Liebe Teilnehmer unseres beliebten Journalistenwettbewerbs,
unsere diesjährige Ausschreibung unter dem Motto "Wir unterschreiten das Niveau der Bildzeitung" war ein voller Erfolg. Zahlreiche Sportjournalisten aus ganz Europa fühlten sich dazu berufen, mit großer Sorgfalt alles über Bord zu werfen, was gute Berichterstattung ausmacht, um den Leser stattdessen mitzunehmen in eine wunderbar vermüllte Welt der schamlosen Anstandslosigkeit. Unmittelbar nach dem Startschuss entwickelte sich ein herrliches Rattenrennen um die widerlichste Schlagzeile, die sorgfältigste Ausschlachtung von Privatleben, das am geschicktesten gekürzte Interview und das hartnäckigste frei erfundene Gerücht.
Bevor wir unseren Sieger verkünden, möchten wir uns deshalb ausdrücklich bei allen Teilnehmern bedanken: Auch wenn es in diesem Jahr nicht zu einem Selbstmord gereicht hat (vermutlich hängt das mit diesen nervigen Mentaltrainern zusammen), war im Vergleich zur letzten Ausschreibung erneut eine klare Steigerung erkennbar. Gemeinsam schreiten wir mit Siebenmeilenstiefeln auf das große Ziel zu: Die endgültige Verbannung menschlicher Wärme aus dem coolen Showgeschäft.
Trommelwirbel, Applaus, Schnittchen für alle
Nun aber zum Sieger, der den sprechenden Namen Miguel Serrano trägt und sich mit dem folgenden Zitat an die Spitze gesetzt hat:
"Ich versetze mich in die Haut des Balles und der Ball fühlt sich von Khedira misshandelt. Er kann nicht mal einen einfachen Pass spielen. Er hat Zucchini in seinen Füßen."
Die Jury ist vor allem aus drei Gründen zu ihrem Ergebnis gelangt:
1. Die Wahl des Opfers
Mit Sami Khedira hat Serrano ein Opfer ausgewählt, das weder bei der restlichen Presse, noch bei den Fans oder im Verein ein besonders hohes Standing besitzt. Mit auflagenschwächendem Gegenwind unter den Lesern ist also nicht zu rechnen.
2. Die sprachliche Umsetzung
Mithilfe einer phantasievoll-bildhaften Sprache wird der Angriff geschickt auf eine Ebene verlagert, die der schnöden Wirklichkeit die Tür vor der Nase zuschlägt. So spart man sich den überflüssigen Luxus eines Arguments und schafft gleichzeitig eine riesige Angriffsfläche, auf der sich Kollegen, Fans, Kommentatoren und Gegenspieler genüsslich austoben können. Wer mag, kann sich anschließen und das Gemüsebild auf jede erdenkliche Art und Weise variieren.
3. Der Zeitpunkt
Real Madrids Saisonstart ist missglückt und alle Welt sucht händeringend einen Sündenbock. Genau den hat Serrano ausfindig gemacht und präsentiert ihn der Öffentlichkeit wie eine gutaussehende 20-jährige im Swingerclub. Der Rest regelt sich nun von alleine.
Alles in allem sind wir der Meinung, dass wir es mit einem Paradebeispiel für ausgezeichneten Journalismus zu tun haben!
Herzlosen Dank!
Ich bete einfach nur inständig, dass der gute Sami sich davon nicht verschrecken oder einschüchtern lässt, sondern dass er nur noch härter an sich arbeitet und diese Wurst Serrano mit der deutschen N11 bei der WM (am besten gegen Spanien) eines Besseren belehrt.