20.10.2011 um 14:47 Uhr
Der Büchsenwurf vom Bökelberg
8 Tage später, gab es dann Gewissheit. Das Spiel wurde annulliert und als Wiederholungsspiel auf einen neutralen Platz (Berlin) gelegt, Gladbach wurde des weiteren mit einer Platz- und Geldstrafe zur Rechenschaft gezogen.
Das Spiel in Mailand verlor die Borussia mit 2:4 und auch beim Wiederholungsspiel konnte man nicht annähernd an die Leistung des 20. Oktober anknüpfen, sodass man sich mit einem 0:0 begnügen musste und wie im Vorjahr in Runde 2 gescheitert war.
Dieses Urteil sorgte für Riesenaufregung in Fußballdeutschland. Niemand konnte verstehen, wie man eine ganze Mannschaft für die Untat eines Einzelnen zur Rechenschaft ziehen konnte. Der damalige HSV-Trainer Klaus Ochs ergänzte: „Das Urteil eröffnet dem Fanatismus Tür und Tor. Bald können alle Spiele durch Flaschenwerfer manipuliert werden."
Eine ganze Nation stand hinter den Borussen und hatte gleichzeitig ein hohes Maß an Hass gegenüber den Italienern aufgebaut.
Diese, die in Deutschland lebten, hatten Angst um ihren Job und wurden auf offener Straße beleidigt.
Was dieses Thema allerdings noch brisanter und vermutlich auch legendärer macht, sind die Details, die im Laufe der Jahre ans Licht kamen.
Die Kabine, in die Roberto Boninsegna getragen wurde, war nach dem Vorfall stundenlang hermetisch abgeriegelt. Nicht einmal UEFA-Inspektor Matt Busby hatte Zutritt, was die Vermutungen über eine Schauspielerei seitens der Italiener anheizte.
Auch die Identifizierung des Werfers war kurios. Manfred K. wurde noch im Stadion von der Polizei abgeführt. Seine Tochter wurde angegriffen, er erhielt Morddrohungen, wurde aber aufgrund mangels Beweisen nicht verurteilt.
Über 25 Jahre später aber, meldete sich ein anderer Augenzeuge bei der Polizei. Helmut Bähren gab zu Protokoll, dass der Werfer in jedem Fall ein Italiener gewesen sei. Dieser wollte wohl Hacki Wimmer treffen, da der aber einen Schritt zur Seite ging, wurde Boninsegna getroffen. Nun bleibt die Frage, wieso Manfred K. nie seine Unschuld beteuerte, sondern sich als Täter hinstellen ließ. „Angst, so sagt er, habe ihn davon abgehalten." Er fürchtete die Anwälte von Inter Mailand.
Was Bähren zusätzlich erzählt, lässt die Geschichte noch ungeheuerlicher werden.
„Boninsegna wollte weiterspielen, aber die Interärzte drückten ihn zurück auf den Boden!"
Auch diese Aussage ergibt Sinn, denn auch, wenn es zum Zeitpunkt des Vorfalls nur 2:1 stand, so waren die Fohlen doch die deutlich bessere Mannschaft. Inter merkte, dass es an diesem Tag nichts zu holen gab, also kam der Büchsenwurf genau zum richtigen Zeitpunkt.
All diese Unklarheiten, sorgen seit nunmehr 40 Jahren dafür, dass diese Geschichte, zumindest bei den Borussen-Fans, immer im Gedächtnis bleibt. Dass es keine Fernsehbilder gibt, passt zu diesem kuriosen Donnerstagabend in Mönchengladbach.
Nur einer, der diese ganze Szene aufklären könnte, schweigt.
Roberto Boninsegna (68), hat auch bis heute nicht einen Kommentar zu dem Vorfall abgegeben. Warum er dies nicht tut und ob er jemals etwas dazu sagen wird, weiß man nicht, aber eines ist sicher: Der 20. Oktober 1971 war Datum eines der dramatischsten Szenarien deutscher Fußballgeschichte und alle Gladbacher Anhänger werden heute mindestens einmal wehmütig zurückblicken und sich fragen, was ohne dieses Urteil möglich gewesen wäre und ob man es mit dieser Mannschaft auf den Fußballthron geschafft hätte?!
Doch vielleicht ist dies der springende Punkt, den wir erinnern uns, die Gladbacher Ästhetik handelt nicht vom Gewinnen, sondern vom Scheitern!
Nur der VfL
Lincecum4
Das Spiel in Mailand verlor die Borussia mit 2:4 und auch beim Wiederholungsspiel konnte man nicht annähernd an die Leistung des 20. Oktober anknüpfen, sodass man sich mit einem 0:0 begnügen musste und wie im Vorjahr in Runde 2 gescheitert war.
Dieses Urteil sorgte für Riesenaufregung in Fußballdeutschland. Niemand konnte verstehen, wie man eine ganze Mannschaft für die Untat eines Einzelnen zur Rechenschaft ziehen konnte. Der damalige HSV-Trainer Klaus Ochs ergänzte: „Das Urteil eröffnet dem Fanatismus Tür und Tor. Bald können alle Spiele durch Flaschenwerfer manipuliert werden."
Eine ganze Nation stand hinter den Borussen und hatte gleichzeitig ein hohes Maß an Hass gegenüber den Italienern aufgebaut.
