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10.06.2012 um 14:36 Uhr
Deutschland - Portugal 1:0
Verlauf

Das Spiel begann gleich intensiv. Die vorderste Reihe der Portugiesen attackierte den deutschen Aufbau beseelt. Wurde dieses frühe Pressing überstanden, ergaben sich die notwendigen Räume und somit auch zwei Gelegenheiten für Gomez und, einige Minuten danach, Podolski. In der Folge zügelten sich die Portugiesen, sie standen fortan etwas tiefer und staffelten sich enger, legten mehr Wert auf Kompaktheit. Somit wich das Spiel der Deutschen in die Breite, es gelang ihnen trotz hohem Ballbesitz kaum noch, Druck aufzubauen. Gegen Ende der ersten Halbzeit machte sich leichte Resignation breit, Portugal nahm vermehrt an der Spielgestaltung teil und hätte sich kurz vor dem Pausenpfiff fast dafür belohnt. Nach einem mäßig abgewehrten Eckbal prallte Pepes Schuß von der Latte auf die Linie. Auch im zweiten Durchgang blieb das Tempo im deutschen Aufbau schleppend. Bis zum überraschenden Tor von Gomez nach 72 Minuten gab es keine deutsche Torchance, vielmehr wurde Ronaldo in letzter Zehntelsekunde von Boateng gekonnt abgegrätscht. Nach dem 1:0 kamen die Portugiesen immer wieder gefährlich ans Tor. Nani traf nochmals die Latte und Varela scheiterte in der 89. Minute freistehend an Neuer, der handlungsschnell aus seinem Kasten geeilt war und seinen massigen Körper in den Schuss warf.


Interpretation

Beide Teams waren taktisch gut vorbereitet und spielten sehr diszipliniert. Die Motivation bei den Portugiesen war riesig, noch größer vermutlich nur die Nervosität bei den Deutschen. Die größte Verunsicherung schien ausgerechnet die beiden Führungsspieler des FC Bayern heimgesucht zu haben. Während Lahm bereits bei der Seitenwahl seltsam ehrfürchtig den Kapitän der Portugiesen, Christiano Ronaldo, musterte und nur selten derart mit einem Gegner so überfordert war wie in diesem Matsch gegen Nani, ist Bastian Schweinsteiger weiterhin schlicht ein Schatten seiner selbst. Durchaus bemüht, aber kaum Impulse nach vorn, wenig Präsenz und Selbstvertrauen, viele leichte Ballverluste. Seinen eigentlichen Job als Antreiber in der Zentrale übernahm der international gereifte Sami Khedira, nach Matts Hummels und neben Manuel Neuer der beste deutsche Akteur. Khedira leitete auch das Siegtor mit einer abgefälschten Flanke ein. Sein Teamkollege von Real Madrid, Mesut Özil, spielte hingegen allenfalls durchwachsen. Wie der gesamten Offensivabteilung fehlte es ihm an Frische und Dynamik, an Durchsetzungskraft. Während man das bei Lukas Podolski selten anders erlebt und, solange er alle paar Spiele den Ball ins Netz drischt, eben einfach hinnimmt, ist ein allzu passiver Özil pures Gift für das deutsche Kreativspiel. Folglich blieb an diesem Abend die Abwehr das Prunkstück. Abgesehen von Phillip Lahm waren alle Spieler fantastisch. Holger Badstuber half seinem Kapitän in dessen Überforderung immer wieder aus, Jerome Boateng lieferte sein bislang bestes Spiel als Aussenverteidiger gegen einen Christiano Ronaldo, dessen Genie dadurch nur in zwei, drei Situationen kurz aufblitzen konnte. Matts Hummels erledigte nicht nur seine Defensivaufgaben mit aus der Bundesliga gewohnter Eleganz, sondern schritt manchmal gar, wie einst Lothar Matthäus oder Matthias Sammer, aus der hinteren Reihe mit dem Ball am Fuß in des Gegners Hälfte, spielte etliche kluge Pässe. Portugal lieferte eine starke Teamleistung ab und wirkte, trotz geringerer Spielanteile, insgesamt gar einen Zacken wacher, suchte im Aufbau sehr schnell seine Aussenspieler Ronaldo und Nani, hatte aber in der Mitte keinen gefährlichen Vollstrecker, der eine Chance, wie sie sich Varela bot, eiskalt genutzt hätte. Dennoch sehe ich das Team gegenüber Dänemark und den Niederlanden im Vorteil. Den Holländern fehlt mal wieder der Teamgeist, die Abwehrarbeit gegen die erwähnte Flügelzange dürfte ebenso schwer werden wie ein Durchkommen gegen die portugiesische Abwehr. Dänemark wird vermutlich kein zweites Mal derartiges Glück haben, mit der einzigen Chance das Siegtor zu erzielen.


