Die Saison neigt sich langsam dem Ende entgegen und sie wird dabei von Tag zu Tag spannender.
Wer wird Meister?
Welcher Verein steigt ab?
Was macht mein Verein?
Bei aller Spannung macht sich aber auch Angst breit.
Die einen haben Angst vor dem drohenden Abstieg,
andere bedrückt die Angst, doch noch unten reinzurutschen.
Wieder andere zittern davor, doch noch die fast schon sicher geglaubten EC-Plätze zu verpassen oder gar die greifbare Meisterschaft zu verpassen.
So weit, so gut und ich gebe zu, es ist jedes Jahr das Gleiche und noch kein Grund für ein Blog.
Doch viele haben leider in der Zwischenzeit vergessen, was eigentlich am Anfang der Saison das Ziel war.
Anspruch (vor der Saison) und Wirklichkeit (zum derzeitigen Stand der Dinge) liegen oft gar nicht so weit auseinander, dennoch verschiebt sich gerade jetzt die (eigene) Perspektive und Wahrnehmung und leider auch der Umgangston. Auch und gerade hier.
Selbst Ergebnisse die vor ein paar Monaten noch als normal gehandelt worden wären, erreichen in der Zwischenzeit staatstragende Größenordnungen.
Da ist zum einen das vermeidliche Ausscheiden der Bayern gegen Barcelona. Obwohl den Bayern nur eine minimale Chance eingeräumt wurde, wird aus dem Ausscheiden jetzt ein Staatsakt erster Güte.
OK, über das wie kann man streiten, aber nicht über das.
Und es wird in der Presse und auch in den einschlägigen Foren über einander hergezogen, dass einem Angst und Bange werten kann.
Jeder beschimpft jeden.
Jeder weiß alles besser und keiner war Schuld.
Aber es sind nicht nur die Bayern und die Fans in den Foren. Es sind auch die Spieler, die beängstigende Verhaltensmuster an den Tag legen.
Schaut Euch Hoffenheim an.
Obwohl sich die Mannschaft, trotz Herbstmeisterschaft, lediglich den vor der Saison ausgegebenen Wunschplatzierungen annähert, gerät man dort dann doch sichtlich in Panik. Und nicht nur die diversen Roten Karten zeugen davon, dass die Spieler und Verantwortlichen dem dort entstandenen Erwartungsdruck nicht gewachsen sind.

Apropos Druck:
Um genau davor seine Spieler zu beschützen, redet Magath die Bayern in die Favoritenrolle um die DM. Und er wird damit durch kommen, denn die Bayern werden, wie gewohnt, dem Gerede glauben schenken und in Ihrer typischen "mir san mir"-Tour wieder Siege wie gegen schwache Frankfurter für das reale Leben halten. Er macht das also gänzlich anders als viele andere, die nur meckern und motzen. Und er wird dafür viel Sympathiepunkte sammeln und das Image seiens Vereins nach vorne bringen.

Aber mit dem Erreichen des Saisonabschlusses scheint der Realitätssinn zu schwinden und überall ersetzt zu werden durch Aktionismus.
Der Aktionismus zeigt sich halt in relativ normalen Vorgängen, wie z.B. der Situation Butt für Rensing im Bayern Kasten.
Es kam schon zig Mal vor, dass die vermeidliche Nummer eins den Posten räumen musste. Doch bei den Bayern wird daraus direkt ein Staatsakt erster Güte. Vielleicht auch ganz bewusst forciert, um die eigentlichen Probleme etwas zu vertuschen?
Wer weiß das von uns schon so genau einzuschätzen?
Auch bei den, dieses Jahr bisher relativ seltenen, Trainerentlassungen, spiegelt sich der Erfolgsdruck der Vereine wieder. Kein Erfolg, der Trainer muss zwangsläufig Schuld sein und deshalb sofort gehen.
Selbst Ohrfeigen im LIVE-Fernsehen werden akzeptiert und Ausreden gesucht und vermeidlich gefunden.

