Die Fußball-Sommerpause ist in der Tat eine triste Zeit. Da setzt man sich Samstagnachmittag um 15:30 Uhr vor den Fernseher oder schaltet das Radio an bis einem siedend heiß einfällt: Ist ja gar nix. Keine Live-Konferenz, keine Einzeloption, keine Radio-Schlusskonferenz, später auch keine Sportschau und kein Sportstudio, am Sonntag auch keine Laber-Runde auf Sport1 unter dem Einfluss diverser alkoholischer Getränke kurz: Das Leben erscheint einfach sinnlos.
So verbringt man seine Zeit damit, den Irrsinn auf dem Transfermarkt zu verfolgen. Ein unbekannter 17-jähriger Kroate geht für 10 Millionen zu einem Klub aus dem hinteren Bundesliga-Mittelmaß, ein 19-jähriges angebliches Ausnahmetalent mit vier Einätzen über 90 Minuten wird von einem englischen Abstiegskandidaten für 20 Millionen aus seinem Zehnjahresvertrag herausgekauft, ein Brausehersteller zahlt einen halben Jahresumsatz für die fünf größten Talente Afrikas, ein ambitionierterer Bundesligist verliert für 50 Millionen all seine Führungsspieler an die verschiedensten Scheichs dieser Welt (denen zufällig weitere Premier League Klubs gehören), frisch gebackene Welt- oder Europameister wechseln für 90 Millionen schneller zwischen europäischen Großklubs hin und her als Mittfünfziger auf der örtlichen Swingerparty den Partner, und Real Madrid verpflichtet für geschätzte 150 Millionen (plus Nebenkosten) ein weiteres Fußball spielendes Unterwäsche-Model. Und auf Sky Sport News HD in UHD+2hoch3 verliest eine äußerst blonde Moderatorin ohne Unterlass dazu Breaking News.
Schön, dass wir alle miteinander am Tag darauf geerdet werden. Dann nämlich, wenn sich die Bundesligisten auf den Kreisligaplätzen der Republik die Ehre geben. Dann nämlich, wenn der Welttorhüter 90 Minuten nur vom Grillgeruch in der Nase gestört wird. Dann nämlich, wenn bis dato unbekannte A-, B- und C-Jugendliche doppelte und dreifache Hattricks gegen überforderte Feierabendverteidiger fabrizieren dürfen. Dann nämlich, wenn sich Sören Mayerhofer, Stürmer in Diensten des TSV Wasserburg und Juniorchef der örtlichen Metzgerei, die gleichzeitig den Grill beliefert und Trikotsponsor ist, in der 90. Minute mit dem Anschlusstreffer zum 1:17 unsterblich macht. Dann nämlich, wenn die Herren Millionäre Muskelkater im Handgelenk vom Autogrammschreiben nach dem Spiel bekommen.
Zwischendrin fand noch der offizielle Trainingsauftakt des Lieblingsvereins statt, bei dem man sich sein vor wenigen Monaten für teuer Geld gekauftes und nun leider etwas zu eng sitzendes Trikot mit dem Namen des aktuell wechselwilligen Jungstars von eben diesem gerade noch rechtzeitig signieren lassen kann, bevor dieser eine neue sportliche Herausforderung sucht und findet. Anschließend begutachtet man die müden Aufwärmübungen der bisher noch unaussprechlichen Neuzugänge aus Armenien oder Aserbaidschan, kauft sich eine Bratwurst und fährt zusammen mit dem Nachwuchs zufrieden wieder nach Hause.
Glücklicherweise steigt eine Woche und unzählige weitere Transfers später endlich wieder der Anspruch: Nun kicken die Bundesligisten wieder untereinander beim Fuji-Cup, Antalya Cup, International Champions Cup oder FC Bayern Audi Cup. Wer bis hierhin durchgehalten hat und jeden noch so überschaubaren Freundschafts-Kick auf dem einschlägigen Spartensender über 90 Minuten verfolgt hat, der schaut auch in der Winterpause das Hallenmasters.
Doch nicht alle Vereine beglücken ihre Fans vor Ort. Schließlich gilt es neue Märkt zu erschließen, in Asien, in China, in Südamerika, in Nordamerika, in den USA, auf der arabischen Halbinsel oder wo auch immer sonst ein ruchloser Autokrat nur wild genug mit Geldscheinen wedelt. Das größte Hindernis lauert dann jedoch bei der Wiedereinreise zu Hause: Wird der Zoll die beiden Rolex-Uhren finden, von denen man ja gar nicht weiß, dass man sie eigentlich versteuern müsste?