Großangriff auf Kiel

Florian Regelmann
31. Dezember 200810:34
Die Löwen verloren in dieser Saison ein Wahnsinns-Spiel gegen Kiel mit 40:42Imago
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Wenn es in den vergangenen Wochen Nachrichten aus der Bundesliga gab, lauteten diese ungefähr so: Löwen holen Serdarusic. Löwen haben Stefansson an der Angel. Löwen auch an Glandorf dran. Will Karabatic zu den Löwen? Die Rhein-Neckar Löwen sind in aller Munde. Wenn es einen Verein gibt, der in den nächsten Jahren dem THW Kiel Paroli bieten will und kann, dann sind es wohl die Löwen. Manager Thorsten Storm erklärt bei SPOX seine Vision. 

Es war der allererste Spieltag, an dem der THW Kiel gegen den TSV Dormagen völlig überraschend in eigener Halle einen Punkt abgab. Seitdem hat Kiel 17 Spiele in Serie gewonnen. Der THW dominiert die Bundesliga nach Belieben.

Acht Punkte beträgt der Vorsprung auf die härtesten Verfolger aus Hamburg, Lemgo und Magdeburg. Zwar sind noch viele Spiele zu absolvieren, aber die Glückwunsch-Schreiben sind schon wieder verschickt. Jeder weiß: Kiel ist Meister. Kiel wird Meister. Kiel wird immer Meister sein...

Das Ziel: Europas Spitze

Um Letzteres zu verhindern, plant ein Verein den Großangriff: die Rhein-Neckar Löwen. "Wir möchten uns in den nächsten Jahren zu einer europäischen Spitzenmannschaft entwickeln", macht Manager Thorsten Storm bei SPOX deutlich.

Eine europäische Spitzenmannschaft? Wer hätte das 2002 für möglich gehalten. Damals entstand der Klub, der seit 2005 Rhein-Neckar Löwen heißt, als auf den ersten Blick eher biedere Spielgemeinschaft zweier badischer Dörfer: Kronau und Östringen.

Mittlerweile sind die Kröstis in die Stadt gezogen, spielen in Mannheim in einer der modernsten Arenen des Landes und machen sich nun auf, als Gegenpol im Süden den Großen im Norden das Fürchten zu lehren. 

Schon seit Jahren versucht man sich der Spitze anzunähern. Mit Erfolg. Die Löwen spielen in der Liga oben mit und sind sogar in der Champions League eine Hausnummer geworden. Nur ein großes Problem bleibt: An Kiel kommt man nicht ran. Nicht mal im Ansatz. Das hat der bisherige Saisonverlauf wieder eindeutig gezeigt.

Der neue Trainer: Noka Serdarusic

Nicht umsonst spricht SPOX-Kolumnist und Löwen-Abwehrchef Oliver Roggisch von Kiel als der aktuell "besten Mannschaft der Welt".

Was also tun, um die Lücke zu schließen? Das Rezept ist ganz einfach. Zuerst einmal hole man sich mit Noka Serdarusic eine absolute Trainer-Legende als Coach für die neue Saison.

"Kiel hat sich über viele Jahre eine Alleinherrschaft erarbeitet. Mit Noka Serdarusic haben wir jetzt erst einmal den Trainer geholt, der weiß, wie sich das alles in Kiel entwickelt hat. Er hat es schließlich selbst gemacht. Das wird uns weiterhelfen und dann gehen wir Schritt für Schritt nach vorne", sagt Storm.

Schritt eins war der Trainer. Schritt zwei sollen die neuen Spieler sein. Man ist dabei, sich auf eine Shopping-Tour im großen Stil zu begeben.

Stefansson als Antrittsgeschenk

Alexis Alvanos kommt vom VfL Gummersbach und mit Olafur Stefansson ist ein ehemaliger Welthandballer im Anmarsch. Der Wechsel des Isländers, der im Moment noch bei Champions-League-Sieger Ciudad Real in Spanien spielt, ist so gut wie perfekt.

"Es gibt noch einige Details, die zu klären sind. Aber es sieht ganz danach aus, dass unser neuer Gesellschafter Jesper Nielsen ein tolles Antrittsgeschenk für den rechten Rückraum mitbringt", freut sich Storm.

Großes Interesse besteht zudem an Holger Glandorf. Den Nationalspieler aus Nordhorn in den Süden zu lotsen wäre der nächste Coup.

"Unsere Chancen stehen so gut, wie für alle anderen Klubs auch. Vielleicht bleibt er ja auch in Nordhorn. Er ist ein sehr bodenständiger Typ. Wenn er weiterkommen will, wäre allerdings eine Zusammenarbeit mit einem Trainer wie Noka Serdarusic für ihn sicher irgendwann einmal ganz sinnvoll. Alles andere kennt er ja schon. Aber das muss Holger für sich ganz alleine entscheiden", so Storm.

Was ist mit Karabatic?

Toppen könnte man einen Glandorf-Transfer fast nur noch, indem man den wohl derzeit besten Handballer der Welt verpflichtet. Nikola Karabatic steht noch bis 2012 in Kiel unter Vertrag, aber nun ließ der Franzose verlauten, dass er nicht wisse, ob er diesen Vertrag auch erfüllen werde.

Wer weiß, was für ein besonderes Verhältnis Karabatic zu seinem ehemaligen Coach Serdarusic hat? Natürlich braucht man nicht lange, um auf die Idee zu kommen, dass dieser ihn zu den Löwen holen will.

"Welcher Verein würde einen Nikola Karabatic ablehnen, wenn es woanders nicht mehr passt und der Spieler gerne wechseln würde? Ich kenne keinen Verein", meint Storm.

Es ist mächtig was im Gange bei den Löwen. Finanziell möglich gemacht wird alles durch einen potenten Gesellschafter-Kreis. Darunter befinden sich Daniel Hopp, Franziska van Almsicks Lebensgefährte Jürgen B. Harder und seit kurzem eben auch Jesper Nielsen, der Chef des neuen Großsponsors aus Dänemark (Kasi-Group/Pandora).

Wichtiger Baustein: die Jugendförderung

Die Löwen darauf zu reduzieren, dass sie mit Geld die Liga leer und den Erfolg einkaufen würden, wäre allerdings falsch. Die Jugendförderung spielt eine ebenso wichtige Rolle in der Philosophie des Vereins.

Nicht nur Stars werden verpflichtet, auch Talente werden seit längerer Zeit gezielt gefördert. Es gibt Kooperationen mit der TSG Friesenheim in der 2. Bundesliga und dem Regionalliga-Team des Stammvereins Kronau/Östringen. Interessant: In allen drei Teams wird dasselbe Spielsystem trainiert.

"Wir haben mit Uwe Gensheimer, Patrick Groetzki und Steffen Fäth drei deutsche Nachwuchshoffnungen im aktuellen Kader. Im nächsten Jahr kommen mit Alex Becker, Niklas Russ und Max Bender drei weitere hinzu. Wir möchten jungen deutschen Nachwuchsspielern über unser Internat und die Kooperationen eine optimale Plattform bieten. So möchten wir dem deutschen Handball etwas zurückgeben", erklärt Storm.

Noch hat in Kiel niemand schlaflose Nächte angesichts dessen, was sich viele hundert Kilometer weiter im Süden zusammenbraut. Vielleicht passiert das aber mal. Denn eins ist klar: Die Löwen kommen.

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