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16.03.2012 um 21:05 Uhr
Der blanke Wahnsinn
Die Universität Münster spielt gerade gegen die Humboldt-Universität Berlin. Und parallel dazu trifft die TU München auf die Viadrina Frankfurt/Oder – Basketball der Hochschulsportmannschaften. Vier Sender übertragen live, 15.000 Zuschauer sind in der Halle, 7 Millionen Zuschauer schauen vor dem Fernseher zu. Unvorstellbar? Willkommen bei der March Madness – dem größten Sportereignis Amerikas.

68 Teams werden am sogenannten Selection Sunday bei einer Liveübertragung gegenüber gestellt. Aufgeteilt auf vier Regionen – Osten, Süden, Mittlerer-Westen und Westen trifft das beste Team auf das als schwächstes eingeschätzte Team, die Zweitbesten gegen die Zweitschlechtesten. Und kaum sind die Turnierbäume, genannt Brackets, komplett wird diskutiert. In Radiosendungen, Fernsehtalkshows, am Arbeitsplatz. Der Vorjahressieger, die Huskies der Universität Connecticut, nur an Rang 9 gesetzt? Warum wurden die Texas Longhorns eingeladen und das Team der Drexel-Universität in Philadelphia nicht? Und welches schlecht eingeschätzte Team kann einen Favoriten raus kegeln – also für einen Upset sorgen?

Man stelle sich vor: Angela Merkel tippt die Bundesliga-Saison

Bracketology, das diskutieren des Turnierbaums, wird zur Wissenschaft. Das Bracket, also den Turnierbaum bis zur Halbfinal-Serie Final Four und dem resultierenden Endspiel zu tippen, ist ein Nationalsport. Obwohl Glückspiel, auch zwischen Privatpersonen, in den USA in großen Teilen verboten ist, wechseln laut Time Magazine etwa 12 Milliarden US-Dollar im März den Besitzer, ein Großteil davon illegal. Sogar Präsident Barack Obama tippt vor laufenden Kameras mit – natürlich ohne Einsatz, fachsimpelt über die Verteidigung der Tar Heels der Universität North Carolina und das Geschick von Trainer Tom Izzo von den Michigan State Spartans. Man stelle sich das in Deutschland vor: Angela Merkel tippt die Bundesliga-Saison, erörtert die Titelchancen von Jürgen Klopp mit Borussia Dortmund oder die Perspektiven des Klassenerhalts des FC Augsburg.

Alleine durch Arbeitnehmer, die die Übertragungen der Spiele, die teilweise um 12 Uhr Ortszeit beginnen, am Arbeitsplatz verfolgen, gehen der US-Wirtschaft nach einer Studie 1, 8 Milliarden US-Dollar flöten. 500 Millionen ließen sich die Fernsehstationen die Übertragungsrechte kosten. Telekommunikationsanbieter AT & T, Finanzdienstleiter Capital One und Softdrink-Riese Coca-Cola sind die Premium-Sponsoren des College-Basketballs, ausgerichtet von der mächtigen NCAA – die Abkürzung der nationalen Vereinigung der Studentenathleten. Ein riesiges Geschäft für alle?

Die Spieler gehen leer aus

Es profitieren viele: Hallenbetreiber, Fernsehsender, nicht zuletzt die NCAA selbst. Die Spieler gehen leer aus. Sie müssen, strengen Richtlinien zufolge, Amateure sein, bekommen für ihren Einsatz lediglich ein Stipendium für die zugegeben teuren US-Universitäten. Erfolgreiche Teams wie Duke, Michigan State, die Universität von Kentucky oder Michael Jordans Alma-Mater die Universität North Carolina bieten zusätzliche Vorteile: Mit erfahrenen Trainern versprechen sie ihren Talenten eine steile Karriere in der NBA.

Wer mit solchen Reizen nicht locken kann, versucht es mit Zahlungen unter dem Tisch. Regelmäßig sorgen Schulen für Skandale, wenn sie dabei erwischt wurden, Athleten mit Geld oder anderen Prämien für ihre Mannschaft zu rekrutieren. Das Regelwerk ist streng: Potentielle High-School-Talente dürfen nur in bestimmten Zeiträumen kontaktiert werden. Sogar die Noten werden kontrolliert, Universitäten die eine zu geringe Quote an Absolventen haben, verlieren die Möglichkeit Stipendien anzubieten. Legendär die Anekdoten, wie Basketball-Talente mit unterdurchschnittlichem IQ auf Bestnoten getrimmt wurden. Da wird in einem Multiple-Choice-Test auch schon mal nach der Punktzahl für einen Erfolgreichen Wurf hinter der Drei-Punkte-Linie erfragt.

Favorit suspendiert Star

Für die letzten Schlagzeilen sorgte die Universität Syracuse aus dem Bundestaat New York. Die Oranges nahmen ihren Star-Center Fab Melo provisorisch aus dem Turnier – ohne Angabe von Gründen. Sofort schossen Spekulationen ins Kraut: Der Brasilianer sei bei Drogen-Tests aufgefallen. Die Chancen des Titelfavoriten Syracuse auf den nationalen Titel sind dementsprechend gesunken, selbst gegen die als schlechtestes Team gesetzte Universität North Carolina-Asheville mussten die Oranges in der ersten Runde lange um ein Weiterkommen bangen.

Gegen Spieler der Universität Auburn in Alabama ermittelt sogar das FBI. Der Verdacht: Wettbetrug. Durch die teilweise gewaltigen Stärkenunterschiede im Collegesport sind die Handicaps bei den Wettanbietern für die Favoriten dementsprechend hoch. Für Spieler ist es ein leichtes, dafür zu sorgen, dass ihr Team zwar gewinnt, aber deutlich unter dem Spread, also dem virtuellen Vorsprung des Außenseiters bleibt. Point-Shaving nennt sich das Ganze und bietet den Athleten gewaltige, natürlich illegale Verdienstmöglichkeiten. Mit dem Glanzlicht des größten Sport-Events der USA kommen eben auch alle Schattenseiten des professionellen Sports auf die Pseudo-Amateure zu.

Bei all der Kritik, seit Donnerstag regiert in den USA wieder der Basketball. Erst am 2. April steht der Sieger fest, das erste Wochenende des Turniers, das gerade läuft, gilt dabei jedoch als der Höhepunkt. Bis zu 16 Begegnungen pro Tag werden ausgetragen, bejubelt und diskutiert. Der blanke Wahnsinn im März.
Aufrufe: 2211 | Kommentare: 1 | Bewertungen: 5 | Erstellt:16.03.2012
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D12Howard
19.03.2012 | 12:59 Uhr
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D12Howard : 
19.03.2012 | 12:59 Uhr
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D12Howard : 
Kann mich Poohdini nur anschließen!
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