Der Royal Rumble steht vor der Tür (Mo., 2 Uhr im User-Talk), beim ersten Pay-per-View des Jahres werden die Weichen für WrestleMania gestellt. Ryback, John Cena, Randy Orton oder Sheamus - die Liste der Favoriten ist lang. Doch noch wichtiger als der richtige Sieger ist, dass man sich auf alte Tugenden besinnt. Im Hot Tag diskutieren wir die Entwicklung der 30-Mann Battle Royal.
Maurice Kneisel: David, der Royal Rumble steht kurz bevor und mit dir habe ich mir genau den richtigen Gesprächspartner gesucht, um ein wenig über die Geschichte des Pay-per-Views zu diskutieren. Was macht die 30-Mann-Over-the-Top-Battle Royal für dich so besonders?
David Schmida: Zunächst sicherlich die Tatsache, dass man 30 Superstars in einem Match sehen kann. Dann, dass man - bis auf einige Ausnahmen, bei denen es vorab bekannt ist - nicht weiß, wann wer ins Geschehen eingreifen wird. Und natürlich die Tatsache, dass der Gewinner bei WM um den Titel antritt.
Blog Die Geschichte des Royal Rumble
Kneisel: Außerdem kann man jedes Jahr sicher sein, dass die eine oder andere Überraschung dabei sein wird. Ob nun ein Ex-Superstar zurückkehrt, ein Langzeitverletzter sein Comeback feiert oder plötzlich eine Diva mitmischt - der MarkOut-Faktor ist beim ersten PPV des Jahres besonders hoch. An welche Comebacks erinnerst du dich besonders gerne?
Schmida: Die Comebacks haben natürlich erst später angefangen, in der Anfangszeit brauchte man das ja nicht, da die Halle sowieso kochte. Ganz frisch in Erinnerung ist sicherlich Kevin Nash/Diesel. Das hat mich umgehauen, da ich ein großer Fan von ihm bin, plus die Zuschauerreaktion. Auch das Comeback von Triple H im Jahr 2002, welches aber angekündigt war, blieb in Erinnerung, da er zu einem Zeitpunkt ins Match kam, als Steve Austin gerade sein Scharmützel im Ring trieb. Welche Momente sind dir denn in Erinnerung geblieben?
Kneisel: Mir ist vor allem John Cenas Comeback 2008 in Erinnerung geblieben, noch heute bin ich dankbar dafür, nicht gespoilert worden zu sein. Den Kerl hatte nach all den Meldungen um seine langfristige Verletzung wohl kaum einer auf dem Zettel, und dann kommt er aus dem Nichts zurück und holt sich den Sieg. 2010 mit Edge hat man es ähnlich gehalten, da fühlte es sich aber nicht mehr so frisch an. Aber du hast es schon kurz angerissen: früher brauchte man diese Schockmomente nicht. Randy Orton gewinnt dank Legacy, Alberto Del Rio übersteht 39 Konkurrenten und die Intervalle zwischen den Teilnehmern wechseln ständig. Hat sich der Rumble sehr verändert?
Schmida: Ja, auf jeden Fall. Das hat aber auch mit der Gesamtsituation in der WWE zu tun. 40 Teilnehmer fand ich von vorneherein nicht gut und es hat für mich nichts gebracht. Manche Dinge sind eben gut so, wie sie sind. Die Intervalle haben sich immer mal geändert. Aber der Hauptfaktor ist für mich, dass das Feeling irgendwie weg ist, bzw. auf wenige besondere Momente reduziert wird, wie vieles in der heutigen WWE. Die Gewinner sind einfach nicht mehr so relevant, wie sie es früher waren. Wurden denn nicht früher Stars im Rumble geboren, bzw. auf die nächste Stufe befördert?
Kneisel: Der Rumble war früher da, um Leuten den entscheidenden letzten Schubser Richtung Main Event zu geben. Natürlich müssen auch etablierte Superstars Siege einfahren, um das Ganze glaubwürdig zu gestalten. Aber mal ehrlich: Cena, Orton, Edge, Del Rio, Sheamus - nur einer dieser Männer war vor seinem Rumble-Sieg noch nie World Champ. Das sah früher anders aus, natürlich auch, da die Titel keinen Wanderpokal-Status hatten. Dir fallen doch sicher ein paar Leute ein, die der Rumble-Sieg wirklich nach vorne gebracht hat?
Schmida: Allen voran Shawn Michaels, der 1995 als Nummer 1 in das Match zog und mit einer grandiosen Leistung und einem bis dahin noch nie gesehenen akrobatischen Kunststück das Match gewann. Dann natürlich Ric Flair, der sich 1992 gleich mal den WWE-Titel mit dem Sieg sichern konnte, sowie Steve Austin, der 1998 schon seinen zweiten Rumble gewann. Aber es gab auch Leute, die nicht gewonnen haben und dennoch von ihrem Auftritt profitieren konnten, wie Diesel, der 1994 minutenlang alleine im Ring stand oder 1996 Hunter Hearst Helmsley, der sehr lange im Match war.