Empfehlungen

Auch wenn es hart klingt: Bastian Schweinsteiger ist nicht in der Form, die ein Nationalspieler für diese Position bei einem solchen Turnier braucht. Jogi Löw täte gut daran, sollte sich diesbezüglich im nächsten Spiel nichts geändert haben, zu experimentieren. Am Besten bereits im laufenden Spiel, nach einer guten Stunde. Eventuell mit Toni Kroos, mein Rat wäre allerdings Ilkay Gündogan. Der äusserlich etwas unscheinbare Dortmunder hat großartige Fähigkeiten sowohl in der Defensive, wie auch im Spielaufbau und Abschluß. Ein intelligenter Junge mit genialem Pass-Spiel und sehr guter Form, der eine der Überraschungen dieser EM werden könnte. Ebenso fraglich ist, wie verantwortbar eine Angriffsreihe mit drei derart schlicht gestrickten Spielern im Turnierverlauf sein kann. Das entspricht nicht dem Konzept des modernen, spielstarken Fußballs. Gomez und Podolski sind reine Abschlußspieler, denen man das Tor zu 95% servieren muss, die von sich aus nur selten etwas initiieren können. Thomas Müller hat seine jugendliche Frische und Unberechenbarkeit mittlerweile verloren, besitzt jedoch nicht ansatzweise die Fähigkeiten, dies fußballerisch zu kompensieren. Er kämpft, reibt sich auf - ist in der Form jedoch allenfalls ein Abwehrspieler auf Aussenstürmerposition. Der gestalterische Mangel dieser drei Spieler wirkt sich fatal auf einen Mesut Özil aus, der, im Vergleich mit seinem Spiel bei Real Madrid, in dieser deutschen Elf niemanden zum Spielen hat. Und einen lustlosen Özil kann sich Jogi Löw nicht lange leisten. Mein Vorschlag wäre, Gomez trotz des Siegtors erstmal wieder herauszunehmen und durch Miro Klose zu ersetzen, wenigstens eine Stunde lang. Auch sollten Lukas Podolski oder Müller entweder Reus oder Mario Götze weichen. Ansonsten droht die Gefahr, dass sich das Team auf diesem Niveau weiter festspielt. Für eine Finalteilnahme dürfte das wiederum kaum reichen.
Aufrufe: 8573 | Kommentare: 24 | Bewertungen: 26 | Erstellt:10.06.2012
ø 4.5
KOMMENTARE
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ploy
11.06.2012 | 04:29 Uhr
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ploy : 
11.06.2012 | 04:29 Uhr
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ploy : 
"insgesamt sollte man mit der gleichen Mannschaft gegen Holland auftreten."


Die Wahrscheinlichkeit dafür ist sicherlich groß, aber man sollte auch bedenken, dass Löw oft richtig lag, wenn er Mut gezeigt hat. Er hat bei der WM Schweinsteiger auf der 6 etabliert, Khedira überhaupt erst auf den Zettel gebracht, Müller sofort eine Chance gegeben. Da war viel Frische und Motivation im Spiel. Wenn man Leuten wie Podolski oder Müller ewig das Gefühl gibt, trotz sehr mäßiger Leistungen blanko gesetzt zu sein, ist das nicht nur für betreffende Spieler ein fragwürdiges Signal, sondern für den gesamten Teamgeist. Der Leistungsgedanke verkommt dann bald zur hohlen Phrase. Gegen die Oranje wäre aufgrund seiner Defensivstärke und Laufbereitschaft auf links (sprich gegen Robben) womöglich gar Schürrle der bessere Poldi-Ersatz (statt Götze).

Natürlich ist es legitim, diese Startelf nochmal zu probieren. Aber dann sollte Jogi Löw wenigstens frühzeitig (das heißt: vor Minute 75!) mit einem entsprechenden Wechsel eingreifen - und eben auch kommunizieren "Hey Leute, wir haben noch ein paar andere Jungs die nur darauf warten". Es sei denn natürlich, diese Elf beginnt gegen die Oranje plötzlich wieder das große Zaubern. Aber damit würde ich nicht rechnen.