Alles Handlungen, die leider auch immer von Respektlosigkeit begleitet werden.
Poldi hat keinen Respekt vor seinem Kapitän. Vereinspräsidenten keinen Respekt vor ihren eigenen Entscheidungen, denn sie vergessen, dass sie den gerade gefeuerten Trainer ja geholt haben.
Die Presse hat keinen Respekt vor dem Torwart Butt, der immerhin auch ein sehr guter Torwart war und ist.
Der Respekt vor dem Anderen und seinen Leistungen, rückt so leider immer weiter in den Hintergrund und es zählt nur noch das schnelle hier und jetzt.
Wilder Aktionismus ersetzt strategisches Denken und Handeln.

Und da wären dann auch wir als Fans.
Ja, auch ich stehe zu meinem Verein.
Ja, auch mein Verein muss mit Niederlagen kämpfen und mit, wie ich finde teilweise dummer, Kritik umgehen.
Doch muss wirklich jede Meinung, solange sie gegen den eigenen Verein geht, von mir als Fan bewertet und abgestraft werden.
Eagl, ob sie gerechtfertig ist oder nicht?
Jede Meinung verdient Respekt!

Und sollte man diese (gerade auch andersartige) Meinung nicht viel besser als Anregung verstehen, z.B. in dem man sich Fragen stellt, wie:
Hat der Kritiker nicht vielleicht sogar Recht, zumindest in Teilen?
Wie kann die Kritik mich und meine Meinung zu den Dingen weiterbringen?
Kann man die angesprochenen Punkte nicht in der Tat einmal hinterfragen und so seine eigene, ganz fangerechte, Meinung selbstkritisch hinterfragen und die eigene Sichtweise so sogar verbessern?
Kann ich das Geschehen rund um meinen Verein überhaupt neutral einschätzen und sachlich analysieren?

Und das alles, ohne dabei gleich zum HB-Männchen zu werden und diverse Blogs ins Leben rufen, in dem jeder Kritiker gebasht wird, als gebe es kein Morgen und keinen Anstand mehr in dieser Welt!
Mein Appell an Euch:
Geht bitte in Zukunft mit Sachlichkeit und Verstand an Kritik an Euch und/oder euren Verein heran. Verständnis und Selbstkritikfähigkeit sind Tugenden und keine ansteckenden Krankheiten.
So, für alle, die es nicht verstanden haben, worum es mir hier geht:
Gebt mir einen Punkt und Tschüss.
Für alle, die es verstanden haben:
Ich freue über jede offen formulierte Kritik mindestens genauso, wie über ein Lob.

Und ja, wenn Ihr fragt, warum ich dies schreibe?
Weil auch ich als HSV-Fan gerade in dieser Zeit einen dicken Hals kriege, wenn nach einer unglücklichen Auswärtsniederlage beim 5ten der BL eine ganze Saison in Frage gestellt wird.
Doch muss ich deshalb gleich überall rumweinen und mich beschweren?
Muss ich nicht, denn mir hilft diese Kritik auch immer wieder, mir das ursprüngliche Ziel meines HSV ins Gedächtnis zu rufen.
Wir, als HSV, hatten vor der Saison das realistische Ziel in den UEFA-Cup zu kommen (und mit 7 Punkten vor Platz 6 scheint das zu klappen) und vielleicht sogar die CL-Teilnahme zu schaffen. Auch dieses Ziel haben wir nach wie vor in Reichweite.
Das wir darüber hinaus im DfB-Pokalhalbfinale stehen und vielleicht dann sogar im UEFA-Cup-Halbfinale, nehmen wir als Geschenk. Und wir sehen die gesamte Saison als Entwicklung innerhalb der Mannschaft an. Hoffentlich auch dann, wenn wir dieses Jahr dann doch vielleicht noch alles verspielen und keinen der erhofften und scheinbar so greifbaren Titel einfahren.
Das wäre sehr traurig, dennoch kein Halsbruch.
Denn es wäre die Chance, Sportsgeist zu zeigen und dem geleisteten, auch ohne Pokal, den gehörigen und verdienten Respekt zu zollen!

Danke Jungs, ihr seid großartig, würdige Vertreter eines großartigen Vereins und ich bin Stolz auf Euch.
Nur der HSV!