Kneisel: Geht es nur mir so, oder ist auch beim Rumble das Storytelling verloren gegangen? Man bekommt große Spots geboten - John Morrison springt Spiderman-like vom Apron an die Barrikade und zurück, Kofi wandert im Handstand durch die Gegend - aber das sind eben nur einzelne Momente. Konsequent durchgezogenes Storytelling im Match gab es aus meiner Sicht zuletzt mit der schon angesprochenen Legacy 2009. Die Sieger und Matchverläufe bleiben einem dadurch schlicht weniger in Erinnerung. Die von dir angesprochenen Marathonmatches von Flair und HBK, dazwischen als kompletter Kontrast der dominante Sieg für Yokozuna und schließlich noch Bret Harts und Lex Lugers sensationeller Doppel-Sieg - DAS sind unvergessliche Augenblicke der WWE-Geschichte. Fehlen diese Momente heute, oder übersehe ich sie einfach nur?
Schmida: Ich habe mir gerade den Rumble 1990 angesehen und war begeistert von der Tatsache, dass z.B. die Fehden zwischen Randy Savage und Dusty Rhodes, Roddy Piper und Bad News Brown sowie die Auseinandersetzung zwischen der Colossal Connection und Demolition fortgeführt wurden. Alle Fehden fanden dann bei Wrestlemania ihr Ende oder ihren Höhepunkt. Du hast da einen ganz wichtigen Punkt angesprochen, den ich auch schon kurz angedeutet habe: Das Gesamtpaket stimmt nicht mehr, man hangelt sich nur noch von Höhepunkt zu Höhepunkt und auch zu absoluten Tiefpunkten. Dabei ist das Storytelling verlorengegangen, bzw. vergessen worden. Es wird meiner Meinung nach ohne Hingabe, ja fast lieblos etwas hin geklatscht. Es ist aber ganz wichtig, mehrere Stränge im Match zu haben und sich nicht nur auf den Sieger zu konzentrieren.
Kneisel: Würde es der Qualität nicht zuträglich sein, wenn man sich wieder verstärkt auf ein paar wenige Leute konzentriert, die man wirklich pushen will? Ein Sheamus beispielsweise muss dieses Jahr sicher nicht zum zweiten Mal in Serie gewinnen, um weiter over zu kommen. Im Gegenteil, eine starke Vorstellung, bei der er früh reinkommt und eine Vielzahl an Superstars eliminiert, könnte ihm ähnlich viel bringen wie dem von dir schon angesprochenen Diesel seinerzeit. Wo ist aber der Sinn dabei, jemanden wie Khali zwischenzeitlich aufräumen zu lassen? Jedem ist klar, dass der Inder nie wieder Richtung Main Event gepusht wird. Entsprechend sinnlos ist es, ihn anstelle eines aufstrebenden Superstars ins Rampenlicht zu rücken.
Schmida: Es würde Sinn machen, wenn Khali von einem aufstrebenden Wrestler eliminiert würde - vorausgesetzt er würde auch wie ein Monster wahrgenommen. Ein weiteres Problem ist, dass die entsprechenden Wrestler den Rumble-Sieg bzw. den angestrebten Sieg auch vorher aufbauen müssen. Es muss klar sein, dass diejenigen den Sieg unbedingt wollen und dazu in der Lage sind, es zu schaffen. Da gab es Beispiele wie Chris Benoit 2004, oder Piper 1992. Letzterer hatte an dem Abend die Chance, zwei Titel zu gewinnen und immer wieder klar gemacht, dass dies auch sein Ziel sei. Er gewann nicht, aber es schien möglich, da er glaubwürdig und auch lange im Match vertreten war.
Kneisel: Ich verstehe, was du meinst. Der Rumble war für mich früher das absolute Highlight jedes Wrestlingjahres und gefühlt der zweitwichtigste PPV - immerhin stellt er die Weichen für den WrestleMania-Main-Event. Heute wird vorab keine große Aufbauarbeit betrieben und der Sieger tritt in einem 18-Sekunden-Opener an oder verliert - wie Del Rio 2011 - im bestenfalls drittwichtigsten Match auf der Card. Es ist so einfach, im Rumble Leute over zu bringen, ähnlich wie bei Money in the Bank. Athletische Freaks wie Shelton Benjamin, Kofi oder Morrison haben immer einen zusätzlichen Hype entfacht. Außerdem kann man kinderleicht Fehden und Koalitionen starten - Superstars arbeiten urplötzlich zusammen, Tag-Team-Partner eliminieren sich gegenseitig und Freunde hintergehen einander - was mittlerweile leider etwas zu kurz kommt. Aber blicken wir voraus auf den kommenden Rumble: Nach zahlreichen Gerüchten um potentielle Comebacks sind meine Erwartungen verdammt hoch. Was erhoffst du dir?
