Edition: Suche...
13.07.2010 um 19:02 Uhr
"Keep your f*** head down!"
Wenn der Amateur mit dem Ryder-Cup-Hero golft...

Colin Montgomerie hat keine Hand frei. In der linken trägt der Schotte ein Sandwich, in der rechten einen Pappbecher. Er marschiert Richtung Clubhaus. Monty hat stets die gleiche Schrittlänge. Er bewegt sich fort, als wolle er die Yard-Angaben der Golfplätze dieser Welt persönlich nachmessen. Sein Gang ähnelt der einer Ente. Nicht so watschelig wie der von Angel Cabrera, aber doch ein bisschen.

Sei's drum, jedenfalls kommt Monty vollbeladen an in München-Eichenried. Sein Caddy hat 5 Meter Rückstand auf den Chef, der sich der Eingangstüre des Clubhauses nähert. Ich erkenne die Situation. Monty braucht Hilfe. Nur mit dem kleinen Finger versuchen, die Klinke runterdrücken, kann nicht funktionieren. Der Pappbecher hängt gefährlich schief, gleich tropft der Kaffee auf Montys beige Hose. Ich mache ihm die Tür auf. "Thanks, man", sagt der Ryder-Cup-Captain. Monty ist gut gelaunt an diesem Mittwochmorgen im Norden von München. Kein Wunder. Nach vier Wochen scheint im Süden Deutschlands mal wieder die Sonne, rechtzeitig vor Beginn der BMW International Open.

Was ich einen Tag vor Turnierstart in Eichenried zu suchen habe? Nun ja, ich hatte, sagen wir mal, megagroßes Glück. Ein Freund hat mir einen Platz beim Pro-Am verschafft. 48 Professionels spielen am Mittwoch eine Proberunde, jeder bekommt drei Amateure in den Flight gesteckt. Am Vorabend war die Auslosung in der nagelneuen BMW World in München. Die Golfkundschaft mag's gerne hypertroph. Champagner statt Bocksbeutel. Boeuf bourguignon statt Pommes Schranke. Sei's drum, ich bin nicht zum futtern da. Aber schon nett hier. Bernhard Langer, Sergio Garcia und Monty geben sich die Ehre.

Nach stupidem Promiglotzen und einigen Gläsern Veuve Cliquot geht's ans Eingemachte. Mein Flight hat die Losnummer 16. Wird die 16 gezogen, dürfen wir uns einen Pro aussuchen. Es geht los: Alvaro Quiros - weg. Martin Kaymer - weg. Ernie Els - weg. Kruzifix, langsam gehen die Stars aus! Dann die 16. Ein Blick auf Best of the Rest. Er ist noch zu haben. Mein ganz persönlicher Held. Der Knuddelbär der Szene: DARREN CLARKE.

Mittwoch, 7.45 Uhr: Ich habe gerade Montys beige Hose vor einer echten Sauerei bewahrt. Meine Fresse, bin ich nervös. Ich, der Amateur mit Hcp. 8,3 darf mit den großen Jungs losziehen. 8.20 Uhr, Tee 1: Darren Clarke, ich und meine zwei Kumpels. Ich hab mich rausgeputzt heute: Gebügeltes Shirt mit Kragen, dazu so ne spießige Golferhose und frisch gewienerte Schuhe.

Was mach ich die halbe Stunde noch, bis es losgeht - außer dem albernen Gequalme vor lauter Aufregung? Putten, ich geh putten. Vor dem Übungsgrün steht ein Schild: "Players only". Jetzt komme ich mir schon lässig vor: Ich bin heute mal nicht Plebs-Mitglied, sondern PLAYER! Der erste Putt rauscht gleich 4 Meter übers Loch. Der Golf-Normalo spielt in der Regel auf Grüns, die mit diesen nicht im Ansatz etwas gemeinsam haben. Der Profi spielt auf geschliffenen Grüns, hart wie Marmor. Ein Genuss, wie der Ball auf der Linie bleibt!

Um mich rum versammelt sich die geballte Kompetenz. Rafa Echenique, Argentinien. Der hat im letzten Jahr am 72. Loch in Eichenried einen Albatros gespielt. Alvaro Quiros, Spanien. Longhitter, Frauenschwarm, coole Sau und Weltranglisten-40. Und da kommt er, mein Held: Darren Clarke. Soll ich mich schon mal anbiedern? Lieber nicht, dieses Geilsein auf Promis ist unausstehlich.

