01.04.2010 um 22:30 Uhr
Ciao a tutti!
Derzeit befinde ich mich im netten kleinen Adria-Örtchen Cesenatico, zwischen Bologna und Ancona. Außer an Wochenenden mit zweistelligen Temperaturen ist hier vor Ostern ungefähr so viel los wie bei Fußballspielen von Unterhaching II.
Das ist aber nicht weiter schlimm, denn wir sind ja hier im Trainingslager und nicht auf einem Junggesellenausflug. Cesenatico ist übrigens die Heimatstadt vom kleinen Piraten – Marco Pantani. Trotz seiner zweifelhaften sportlichen Vergangenheit wird er hier auch posthum nach wie vor mehr als nur verehrt: Eine Straße ziert seinen Namen, sein Konterfei schmückt nicht nur die Ortseinfahrt und Höhepunkt ist das Pantani-Museum direkt neben dem Bahnhof.
Schwer vorstellbar, dass es in Deutschland mal die Jan-Ullrich-Straße oder den Katrin-Krabbe-Platz geben wird. Aber man kann auch kaum von ähnlichen Mentalitäten ausgehen wenn man in dem einen Land seit Jahren an einem Mann festhält, der in so ziemlich jedes Fettnäpfchen getreten ist, das irgendwo auftaucht, dem diverse Affären nachgesagt werden und der von Politik über Massenmedien bis zum Sport so ziemlich alles manipu – äh – kontrolliert.
Und im anderen Land? Nun ja, dort regiert das Traumduo Angie und Guido und ich bin ehrlich gesagt froh, dass sie "nur" Politik machen...
Die Italiener vergötter(te)n ihren Don Silvio ja angeblich deshalb, weil sie selbst gerne so wären, oder teilweise so sind wie er. Meiner Meinung nach führt das aber zumindest dann zu weit, wenn man sogar die Innenausstattung der Hotels danach ausrichtet: Hier hat irgendwie alles Miniaturformat! Die Dusche in meinem Zimmer kann ich nur so wieder verlassen wie ich reingekommen bin, drehen ist leider nicht möglich – überflüssig zu sagen, dass meine Füße mangels Erreichbarkeit einer Nachbehandlung im Waschbecken bedürfen.
Passend dazu ist übrigens auch der Fernseher gestaltet, ich weiß nicht ob man das auf dem Photo erkennen kann aber ich sag mal so: Jeder Bildschirm der in die Kopfstütze der Vordersitze von Luxusautos eingelassen ist verfügt über eine größere Bildschirmdiagonale...!
Jetzt ist aber genug mit meckern, schließlich soll nicht der Eindruck erweckt werden ich fühle mich hier nicht wohl, außerdem hat das Land auch diverse Vorzüge, die ich sehr wohl zu schätzen weiß. Fangen wir mit dem Essen an: Wunderbar! Während der Erhalt von guter Pasta in deutschen Restaurants einem Lottogewinn gleichkommt, schaffen das hier selbst die kleinsten und unauffälligsten Läden perfekt. Auch sonst weiß sich der Italiener durchaus zu ernähren, Essen wird hier zelebriert und nicht zur Energieaufnahme degradiert wie es in unseren Gefilden teilweise der Fall ist.
Ebenfalls sensationell sind hier die täglichen Sportzeitungen. Corriero dello Sport, Gazetta dello Sport, Tutto Sport – um nur die drei größten zu nennen. Tag für Tag liest man hier die Neuigkeiten aus der Welt der Leibesübungen, zusammengefasst auf einer vergleichbaren Seitenzahl wie bei uns die normalen Tageszeitungen. Heute wurde in diesen Zeitungen bereits das am Vorabend um 22.30 Uhr zu Ende gegangenen Championsleaguespiels in epischer Breite analysiert, inklusive der obligatorischen Bewertung der einzelnen Spieler mit Noten von 1 – 10.
Die einzigen lesenswerten Sportteile der Tageszeitungen in Deutschland haben bereits kurz nach der Mittagspause Redaktionsschluss, Ergebnisse über Europapokalspiele sucht man am Tag danach vergebens. Kein Wunder, dass das Internet den Zeitungen immer mehr den Rang abläuft!
