Es gibt Funktionäre im großen Geschäft des Fußballs, von denen weiß man ganz genau, was sie so den lieben langen Tag tun oder zumindest tun sollten, wie z. B. bei FCB-Coach Pep Guardiola oder Gladbach-Manager Max Eberl. Dann gibt es da Funktionäre, bei denen man gar nicht wissen will, was die so den ganzen Tag tun, obwohl oder gerade auch weil man eben weiß, was sie eigentlich tun sollten. Man frage nach in Nyon. In der Bundesliga gibt es da aber einen Mann, bei dem niemand so richtig weiß, was er eigentlich tun sollte, aber jeder weiß, was er tut. Denn Matthias Sammer sorgt dafür, dass du mitbekommst, was er macht. Und das er wütend ist. Sehr wütend sogar.
Laut Wikipedia und seinem Arbeitgeber ist Sammer seit 2012 Sportvorstand beim FC Bayern München. Ein guter Job, den er nicht allzu schlecht ausführt. In den vergangenen Jahren haben sich die Bayern auf dem internationalen Transfermarkt ähnlich aktiv gezeigt wie einst Gina Wild vor der Kamera. Mit Javi Martinez, Juan Bernat, Thiago Alcantara, Arturo Vidal, Douglas Costa, Mehdi Benatia und Xabi Alonso kamen klangvolle Namen, garniert mit Mario Götze und Robert Lewandowski. Sammer ärgerte so seinen BVB, mit dem er einst Meister wurde, und initiierte eine Feindschaft, von welcher vor allem der Rekordmeister selbst profitierte.
Wie groß Sammers Anteil am Erfolg der Bayern ist, wird nie geklärt werden. Ex-BVB-Trainer Jürgen Klopp sagte einst, Bayern hätte ohne Sammer nicht einen Punkt weniger auf dem Konto. Auslöser damals, eine typische Sammer Hass-Tirade, als er staubtrocken allen anderen Bundesligisten falsches Training und fehlenden Ehrgeiz vorwarf.
Aktuell ist Sammer erneut weit über seinen Ruhepuls von 220 hinaus. Grund: Die unruhige Vorbereitung des FC Bayern. Natürlich für jeden objektiven Beobachter ein absolut hochgepushtes Szenario. Der große FCB verlor zwei unwichtige Testspiele im Elfmeterschießen und auch im Supercup verfehlte der Rekordmeister den Erfolg im Elfmeterschießen gegen den VfL Wolfsburg. Dazu die Zukunft von Trainer Pep Guardiola, die weiterhin so nebulös erscheint, wie sonst nur schottische Landschaften im Herbst. In Zeiten des Sommerlochs ist das ein Cocktail, der Unruhe garantiert wie Kleinkinder in Erwartung des Eiswagens.
Also hetzte Sammer nun wieder los. Das alles sind nur kleine Hunde, die uns an Bein pieseln wollen. Rumms! Ein liebevoll hassender Gruß an die Medien und nicht zuletzt die westfälischen Freunde aus Dortmund im speziellen Lieblingsfeind Hans-Joachim Watzke. Der BVB-Präsident hatte zugegeben, dass er sich ein Engagement von Klopp an der Isar vorstellen könne.
Das alles sind nur kleine Hunde, die uns an Bein pieseln wollen. Rumms! Die Vergangenheit beweist: ein ganz normaler Satz im Leben des Matthias S. Ein Satz, den jeder Bundesliga-Trainer vor dem Spiel seiner Mannschaft gegen den Rekordmeister an jeden einzelnen Spind seiner Spieler nageln sollte. Zusammen mit dem Sammer-Klassiker: Wird denn woanders auch jeden Tag akribisch trainiert, als würde es kein Morgen geben? Weitere Motivationskünste wären nicht von Nöten.
Weniger Demut vor dem Branchenprimus hatte beispielsweise Watzke vor wenigen Tagen gefordert, Sammer hat dies nun selbst lanciert. Die Konkurrenz muss die Chance nun nutzen. Ganz ohne akribisches Training.
Dennoch, Sammer beherrscht das Spiel mit den Medien. Und zwar grandios. In den richtigen Momenten schießt er mit Pfeilen auf dKonkurrenz und andere - aus seiner Sicht - Störenfriede, nur um das Team selbst aus der Schusslinie zu nehmen. Vor einigen Jahren wurde Mark van Bommel zum Aggressive Leader des FC Bayern erhoben. Nun haben die Bayern einen neuen Leader neben dem Platz. Einer der in unruhigen Wochen dazwischen haut wie einst Uli Hoeneß. Ein Pressesprecher mit großer Klappe. Und rotem Kopf. Wieder eine Parallele zu Uli Hoeneß. Sammer liebt den Erfolg. Dafür ist er auch zum FCB gegangen und hat sich seinen BVB als Feind gewählt. Sammer war als Trainer und Spieler ein unangenehmer Gegner. Daran hat sich nichts geändert.
Noch heute würde man ihm zweifelsohne zutrauen, dass er im Champions League-Finale kurz vor Schluss jenseits des Seitenaus den portugiesischen Innenverteidiger Pepe von Gegner Real Madrid rotzfrech ansatzlos über die Barrikade grätscht. Anschließend schnauzt er den vierten Offiziellen an, er habe lediglich den Ball gespielt, schnappt sich diesen aus den Händen von Philipp Lahm, führt den Freistoß, den der Schiedsrichter den Bayern aus Angst zugesprochen hat, selbst aus und bereitet somit den entscheidenden Treffer von Thomas Müller vor. Während er sich immer noch schimpfend auf die Ersatzbank setzt, weil Müller den Ball nicht einwandfrei getroffen hat, hört man Pep nur jubeln Supersuper Sammer.
