Definition des modernen Torhüters

Hierbei führe ich mal ein Zitat des Bundestorwarttrainers Andreas Köpke auf:

„Er muss Fußball spielen können, möglichst mit links und rechts. Er muss ein Spiel lesen können, eine Art Libero spielen, Gegenangriffe einleiten, möglichst Abwürfe haben wie Manuel Neuer, nicht nur den Fünf-, sondern den 16-Meter-Raum beherrschen, eine Persönlichkeit haben und seine Abwehr bis hinein ins Mittelfeld dirigieren können."

Köpke fasst in dieser Aussage das Anforderungsprofil eines modernen Torhüters kompakt zusammen.

Zu den Interpreten dieses Torhüterspiels zähl(t)en Manuel Neuer, Edwin van der Saar und Jens Lehmann.

Abschließend noch die Vor- und Nachteile dieses speziellen Stils, sowie ein Hinweis auf den Gegenpart, den „Linienkleber" oder auch „Reflextorhüter".

Die Vorteile dieses Spielstils liegen darin, dass der moderne Vertreter des Torwartspiels Angriffe, insbesondere Bälle in die Schnittstellen der Abwehr, frühzeitig abfängt und manche 1 gegen 1-Situationen so gar nicht entstehen lässt. Weiter pflückt er im Idealfall zig Flanken ab, wodurch die Gefahr eines Kopfballgegentores natürlich elementar verringert wird. Die schnelle und saubere Spieleinleitung und die guten fußballerischen Fähigkeiten gewährleisten ein sicheres und im Falle eines eigenen Konters schnelles Aufbauspiel. Der moderne Torhüter ist in der Lage, den Spielfluss nicht zu unterbrechen.

Nun, wo liegen also die Nachteile dieses Torwartspiels? Sicherlich ist das moderne Torwartspiel ein risikoreiches, immer wieder ist zu beobachten, dass Torhüter bei ihren Ausflügen den Ball verpassen oder gar eine Notbremse tätigen und ihrem Team damit schaden. Allerdings sind dies nur geringe Nachteile, dem gegenüber stehen etliche Vorteile, sodass die wenigen Nachteile nicht sonderlich schwer wiegen. Schade ist jedoch, dass Torhüter, die Risiko in Kauf nehmen, in den Medien oftmals stark angegriffen werden, da sie eben Fehler produzieren, die dem Linienkleber nicht passieren. Zu den üblichen Torwartfehlern gesellt sich also eine weitere Fehlerquelle, die von den Medien gerne reichlich ausgeschlachtet wird. Die Vorteile dieses Torwartspiels werden dabei oftmals nicht berücksichtigt.

Nun zum Gegenpart des „Antizipationstorhüters". Dies ist der „Reflextorhüter". Sein Torwartspiel spielt sich hauptsächlich auf der Linie ab, stark ist er im 1 gegen 1 und auf der Linie, seine größte Stärke sind seine Reflexe. Als Vertreter dieses Torwartspiels galten oder gelten Torleute wie Kahn, Lloris oder Wiese. Da moderne Torhüter von gehobener Qualität nur rar gesät sind, findet dieser Typ Torhüter nach wie vor große Beachtung und Beliebtheit. Auch die Torwartausbildung scheint oftmals noch auf diesen Typ Torhüter ausgelegt zu sein. Einerseits weil die meisten Torwarttrainer noch zu dieser Generation Torhüter zählen, andererseits weil er schlichtweg einfacher auszubilden ist. Der gelobten Torwartschule des FCK beispielsweise entspringen zahlreiche „Reflextorhüter", auch der FCB bildetete unter Sepp Maier lediglich „Reflexkeeper" aus. Mit Hoek hat man nun einen anderen Weg eingeschlagen.

Nun stellt sich die Frage: Braucht wirklich jede Mannschaft einen modernen Keeper?
Diese Frage ist meiner Meinung nach mit „Nein" zu beantworten. Für Mannschaften, deren Abwehr tief steht, stellt ein moderner Keeper keinen großen Mehrwert da, d.h. seine Stärken können nicht optimal genutzt werden. Doch auch hier können Dinge wie schnelle Spieleröffnung äußerst hilfreich sein, die Qualität der Konter wird damit auf eine andere Ebene gehoben.

Abschließend ist also zu sagen, dass dieses Torwartspiel höchst anspruchsvoll für den Keeper ist und höchste Konzentration verlangt. Der Weg zum modernen Torhüter ist für einen Zögling ein anstrengender und steiniger. Aufgrund der zahlreichen Vorteile dieses Stils lohnt sich dieser Weg allerdings im Endeffekt immer.

Der moderne Torhüter – No risk, no fun!