Schmida: Ich erhoffe mir einen konsequent durchgezogen Rumble, der, wie du eben angedeutet hast, mit all diesen kleinen Dingen aufwarten kann und das eine oder andere Ausrufe- und Fragezeichen setzt. Weiterhin sollte er mit einem Gewinner aufwarten, der mit dem Sieg den nötigen Schritt hin zu einem glaubwürdigen und echten Main Eventer bei WrestleMania macht.
Kneisel: Bleibt natürlich das Problem, dass der Main Event bei WrestleMania nur über The Rock führen kann und der Rumble-Sieger vermutlich - wie in den letzten Jahren - eher auf den World-Heavyweight-Champ trifft. Letztlich geht es aber, wie du auch schon angesprochen hast, nicht nur um den Sieger, sondern darum, die Weichen für die kommenden Monate zu stellen. Bei welchen Superstars erwartest du, dass sie von der diesjährigen Battle Royal am meisten profitieren werden?
Schmida: Allen voran Ryback der das Ding gewinnen sollte. Weiterhin glaube ich, dass The Shield sehr gut aussehen werden, bzw. sollten. Diese beiden Dinge gehören für mich aber zusammen und man kann da einiges erwarten und die Story zu einem guten Ende bringen. Weiterhin würde ich mir wünschen, dass Leute wie The Miz und Antonio Cesaro entsprechend prominent vertreten sind und gute unterhaltsame Leistungen abliefern werden. Wer sind deine Kandidaten?
Kneisel: The Shield werden definitiv eine dominante Rolle spielen, Ryback ebenso. Vielleicht wäre es auch mal wieder an der Zeit, eine klassische Matchstory neu aufzuwärmen. Wie wäre es mal wieder mit einem Iron Man, der von Anfang bis Ende drin bleibt? Dolph Ziggler, Cody Rhodes und Kofi Kingston wären hervorragende Kandidaten. Oder eben ein Brocken bzw. Stable, der das Match dominiert. Der Shield dürfte geschlossen auftreten, vielleicht enthüllen sie ja doch noch einen Anführer, den sie zum Sieg tragen? Mein Kandidat wäre CM Punk, der teilnimmt, nachdem er vom Rock entthront wurde. Aber ganz ehrlich, wenn ich einen wählen dürfte, würde ich mich aktuell für The Miz entscheiden. Der Kerl hat das Potential, als Babyface Nummer 2 und Merchandise-Monster die Liga zu rocken, nur scheint man aktuell keinen anständigen Plan für ihn zu haben. Rumble gewinnen, bei WrestleMania den Titel holen und Sheamus als SmackDown-Aushängeschild ablösen - das wäre mal wieder ein starker Push. Aber einen klaren Kandidaten auf den Sieg gibt es dieses Jahr wohl gar nicht, oder?
Schmida: Na ja, das ist schwierig zu sagen. Ich lege mich aber fest und tippe, dass Ryback gewinnt. Sehr gut fände ich auch mal wieder einen Marathon-Mann, der als Nummer 1, 2 oder 3 ins Match geht und einfach alle anderen übersteht, um am Ende völlig platt von den Fans gefeiert zu werden. Ich glaube, dass so eine Leistung immer honoriert wird. Letztendlich ist es richtig, wenn du sagst, dass schwer zu erahnen ist, wer gewinnen wird. Aber das ist ja grundsätzlich gut. Allerdings reicht diese Spannung alleine nicht aus, sondern muss mit der entsprechenden Kreativität unterfüttert werden.
Kneisel: Ein Marathonmann-Lauf ist immer geeignet, um einen Superstar over zu bringen. Gerade, wenn man Ryback den Shield auf den Hals hetzt und ihn dann in feinster Cena-Manier alle Widrigkeiten überstehen lässt. Ich habe allerdings meine Zweifel, ob es so laufen wird und wünsche mir zudem auch einen dominanten Shield. Spannend ist es jedenfalls allemal und die ein oder andere gut durchgezogene kleine Matchstory, gepaart mit einigen Schocker-Comebacks, könnten dafür sorgen, dass der Royal Rumble 2013 nach der schwachen Vorstellung im Vorjahr wieder zu begeistern weiß.
Meistgelesene Artikel
Das könnte Dich auch interessieren

.jpeg?quality=60&auto=webp&format=pjpg&width=317)

