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29.06.2012 um 04:57 Uhr
Deutschland - Italien 1:2 (B)
Löws Wechsel nach der Pause umwehte ein Hauch von Reue. Er brachte mit Reus und Klose die Spieler, die von vielen Fachleuten als Initiatoren des Offensivzaubers im Griechenland-Match ausgemacht worden waren. Für die Spieler, die trotz ihrer Tore in den Gruppenspielen als spielerische und auch läuferische Schwachpunkte kritisiert wurden - was teilweise arrogante Empörung hervorgerufen hatte. Tatsächlich wurde das Angriffsspiel belebt, speziell Reus hatte sofort Bindung zum Spiel und bekam viele Bälle von seinen Kollegen. Allerdings ist es gegen eine italienische Abwehr traditionell beinahe unmöglich, einen 0:2 Rückstand aufzuholen. Alles hängt vom Zeitpunkt des Anschlußtreffers ab - der wiederum wollte nicht fallen. Buffon lenkte einen Freistoß von Reus an die Latte, Kapitän Philipp Lahm verzog in aussichtsreicher Position. Und je mehr das deutsche Team nach vorn werfen musste, desto größer wurde die Gefahr, sich den wirklich alles entscheidenden Konter einzufangen. Hier mussten die Jungs von Jogi Löw gegen Ende sogar froh sein, dass sich die Italiener im Abschluß zwei, dreimal etwas umständlich anstellten und knapp scheiterten. Oder manche Konter gar nicht mehr ausspielten. In den letzten Minuten spielte Manuel Neuer noch vorne mit, mehr als ein Handelfmeter sprang dabei aber nicht mehr raus. Özil verwandelte zum 1:2 Endstand und der große Traum vom Titel war geplatzt.


Interpretation und Schlußfolgerung

Lothar Matthäus sprach von reiferer Spielanlage und taktischer Überlegenheit auf Seiten Italiens. Mehmet Scholl hatte große Mühe damit, nicht das nächste öffentliche Feuer zu entfachen, in dem er mangelnden Charakter vorwarf. Ich denke, beide haben Recht. Der Aufwand, den Löw und sein Team betreiben ist immens, ebenso die Opfer, die die Spieler bringen müssen. Der Star der deutschen Mannschaft ist der Trainer. Der Star der Italiener, aber auch der Spanier, ist das Team. Die Schuld dafür möchte ich nicht diskutieren, aber es ist ein Faktum. Deutschland ist theoretisch in allem überlegen und darauf gern stolz. Infrastruktur, Professionalität, Kadertiefe. Doch in genau solchen Momenten scheint das alles für die Katz'. Während es bei den Spaniern wenigstens noch so ausschaut, als betrieben sie ebenfalls wahnsinnigen Aufwand für ihren Erfolg, machte das Spiel gegen Italien den zentralen Makel wieder deutlich: es fehlt bei allen Mühen die absolute Klasse. Eine Qualität, die sich Pausen gönnt, weil sie im richtigen Moment da ist und das auch weiß. Die Deutschen sind seit Jahren ständig am Drücker, immer wieder ist das Gerede von Dominanz und Überlegenheit, dem Beherrschen des Gegners nicht zu überhören. Aber in ihrem Eifer verschlafen sie pünktlich den wichtigen Moment. Immer wieder. Da kann man die Prioritäten durchaus in Frage stellen. Was will man? Kontrolle? Hörigkeit? Selbstständigkeit? Theoretisch ist man locker und tolerant und alle ein Team. Praktisch sind alle Spieler untertänige Angestellte, wird bei jeder Kleinigkeit, die gegen den großen Plan läuft, ein riesiges Faß aufgemacht. Jerome Boateng trifft vor der EM eine egale Bumsnudel. Wen juckts? Den deutschen Ordnungsgeist. Medien, Funktionäre, Bundestrainer. Bruder Kevin Prinz Boateng wurde vom DFB weggeschickt, er spielt nun für Ghana und ist einer der besten Spieler in Italiens Serie A. Warum wurde er weggeschickt? Weil er Charakter hat. Ein Mensch, der sich nicht von jedem alles sagen und gefallen läßt. Ausserhalb des Platzes - und genau so auch auf dem Platz. Dummerweise sind es mit gesunder Regelmäßigkeit gerade die, die in schwierigen Situationen Verantwortung übernehmen und zur Stelle sind. Doch einen Balotelli kann man sich in diesem Land nicht einmal ansatzweise vorstellen. Ein Matthias Sammer wird nicht müde zu betonen, dass man mündige Spieler wolle. Natürlich will man das. Theoretisch. In der Praxis hat das aber schnell mal seinen Preis und schon wirds schwierig, wird sich im Zweifel gegen das Risiko und für den Gehorsam entschieden. Solange diese Idee vom braven, ab und an kalkuliert frechen Fußball aufgeht, ist das natürlich alles richtig und die Medien übertreffen sich in Augenwischerei. Man darf nichts kritisieren, alles ist richtig, sozusagen perfekt. Nur nicht stören. Aber wer sich heute, nach einer brutalen Niederlage, mal die Benotungen etwa der Bild anschaut, sollte wissen, wo hier die wahren Vaterlandsverräter sitzen. Bei den Kritikern, die auch im Erfolgsfall mal den Mund aufmachen? Oder bei den allseits beliebten Schulterklopfern, die über Nacht zum Auspeitscher transformieren? Selbst ein Manuel Neuer bekommt da eine Vier, der umtriebige und stark kämpfende Lahm eine Fünf. Schweinsteiger eine Sechs. Das tut im Herzen weh.

Eventuell ist diese geisteskranke Hysterie gar die Ursache für den absoluten Hygiene- und Plangedanken, der in den letzten Jahren den deutschen Fußball und die gesamte Informationsaufbereitung des Landes dominiert hat. Jeder kleine Fehler ist ein Staatsakt - jeder große ist dann... eben auch nur ein Staatsakt. Eine Welt aus Schwarz und Weiß. Miro Klose sah schon vor dem Spiel den entscheidenden Vorteil für die Italiener: sie behalten sich bei aller taktischen Disziplin ihre Lockerheit. Vielleicht sollte da auch Angela Merkel mal drüber nachdenken.

Neuer 2,5
Boateng: 3
Hummels: 3
Badstuber 3
Lahm 3
Khedira 2,5
Schweinsteiger 4
Özil 3,5
Kroos 3
Podolski 4,5
Gomez 4,5
Reus 2,5
Klose 3,5
Müller 3,5

Aufrufe: 775 | Kommentare: 0 | Bewertungen: 0 | Erstellt:29.06.2012
ø 0
EM  |Deutschland  |Italien  |1:2  |(B)  |
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