Doch nicht nur Fußball füllt den Inhalt der Sportblätter. So wird neben den obligatorischen 30 Seiten über Milan, Inter und Co zum Beispiel jeden Tag dem Volleyball eine halbe Seite gewidmet. Bei uns werden schon aufgeregte Massenmails innerhalb der Volleyballgemeinde verschickt wenn sich in irgendeine überregionale Zeitung ein Volleyballartikelchen verirrt hat...
Warum hat sich eine tägliche Sportzeitung eigentlich nie in Deutschland etabliert? Wir haben noch ein paar Einwohner mehr als der Stiefel und bei uns hat doch sogar die Liveübertragung eines Drittligaspiels am Sonntagvormittag eine höhere Einschaltquote als die restlichen Sendungen - Günther, Thommy und F. Silbereisen einmal ausgenommen...! Ich würde die jedenfalls abonnieren und das habe ich nicht erst festgestellt, nachdem ich mich heute morgen dabei ertappt habe wie ich versuchte, den Artikel über ein Faustballspiel der zweiten italienischen Liga zu entziffern. Also: Nur Mut, Springer, DuMont und Co! Wenn sogar Zeitschriften über Taubenzucht und Hochseeangeln sowie der Focus printmedientechnisch relevant sind, dann kann man doch auch die Sportsüchtigen gewinnbringend und täglich mit frischer Kost versorgen!
Apropos Kost: Die steht seit einigen Minuten in dampfender Form vor mir, werde sie mir jetzt schmecken lassen und überlegen ob zumindest das innenpolitische Leben in Deutschland mit einem Berlusconi als Kanzler nicht vielleicht durchaus unterhaltsam wäre!? Vielleicht wird Silvios Treiben als TV-Doku ("Silvio außer Rand und Band") aufgezeichnet, Guido moderiert auf Englisch und im Abspann klatscht Angie noch mal Beifall wie während der WM-2006 – das wäre ein Spaß...
Beste Grüße,
Euer Jonas
Das ist aber nicht weiter schlimm, denn wir sind ja hier im Trainingslager und nicht auf einem Junggesellenausflug. Cesenatico ist übrigens die Heimatstadt vom kleinen Piraten – Marco Pantani. Trotz seiner zweifelhaften sportlichen Vergangenheit wird er hier auch posthum nach wie vor mehr als nur verehrt: Eine Straße ziert seinen Namen, sein Konterfei schmückt nicht nur die Ortseinfahrt und Höhepunkt ist das Pantani-Museum direkt neben dem Bahnhof.
Schwer vorstellbar, dass es in Deutschland mal die Jan-Ullrich-Straße oder den Katrin-Krabbe-Platz geben wird. Aber man kann auch kaum von ähnlichen Mentalitäten ausgehen wenn man in dem einen Land seit Jahren an einem Mann festhält, der in so ziemlich jedes Fettnäpfchen getreten ist, das irgendwo auftaucht, dem diverse Affären nachgesagt werden und der von Politik über Massenmedien bis zum Sport so ziemlich alles manipu – äh – kontrolliert.
Und im anderen Land? Nun ja, dort regiert das Traumduo Angie und Guido und ich bin ehrlich gesagt froh, dass sie "nur" Politik machen...
Die Italiener vergötter(te)n ihren Don Silvio ja angeblich deshalb, weil sie selbst gerne so wären, oder teilweise so sind wie er. Meiner Meinung nach führt das aber zumindest dann zu weit, wenn man sogar die Innenausstattung der Hotels danach ausrichtet: Hier hat irgendwie alles Miniaturformat! Die Dusche in meinem Zimmer kann ich nur so wieder verlassen wie ich reingekommen bin, drehen ist leider nicht möglich – überflüssig zu sagen, dass meine Füße mangels Erreichbarkeit einer Nachbehandlung im Waschbecken bedürfen.
Passend dazu ist übrigens auch der Fernseher gestaltet, ich weiß nicht ob man das auf dem Photo erkennen kann aber ich sag mal so: Jeder Bildschirm der in die Kopfstütze der Vordersitze von Luxusautos eingelassen ist verfügt über eine größere Bildschirmdiagonale...!
