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27.04.2013 | 4732 Aufrufe | 11 Kommentare | 10 Bewertungen Ø 9.0
Fussball ist Krieg, oder?
Die Schlagzeilen-Roboter
Die Presseschau nach Championbs League-Spielen ist etwa so facettenreich, wie die Technik von Gennaro Gattuso. Muss das sein?

"Müller, Ribery und der 'Blitzkrieg' in der Luft und am Boden. Ein glanzvolles Bayern löscht eine Mannschaft ohne Antworten von der Landkarte." (El Mundo)

"Die Königlichen wurden überrollt, hatten bis auf Ronaldos Ausgleich nur ganz wenig zu bieten" (Bild)


"PANZER CHAMPIONS" (La Gazzetta dello Sport)


Auf solch weltbeschenkende Rhetorik der deutschen und internationalen Presse kann man sich nach guten Spielen deutscher Mannschaften verlassen, wie auf die Ohrfeige nach dem Flirtspruch: "Na? Auch rollig?" Zweifellos ist die Kriegsmetaphorik historisch nachvollziehbar, doch ist sie auch originell? Um es kurz zu machen: Nein, ist sie nicht! Jede Carglass-Radiowerbung ist origineller (ich, weiß selbst, dass dieser Vergleich ziemlich hartes Brot ist, weil die Carglass-Radiowerbung wirklich von namenloser Grausamkeit ist). Hinzu kommt, dass die gewählten Bilder gar nicht unpassender sein könnten. Man stelle sich einen Panzer vor, mit der Beweglichkeit eines Ilkay Gündogan, einen Soldaten mit den Gesichtszügen Philipp Lahms oder gar der Frisur eines Marco Reus.

Und sollte es tatsächlich zu einem deutsch-deutschen Finale kommen, dürfen wir uns dann auf Schlagzeilen freuen wie: "Bayrische Panzer müllern sich mit Spinnenbeinchen durch Dortmunder-Dampfwalzen-Defensive" oder "Blitzkrieg-Borussia bombardiert bayrische Ballermänner"? Gott bewahre!
Wenn es unbedingt schlechte sprachliche Bilder sein sollen, warum bedient man sich dann nicht endlich, endlich aus dem metaphorischen Bereich der Landwirtschaft/ Ernte (Fleißige bayrische Gärtner pflücken überreife spanische Tomaten) oder aus dem Bereich Ikea (Der kleine Leo möchte aus dem Bälleparadies abgeholt werden. Die großen Jungs lassen ihn nicht mitspielen)? Dann hätte man zumindest das Gefühl, dass in den entsprechenden Sportredaktionen tatsächlich Menschen arbeiten und nicht Schlagzeilen-Roboter, denen man zuruft: "Eine deutsche Mannschaft hat gewonnen" um dann zurück zu bekommen "Blitzkrieg! Panzer! Zerstörung!"

Mal ganz abgesehen von den auf deutsche Mannschaften abgefeuerten stereotypischen Schlagzeilen: Muss man sich ständig Kriege denken, wenn es in unmittelbarer Nähe keine gibt? Ist die Champions-League wirklich nicht mehr, als ein Platzhalter für die in vergangenen Jahrhunderten stets tobenden europäischen Kriege? (Kurze Anmerkung: Während ich das hier schreibe, gucke ich total moralisch und erhebe nach jedem beendeten Satz den Zeigefinger) Können jene Sportredakteure, die nicht auf Krieg verzichten mögen, nicht einfach jeden Abend Texas Chainsaw Massacre gucken, oder Räuber und Gendarm spielen, oder ihr Zimmer aufräumen, oder bis hundertfünfzigtausend zählen?

Ich bin ein äußerst friedfertiger Geselle (erst gestern habe ich im Park Enten gefüttert; mit frischem Brot; es war noch warm) und doch neige auch ich beim Fußballgucken zu einem Vokabular, das sich auf einem doch recht überschaubaren Niveau befindet und aus Pietätsgründen an dieser Stelle nur umrissen werden kann: Im Mittelpunkt steht jenes Wortfeld, das sich eher mehr als weniger explizit auf ungewöhnliche Paarungspraktiken von Menschen und Tieren bezieht, für gewöhnlich solche, die gegen Bezahlung und nur sehr selten im öffentlichen Raum vollzogen werden. Untermalt werden die Tiraden von einer alttestamentarischen Gestik und Mimik, die auch nur am Rande mit Friedfertigkeit zu tun hat. Allerdings verzichte ich darauf, diese Emotionen zu veröffentlichen und sie jedem mitzuteilen, der sie (nicht) hören möchte! Was damit ausgedrückt werden soll: Zum Fußball gehören Emotionen und auch Sportberichterstattung darf, ja sie muss bisweilen pathetisch sein. Doch ein bisschen Abwechslung und etwas weniger Krieg würden manchmal recht gut tun.

KOMMENTARE
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Malix
29.04.2013 | 18:27 Uhr
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Malix : 
29.04.2013 | 18:27 Uhr
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Malix : 
Klasse geschrieben und inhaltlich m. M. n. völlig richtig, mir geht die Kriegsmetaphorik auch nur noch auf die Nerven. Als Verfasser dieser Überschriften würde ich mir auch langsam blöd vorkommen, immer und immer wieder das gleiche Vokabular zu bemühen...

@scheusal: Ja die Seitenbacher-Müsli-Werbung ist grauenhaft, und genau das ist auch deren Ziel, um auch im Gedächtnis zu bleiben. Die ist so schlecht gemacht, dass die Leute darüber reden..Woisch Karle;)
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