8.07 Uhr. Vor uns schlägt Robert Karlsson ab. Seine Mitspieler kommen zusammen auf knapp 200 Jahre. Da hat Clarke mit mir (33) und den anderen Jungs (35 und 43) mehr Glück. Darren betritt die Bühne: "You are with me?" "Yes. My name is Thomas, great pleasure, Darren." Clarkes Caddy Brendon stellt sich vor. Ein herrlicher Typ. Klein, dürr, mit erstklassigem britischen Humor ausgestattet.

Der Profi Clarke beginnt. Er verzieht seinen Drive leicht nach rechts. Ich bin als nächster dran. Knapp 25 Augenpaare sind auf mich gerichtet. Clarke, Brendon, meine Kumpels, Fotografen, der Starter und ein paar Schaulustige. Mein Herz schlägt so schnell wie das von Asamoah Gyan beim Elfmeter in der 120. Minute gegen Uruguay. Das Ergebnis? Ganz ok, so um die 220 Meter, leicht rechts. Ich bin drin im Pro-Am! Mit einem Bogey an der 1 kann ich leben. Bogey 2 auch ok, doch dann die 3. Nach einem guten Pitch liegt der Ball einen Meter am Stock. Ich schieb das Ding vorbei. Der erste Frust. Brendon und Clarke lenken mich ab. Vor dem Abschlag an der 4 plaudern wir über die WM. "I really would like to know what Anelka actually said", sagt Brendon. "No, Brendon, you don't want to know, cause you cannot tell your kids. You can tell your wife, but not your kids", antwortet Clarke.

Mein Spiel wird besser. Birdie-Chance 4, Birdie-Chance 5. Es fällt - nichts! Und es sind keine guten Putts. Es sind grauenhafte Putts. Dabei zeigt mir Darren jede Puttlinie: "Brendon cannot read any line. He's a great guy - but a bad Caddy." Die beiden mögen sich trotzdem. Mein Kumpel Sebi haut seinen dritten Drive in die Botanik. Es brodelt in ihm.

Auf dem siebten Fairway erkundige ich mich bei Clarke nach Graeme McDowell. Clarkes Landsmann hat eben die US Open gewonnen. "He did very well", sagt Clarke voller Stolz. "He ist not the longest player, but mentally brillant."

Ich habe an der 7 den nächsten 5-Meter-Putt vor mir. Er fällt - nicht! Clarke wird es allmählich zu bunt. "Thomas, you nearly pull every putt. You have to keep your head down." Wow, ein Tipp von einem viermaligen Ryder-Cup-Gewinner. Es wirkt. Ich loche zwei 4-Meter-Putts. Mein Kumpel Sebi knüppelt derweil seinen fünften Drive in die Wicken. Er verzweifelt. Er schimpft. "Einmal Pro-Am und dann so eine Sch…"

Am 10. Abschlag erwarten uns geschätzte 70 Menschen. Der Drive MUSS sitzen! Er sitzt! "This is a great shot, Thomas", sagt Brendon. Ich habe seinen Chef ausgedrived. Es läuft. Par 10, Par 11, Par 12. Dann die 13. 2-Meter-Putt zum Par, kaum Break. Er fällt - nicht! "Thomas, I told you: keep your f*** head down", sagt Clarke mit einem bittersüßen Lächeln. Wenn dieser Sport nur so einfach wäre…

Während Sebi die Bälle 8, 9 und 10 ins Unterholz drischt, komme ich mit einer vernünftigen 83 ins Clubhaus. Clarke spielt eine 70. Ok, ein bisschen wenige Birdies vielleicht. Aber ein Weltklasse-Typ! Ein echter Gentleman! Ich habe es genossen, trotz der unsäglichen Leistung auf den Grüns. Ich habe seine Tipps auf meiner nächsten Runde beherzigt und eine 75 nach Hause gebracht mit 31 Putts!

Nach dem Handshake wünsche ich ihm viel Erfolg für die nächsten vier Tage. Es werden leider nur zwei. Clarke verpasst den Cut. Das gleiche Schicksal ereilt ihn eine Woche später in Paris. Aber bei der Scottish Open schlägt er zu. Eine schlechte letzte Runde verhinderte seinen Sieg, aber mit Platz zwei hat sich Darren doch noch für die British Open qualifiziert. Vielleicht hat er sich ja auch etwas von mir abgeschaut. Vielleicht ja den Drive an der 10.
Aufrufe: 6970 | Kommentare: 11 | Bewertungen: 30 | Erstellt:13.07.2010
ø 9.6
Golf  |Darren  |Clarke  |Pro-Am  |
KOMMENTARE
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ManUtdHardy
17.07.2010 | 16:09 Uhr
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17.07.2010 | 16:09 Uhr
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Gerade geht Clarke bei den British Open mit Tiger auf die 3. Runde...wäre doch stark, er würde Ihm auch diesen Satz entgegenbringen!
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