Jetzt ist aber genug mit meckern, schließlich soll nicht der Eindruck erweckt werden ich fühle mich hier nicht wohl, außerdem hat das Land auch diverse Vorzüge, die ich sehr wohl zu schätzen weiß. Fangen wir mit dem Essen an: Wunderbar! Während der Erhalt von guter Pasta in deutschen Restaurants einem Lottogewinn gleichkommt, schaffen das hier selbst die kleinsten und unauffälligsten Läden perfekt. Auch sonst weiß sich der Italiener durchaus zu ernähren, Essen wird hier zelebriert und nicht zur Energieaufnahme degradiert wie es in unseren Gefilden teilweise der Fall ist.
Ebenfalls sensationell sind hier die täglichen Sportzeitungen. Corriero dello Sport, Gazetta dello Sport, Tutto Sport – um nur die drei größten zu nennen. Tag für Tag liest man hier die Neuigkeiten aus der Welt der Leibesübungen, zusammengefasst auf einer vergleichbaren Seitenzahl wie bei uns die normalen Tageszeitungen. Heute wurde in diesen Zeitungen bereits das am Vorabend um 22.30 Uhr zu Ende gegangenen Championsleaguespiels in epischer Breite analysiert, inklusive der obligatorischen Bewertung der einzelnen Spieler mit Noten von 1 – 10.
Die einzigen lesenswerten Sportteile der Tageszeitungen in Deutschland haben bereits kurz nach der Mittagspause Redaktionsschluss, Ergebnisse über Europapokalspiele sucht man am Tag danach vergebens. Kein Wunder, dass das Internet den Zeitungen immer mehr den Rang abläuft!
Doch nicht nur Fußball füllt den Inhalt der Sportblätter. So wird neben den obligatorischen 30 Seiten über Milan, Inter und Co zum Beispiel jeden Tag dem Volleyball eine halbe Seite gewidmet. Bei uns werden schon aufgeregte Massenmails innerhalb der Volleyballgemeinde verschickt wenn sich in irgendeine überregionale Zeitung ein Volleyballartikelchen verirrt hat...
Warum hat sich eine tägliche Sportzeitung eigentlich nie in Deutschland etabliert? Wir haben noch ein paar Einwohner mehr als der Stiefel und bei uns hat doch sogar die Liveübertragung eines Drittligaspiels am Sonntagvormittag eine höhere Einschaltquote als die restlichen Sendungen - Günther, Thommy und F. Silbereisen einmal ausgenommen...! Ich würde die jedenfalls abonnieren und das habe ich nicht erst festgestellt, nachdem ich mich heute morgen dabei ertappt habe wie ich versuchte, den Artikel über ein Faustballspiel der zweiten italienischen Liga zu entziffern. Also: Nur Mut, Springer, DuMont und Co! Wenn sogar Zeitschriften über Taubenzucht und Hochseeangeln sowie der Focus printmedientechnisch relevant sind, dann kann man doch auch die Sportsüchtigen gewinnbringend und täglich mit frischer Kost versorgen!
Apropos Kost: Die steht seit einigen Minuten in dampfender Form vor mir, werde sie mir jetzt schmecken lassen und überlegen ob zumindest das innenpolitische Leben in Deutschland mit einem Berlusconi als Kanzler nicht vielleicht durchaus unterhaltsam wäre!? Vielleicht wird Silvios Treiben als TV-Doku ("Silvio außer Rand und Band") aufgezeichnet, Guido moderiert auf Englisch und im Abspann klatscht Angie noch mal Beifall wie während der WM-2006 – das wäre ein Spaß...
Beste Grüße,
Euer Jonas
Aufrufe: 2732 | Kommentare: 12 | Bewertungen: 23 | Erstellt:01.04.2010
ø 9.6
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
07.04.2010 | 12:14 Uhr
0
donluka :
Ich bin urlaubsbedingt auch jetzt erst auf Deine Blogs gestoßen und muss sagen, dass mich der Stil auch sehr anspricht!
10P!
0
COMMUNITY LOGIN
Statistik
Ich hab Volleyball gespielt, damals in der Schule und leider den Fußball vorgezogen. Ich bin 1,94 m groß und wäre ein viel besserer Volleyballer als Fußballer geworden.