Ob Kroos/Gündogan ist so eine Sache. Ich mag beide sehr, finde aber Gündogan mental besser in Form. Die Frage ist eben, inwieweit er auch in der N11 seine Eingewöhnungszeit braucht - oder ob er seinen jüngsten Level aus der BL direkt übertragen kann. Falls er das tut, hätte Kroos, auch aufgrund seines weiterhin fehlenden Biss im Zweikampf, die schlechteren Karten. Unabhängig davon sollte Schweinsteiger erstmal noch diese Chance bekommen, sein CL-Trauma rechtzeitig abzuschütteln.
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Daniel_D1985
11.06.2012 | 10:11 Uhr
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11.06.2012 | 10:11 Uhr
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Zur Özil Manndeckung:

Das halte ich für ein großes Problem. Bei Özil, der statistisch der beste Keypassspieler Europas ist, sollte man normalerweise mehr als 2-3 geniale Aktionen pro Spiel erwarten können. Schon nicht unklug von Portugal ihn in Manndeckung zu nehmen.

Das könnte auch den einen oder anderen Gegner dazu verleiten und dann müssen kreative Mitspieler die Lücke schließen.
Reus wäre der richtige Mann, aber auch Klose wird in der Lage dazu sein.

Man muss auch einfach sehen, dass man mit angezogener Handbremse gespielt hat. Nach der Niederlage der Niederlande wollte man sich keine Blöße geben.

Die Gündogan Idee
Es hätte den Nachteil, dass man keinen horizontalen 6er mehr zum Absichern hat, wenn Hummels seine Läufe ins Mittelfeld macht. Und die halte ich schon für entscheidend, weil sie eine schwach pressende Mannschaft total verunsichern können. Hat man etliche Male gesehen, es findet sich kaum einer, der auf Hummels geht, weil man damit nicht rechnet.

Ein 8er dagegen ist natürlich im Defensivsystem des Gegners mit eingeplant und dürfte es deswegen schwer haben Raum zu finden.
Auf der anderen Seite ist Gündogan auch ein klasse Dribbler und findet dadurch trotz Überzahl häufig die Räume.
Allerdings habe ich Anfang der Saison auch einen völlig indisponierten Gündogan gesehen, der seinem Team eher keine Hilfe war. Und dieser Gündogan den gibt es immer noch und er wird vielleicht in einem neuen System wieder zum Vorschein kommen.


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riquelminho
MODERATOR
11.06.2012 | 15:08 Uhr
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11.06.2012 | 15:08 Uhr
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@ploy

Ja, in den meisten Punkten geb ich dir recht.

Sicherlich ist es auch nicht schlecht, situativ Mut zu zeigen. Löw tut dies ja auch und schafft es immer wieder, uns zu überraschen. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass Gündogan mitfährt. Ich hätte ebenso nicht damit gerechnet, dass Gomez spielt. Viele hätten nicht damit gerechnet, dass Hummels spielt.

Bei Reus auf rechts bin ich immer noch ein wenig skeptisch. Ebenso wie zB bei Götze auf links (was manche fordern)

Um dieses schnelle Direktspiel - dass wir alle so lieben - aufzuziehen, sind vertikal-denkene, explosive und unkompliziert spielende Flügelspieler nötig. Raumdeutung gelingt auf gewissem Niveau auch nicht von heute auf morgen. Reus und Götze hatten schon so ihre Probleme auf den Flügeln der N11. Am liebsten würde ich Reus mal im Sturmzentrum und Götze je nach Spielstand als Zwischenspieler neben Özil sehen.

Aber du hast recht: wenn sich im Hollandspiel nichts tut, dann sollte man die Chance relativ früh nutzen, einen Götze und Reus zu bringen. Auch auf den Flügeln. Mit ihrem Talent bringen sie natürlich auch auf dieser Position frischen Wind rein. Gerade bei fortgeschrittenen Spielverlauf könnten sie mit Frische und Unbekümmertheit für den nötigen Punch sorgen.
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hipiccolo
11.06.2012 | 20:11 Uhr
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hipiccolo : 
11.06.2012 | 20:11 Uhr
-1
hipiccolo : 
Bullshit
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