Gestatten, Jürgen Klinsmann. 44 Jahre alt, Pseudonym Jay Goppingen, 1,81 Meter groß, Typ All American Boy, der erfolgloseste Bundesliga-Trainerdebütant des ersten Spieltags.
Richtig. Der erfolgloseste.
Ein 2:2 des FC Bayern zuhause gegen den Hamburger SV reichte aus, um im Power Ranking der neuen Cheftrainer zumindest bis zum nächsten Spieltag auf Rang fünf zu purzeln. Hinter Fred Rutten, Jürgen Klopp, Martin Jol und selbst hinter Bruno Labbadia.
"Klinsmann kämpft gegen die Skepsis", titelte die "Welt". Gegen die Skepsis, ja. Aber auch gegen das Formtief einiger Leistungsträger. Gegen die fehlende Konzentration eines van Buyten oder Lell. Gegen den durchwachsenen Fitness-Zustand des Kaders. Gegen die dünne Personaldecke wegen der Ausfälle von Ribery oder Demichelis. Undundund...
Aber es hilft nichts: Vollmundig wurde die Saison als Startschuss für eine neue Ära hochstilisiert. Klinsmann wolle jeden Spieler besser machen, kündigte er an. Der Spielstil sollte vertikaler als vertikal sein, die Trainingsmethoden moderner als modern, der Coaching-Stab spezialisierter als spezialisiert.
Der Klinsi-Boost - oder auch nicht
Doch unter dem Strich bleibt: Nach sechs Wochen Vorbereitung hat Klinsmann (noch) keinen Spieler besser gemacht. Toni Kroos agierte gegen Hamburg wie ein unbestritten hochveranlagter, aber nichtsdestotrotz überforderter Teenager, bei Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski war vom "Klinsi-Boost" ebenfalls nicht viel zu erkennen.
Wenn schon nicht Klinsi-Boost, wie wäre es dann mit dem Jol-Effekt? Denn anders als sein Gegenüber verstand es der HSV-Coach, in fünf Wochen Vorbereitung seine Mannschaft soweit zu konditionieren, um besseren Fußball zu spielen.
Besser als unter Huub Stevens sei keine Kunst, möchte man meinen. Dennoch ist es bemerkenswert, welche Fortschritte in München erkennbar waren. Ivica Olic: noch wuseliger und schneller als vergangenes Jahr - dabei (fast) gänzlich ohne die nervtötenden Übersteiger-Orgien. Piotr Trochowski: als van-der-Vaart-Ersatz endlich mit einem Gesäß in der Hose. Paolo Guerrero: zeitweise umfunktioniert zum spielstarken Ballverteiler. Undundund...
... Respekt
Vom Ergebnis her erfolgreicher waren die Premieren von Schalkes Rutten und Dortmunds Klopp. S04 offenbarte beim 3:0 gegen Hannover zwar ähnlich wie letztes Jahr noch Mängel im Spiel nach vorne, spielte einige vielversprechende Konter nicht konsequent aus und erzielte alle Treffer nach Standards. Aber ohne einige verletzte Leistungsträger wie Jefferson Farfan oder Orlando Engelaar sowie Olympia-Deserteur Rafinha die ambitionierten Hannoveraner klar zu beherrschen... Respekt.
Ein Kompliment auch an Klopp, der einem Defibrillator gleich den BVB aus dem Reich der Scheintoten wiedererweckte und gleich mal in einem spektakulären Shootout 3:2 bei Labbadias blutjungen Leverkusenern gewann. Leverkusen, das die Auftaktpartie verlor - aber den vielleicht ästhetischsten Fußball des Spieltags zelebrierte. Defensiv zwar vogelwild, offensiv jedoch... zum Zungeschnalzen.
Merke: Bessere Spieler dank Jol, bessere Ergebnisse dank Rutten, besseres Karma dank Klopp, besserer Fußball dank Labbadia. Und Klinsmann? Ein Unentschieden kann selbstredend immer passieren und es war erst der erste Spieltag. Aber: Von seinen offensiv formulierten Zielen ist er noch weit entfernt.
Gestatten, Jürgen Klinsmann. 44 Jahre alt, Pseudonym Jay Goppingen, 1,81 Meter groß, Typ All American Boy und jetzt schon mächtig unter Druck.
Die Bayern in der Bundesliga Tabelle
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