Diese, die in Deutschland lebten, hatten Angst um ihren Job und wurden auf offener Straße beleidigt.
Was dieses Thema allerdings noch brisanter und vermutlich auch legendärer macht, sind die Details, die im Laufe der Jahre ans Licht kamen.
Die Kabine, in die Roberto Boninsegna getragen wurde, war nach dem Vorfall stundenlang hermetisch abgeriegelt. Nicht einmal UEFA-Inspektor Matt Busby hatte Zutritt, was die Vermutungen über eine Schauspielerei seitens der Italiener anheizte.
Auch die Identifizierung des Werfers war kurios. Manfred K. wurde noch im Stadion von der Polizei abgeführt. Seine Tochter wurde angegriffen, er erhielt Morddrohungen, wurde aber aufgrund mangels Beweisen nicht verurteilt.
Über 25 Jahre später aber, meldete sich ein anderer Augenzeuge bei der Polizei. Helmut Bähren gab zu Protokoll, dass der Werfer in jedem Fall ein Italiener gewesen sei. Dieser wollte wohl Hacki Wimmer treffen, da der aber einen Schritt zur Seite ging, wurde Boninsegna getroffen. Nun bleibt die Frage, wieso Manfred K. nie seine Unschuld beteuerte, sondern sich als Täter hinstellen ließ. „Angst, so sagt er, habe ihn davon abgehalten." Er fürchtete die Anwälte von Inter Mailand.
Was Bähren zusätzlich erzählt, lässt die Geschichte noch ungeheuerlicher werden.
„Boninsegna wollte weiterspielen, aber die Interärzte drückten ihn zurück auf den Boden!"
Auch diese Aussage ergibt Sinn, denn auch, wenn es zum Zeitpunkt des Vorfalls nur 2:1 stand, so waren die Fohlen doch die deutlich bessere Mannschaft. Inter merkte, dass es an diesem Tag nichts zu holen gab, also kam der Büchsenwurf genau zum richtigen Zeitpunkt.
All diese Unklarheiten, sorgen seit nunmehr 40 Jahren dafür, dass diese Geschichte, zumindest bei den Borussen-Fans, immer im Gedächtnis bleibt. Dass es keine Fernsehbilder gibt, passt zu diesem kuriosen Donnerstagabend in Mönchengladbach.
Nur einer, der diese ganze Szene aufklären könnte, schweigt.
Roberto Boninsegna (68), hat auch bis heute nicht einen Kommentar zu dem Vorfall abgegeben. Warum er dies nicht tut und ob er jemals etwas dazu sagen wird, weiß man nicht, aber eines ist sicher: Der 20. Oktober 1971 war Datum eines der dramatischsten Szenarien deutscher Fußballgeschichte und alle Gladbacher Anhänger werden heute mindestens einmal wehmütig zurückblicken und sich fragen, was ohne dieses Urteil möglich gewesen wäre und ob man es mit dieser Mannschaft auf den Fußballthron geschafft hätte?!
Doch vielleicht ist dies der springende Punkt, den wir erinnern uns, die Gladbacher Ästhetik handelt nicht vom Gewinnen, sondern vom Scheitern!
Nur der VfL
Lincecum4
Aufrufe: 3161 | Kommentare: 3 | Bewertungen: 2 | Erstellt:20.10.2011
ø 4.0
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
21.10.2011 | 19:55 Uhr
0
Das Wichtigste vorweg. Das Ganze habe ich selber geschrieben, habe das als Facharbeit in meinem Abiturjahr veröffentlicht. Ist also komplett auf meinem eigenen Mist gewachsen. Steckt aber natürlich ne Menge Arbeit hinter, da es für die Schule war. Kopiere mich demnach selber!
Was Boninsegna angeht habe ich in meiner damaligen Recherche mehrere Quellen gefunden, die besagen, dass er sich nie darüber geäußert hat, wie schwer er getroffen wurde und ob er wirklich, wie angegeben, 15 Minuten bewusstlos war. Ich denke, es wäre interessant, heute eine Meinung von ihm zu hören. Dass man ihn kurz nach der Partie sicherlich belagerte, um eine Meinung zu dem Vorfall zu bekommen ist klar, aber es wäre interessant, dieses Thema heute nochmal anzusprechen.
Er verhielt sich, soweit ich weiß, ein bisschen nach dem Politikerprinzip und traf keine klare Aussagen, damit man ihn nicht festnageln konnte.
0
22.10.2011 | 20:57 Uhr
0
xperte84 :
Natürlich kann es einem als Fußballfan nicht passen, wenn Spiele durch so eine Sache beeinflusst werden.Nichtsdestotrotz muss man sagen:
Wie im Fall St. Pauli - Schalke wurde auch hier für einen Becherwurf das Spiel am Tisch entschieden, sogar ohne Neuansetzung 2:0!
Wenn man heutige Maßstäbe nimmt hätte das damalige Spiel in Gladbach genauso gut ohne Neuansetzung sofort gg BMG gewertet werden können.
So gesehen hatte man ja noch die Chance in 2 Spielen sich durchzusetzen.
Wie gesagt, für einen Fußballfan natürlich eine Schande das Verhalten von Inter Mailand damals, aber heute wäre das Strafmaß dennoch härter
1
COMMUNITY LOGIN
Statistik
Aber mal Hand aufs Herz, dieser Blog ist doch kopiert oder?