Sammer erhält die selbstbewusste, ja teilweise ins arrogante ausartende Seite des FC Bayern am Leben. Die Hyde-Persönlichkeit des Rekordmeister-Jekyll. Die dunkle Gesichtshälfte des FCB-Two-Face. In einer glattgebügelten Fußballlandschaft eckt Sammer an als einer der letzten Typen im Geschäft. Weil er es will und kann. In Zeiten, in denen prägende Vereinsikonen wie Bastian Schweinsteiger und Uli Hoeneß plötzlich fehlen, ist Sammer eine letzte wahre Identifikationsfigur. Nur ob man sich mit ihm identifizieren möchte, sei jedem selbst überlassen. Man liebt oder hasst ihn, wie eben auch den FC Bayern. Man liebt oder hasst ihn. Sammer lässt jeden den FCB weiter hassen. Allein dafür darf er gerne bleiben.
Auch als Bayern Fann kann ich Sammer einfach nicht ausstehen, für mich ein Ekelpaket wie es im Buche steht. Aber auch ich muss sagen das er. im Gegensatz zu Nerlinger, die Medien im Griff hat. Er ist der Lautsprecher den die Bayern für ihre Imagepflege brauchen. Jemand der sich mit anderen Clubbossen und der Presse ungeniert anlegen kann ohne das Echo fürchten zu müssen.
Natürlich macht Sammer einen Job wie jeder andere Sportdirektor, nur wird eben Sammer medial viel stärker wahrgenommmen.
Für die Transfers in seiner Zeit kann man Sammer auf jeden Fall beglückwünschen. Da hat er echt einen guten Job gemacht. Ok, Kroos verlässt kurzfristig den Club, da wird in kürzester Zeit mal eben ein Alonso als Übergangslösung präsentiert. In einem total überhitzten Transfermarkt wo jeder offensive Durchschnittskicker gefühlt min. 50 Mio kostet, zaubert der FC Bayern einen Douglas Costa für 30 Mio aus dem Hut. Benatia hat auch oft genug angedeutet was in ihm steckt, wenn er nur mal von den Wehwehchen verschont bleiben würde. Vidal für "nur" 37 Mio, ein regelrechter top Transfer für einen derart flexibel einsetzbaren und dominanten Mittelfeldspieler. Mittelfeldtalente wie Thiago gibts nur ganz ganz weniger auf der Welt, da hat man die Ausstiegsklausel clever genutzt und selbst das stolze Barca für einen Moment ins Tal der Tränen gestürzt. Benatia war für schlappe 10 Mio sogar ein richtiger Traumtransfer. Was der gezeigt hat war für den günstigen Preis schon sagenhaft.
Nach den Kindertransfers, welche Sammer sonst zugesprochen wurden, wie Rode, Kirchhoff, Kimmich und Konsorten, hat er dieses Jahr wohl auch den Costa Transfer eintüten dürfen, welcher auch kein schlechtes Kaliber ist. Mittlerweile glaubt man schon, dass Sammer was zu melden hat, da er auch nicht mehr von KHR öffentlich zurück gepfiffen wird. Hat sich etabliert der Unsympath ^^
In einem Punkt stimme ich uneingeschränkt zu: In seinem öffentlichen Auftreten ist er ein anderes Kaliber als der glücklose Christian Nerlinger.
Ich würde auch noch die Verpflichtung der Spürnase Michael Reschke auf sein Konto verbuchen. Warum die in der Lobhudelei nicht erwähnt wurde, ist mir schleierhaft.
Daß der FC Bayern in den letzten drei Jahren, bis auf Kirchhoff, keinen Flop verpflichtete, ist augenscheinlich. Aber: den Transfer von Martinez hat Nerlinger eingeleitet, Sammer ihn lediglich eingetütet. Thiago war der ausdrückliche Wunschspieler von Guardiola, "entdeckt" hat ihn Sammer also mit Sicherheit nicht.
Man darf auch nicht vergessen, daß für viele Spieler der internationalen Klasse nicht nur der Verein klangvoll ist, sondern auch der Trainer. Ich bezweifle, daß Juan Bernat unter einem anderen Trainer in die BL gegangen wäre.
Was der Text vollkommen ignoriert, ist die Jugendarbeit, die auch in das Ressort des Sportvorstands Sammer fällt. Die ersten drei Jahre waren weder von Erfolg noch von Kontinuität geprägt. Das zieht sich runter bis mindestens zur U17. Ich habe allerdings den Eindruck, daß vor der Saison mit Heiko Vogel als Amateure-Trainer und Supervisor für die U-Mannschaften die richtige Entscheidung getroffen wurde. Inwieweit Uli Hoeneß da federführend war, wissen wir allerdings nicht. Es ist nur auffällig, wie häufig Vogel den einstigen Manager und Präsidenten erwähnt...
Und zum Schluss: der Vergleich mit Schweinsteiger hinkt mehr als weiland Goebbels. Wenn der Verein noch Identifikationsfiguren hat, sind das Thomas Müller, Philipp Lahm und Hermann Gerland.
Sammer mag dieses unselige "Mia san mia" sehr gut verkörpern, aber das erhebt ihn noch lange nicht zur Ikone.