensiv- und Defensiv-Spiel der Nationalelf. Ohne die Abgebrühtheit eines Ballotelli vor dem Tor, ohne die Leidenschaft einer italienischen Defensiv-Reihe und die unaufgeregte Spielgestaltung eines Andrea Pirlo hatte es die Nationalmannschaft zu keiner Minute des Spiels wirklich verdient, dieses Halbfinale für sich zu entscheiden. Daran ändern auch die zahlreichen Chancen nichts, die allesamt ohne die letzte, eines Halbfinals würdigen, Konsequenz ausgespielt wurden.

Die Regelmäßigkeit ist das Problem

Angst und Bange sollte den Fans und der Mannschaft nicht werden, weil dieses spezielle Halbfinale verloren ging. Die Italiener stehen, trotz auffälliger Schwächen, verdient im Finale. Vor allem in puncto Engagement und taktisches Konzept zeigten Mannschaft und Trainer höchste Klasse. Gepaart mit der individuellen Qualität von Spielern wie Pirlo oder Balotelli (sofern er will) ergibt sich eine Kombination, die für keine Nationalmannschaft der Welt angenehm zu spielen ist.

Problematisch ist vielmehr die beängstigende Regelmäßigkeit, mit der deutsche Mannschaften seit 2006, trotz unbestreitbarer spielerischer Klasse, auf der Zielgeraden von großen Turnieren scheitern. Gefällig waren die Leistungen spätestens seit 2008 eigentlich immer, titelreif jedoch offensichtlich nicht.

Und spätestens nach der erneuten Niederlage gegen Italien zieht auch das Argument, dass nur Spanien die Nationalelf an zwei Titeln in Folge hinderte, nicht mehr. Die Gründe müssen, vor allem mit Blick auf die eigentlich so große Qualität des Kaders, an anderer Stelle gesucht werden.

Die silberne Generation

Spätestens jetzt müssen die Führungsspieler dieser jungen Mannschaft und damit der harte Kern der Spieler, die schon die Niederlage bei der Heim-WM miterlebt haben, hinterfragt werden. Schweinsteiger, Lahm, Podolski und Klose (korrigiert mich, wenn ich einen vergessen habe), gelang in vier Anläufen - im Falle der Bayern-Spieler sind es sogar sechs Anläufe - kein einziges Mal der Gewinn es großen, internationalen Titels.

Mittlerweile ist das Scheitern dieser Spieler in entscheidenden Situationen symptomatisch geworden. Sie versagten in diesen Spielen zwar selten, ihren Stempel drückten sie den Halbfinals und Finals der letzten Jahre jedoch auch nicht auf. Solide reicht in einem EM-Halbfinale nicht, wenn der Gegner überragende Akteure in den Reihen hat.

Lahm und Schweinsteiger sind die Protagonisten einer silbernen Generation, der es am Willen und der Durchsetzungskraft fehlt, über Hindernisse und körperliche Probleme hinweg den entscheidenden Schritt mehr zu gehen oder den entscheidenden Pass mehr zu spielen, der ihrer Mannschaft am Ende zum ganz großen Sieg verhilft. Drogba gelang das dieses Jahr, Pirlo könnte es dieses Jahr auch noch gelingen.

Den Führungsspielern der deutschen Mannschaft gelang es zum wiederholten Male nicht. Nun sollte bei der jüngeren Generation ausschau nach Spielern gehalten werden, die diese Rolle übernehmen können. Vom Trauma der vier- oder gar sechsfachen Enttäuschung werden sich Lahm und Co. kaum mehr erholen. Nun ist es an ihren Mitspielern, zu zeigen, dass sie aus anderem Holz geschnitzt sind.