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Single sucht Team

Stefan RommelOTHER
15. Dezember 200816:29
SPOXImago
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Basel - Nur einmal kam Michael Ballack auf der Pressekonferenz des DFB im Baseler Ramada Plaza Hotel leicht aus dem Konzept.

Ein Klatschreporter wollte beharrlich wissen, inwiefern die am Montag vorgestellte Fan-Aktion des DFB die Mannschaft im Hinblick auf die EM denn nun wirklich pushen würde.

Der Verband sammelt im Internet gerade fleißig Unterschriften, lässt diese dann nachher auf den Teambus sprühen und erhofft sich so eine ähnliche moralische Unterstützung der schwarz-weißen Schar wie beim World Cup vor zwei Jahren in heimischen Gefilden.

"Hmm, ja... versteh ich jetzt nicht. Da war ich gar nicht dabei, oder Harry?", sah Ballack fragend seinen Mediendirektor Harald Stenger an. "Oder? Da war doch die Aktion gestern morgen...?"

Ballack brodelt

Davor und auch danach sah man aber einen gewohnt aufgeräumten und sachlichen Ballack - auf den ersten Blick. Wenn man aber genauer hinschaute, war deutlich sichtbar, dass hier einer sitzt, in dem es anfängt zu brodeln.

Im Dickicht der beinahe schon üblich gleichgeschalteten Floskeln nämlich ließ Ballack einige Male aufblitzen, wie sehr es an ihm jetzt schon zehrt. Dieses wichtige Turnier, das doch eigentlich noch gut zehn Wochen und etliche Liga- und Champions-League-Spiele entfernt ist.

"Ich bin der Meinung, dass jetzt Schluss sein sollte mit der Lobhudelei. Wir sind keine Helden. Wir sollten nicht weiter in WM-Nostalgie schwelgen." Obwohl er gewohnt nüchtern zur Nation sprach, ohne eine einzige Regung, darf man es vielleicht als Mini-Anklage an die zum Teil überbordende Journaille werten - aber ganz sicherlich als Weckruf an die Kollegen.

Denn Michael Ballack, 31, steht vor seinem vorletzten großen Turnier. Bisher hat er noch nichts gewonnen mit der Nationalmannschaft. Jenem Team, das ihn bei der WM 2002 weltberühmt gemacht hatte und wegen dem er vier Jahre später seine bittersten Tränen vergießen musste.

Und plötzlich Hoffnungsträger

Vor einem halben Jahr noch galt Ballack als der Wackelkandidat bei Joachim Löw. Seine langwierige Verletzung ließ die Spekulationen wild wuchern. Nicht wenige rechneten damit, dass er nicht mehr rechtzeitig fit werden würde.

Und plötzlich ist er wieder der Hoffnungsträger Nummer eins. Jetzt, da die heiße Phase der Vorbereitung eingeläutet ist, hat sich der Kapitän wieder dahin gearbeitet, wo er hingehört: An die Spitze der Mannschaft. Als Spielgestalter, Leitwolf, Anführer.

Ballack weiß, dass er auf einem sehr guten Weg ist. Aber er weiß auch, dass seine Mitstreiter aus glorreichen WM-Zeiten eben genau das nicht sind.

"Vor einem halben Jahr habe ich noch gedacht, das legt sich schon wieder", sagte er. Gemeint waren die vielen Verletzungen und Formkrisen wichtiger Stützen der Mannschaft. "Leider hat sich aber bis heute gar nicht viel verändert."

Jens Lehmann ganz ohne Spielpraxis, Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski wenig Wettkampf erprobt. Bernd Schneider außer Form. Christoph Metzelder verletzt. Torsten Frings immerhin wieder auf dem Platz. "Das ist gut zu wissen, dass er wieder da ist. Er ist sehr wichtig für unsere Mannschaft", sagte Ballack fast ein wenig erleichtert.

Kein Jens, kein Schnix, kein Lutscher

Und trotzdem schwang bei aller Entschlossenheit, die er demonstrativ an den Tag legte, auch immer ein wenig - zumindest - Unsicherheit mit. Unsicherheit vor der möglichen Gewissheit, es fast alleine richten zu müssen. Unsicherheit davor, keinen Jens und keinen Schnix und keinen Lutscher in Normalform neben sich zu haben, wenn es hart auf hart kommt.

Und dazu wird es definitiv kommen. "Eine EM ist nun mal schwerer zu spielen als eine WM. Das weiß jeder. Ich hoffe sehr auf den Faktor Zeit. Wir brauchen eine Mannschaft, die eingespielt und topfit ist."

Einer wird ganz sicher mit dabei sein. Und vermutlich auch in Bestform: Oliver Bierhoff. Der Teammanager gab Ballack ein paar Minuten zuvor quasi die Vorlage für dessen fokussierten Auftritt.

"Der Wechsel nach London hat ihn weitergebracht und herausgeführt aus der Komfortzone Bundesliga. Die EM wird ein ganz großes Turnier für Michael." Aber alleine kann es selbst ein Michael Ballack nicht gewinnen.

Voraussichtliche Aufstellungen:

Schweiz: Benaglio (VfL Wolfsburg/24 Jahre/9 Länderspiele) - Lichtsteiner (OSC Lille/24/9), Eggimann (Karlsruher SC/27/4), Senderos (FC Arsenal/23/25), Spycher (Eintracht Frankfurt/29/37) - Behrami (Lazio Rom/22/13), Fernandes (Manchester City/21/5), Inler (Udinese Calcio/23/14), Barnetta (Bayer 04 Leverkusen/22/31) - Derdiyok (FC Basel/19/1), Frei (Borussia Dortmund/28/56)

Deutschland: Lehmann (FC Arsenal/38/52) - Lahm (Bayern München/24/38), Arne Friedrich (Hertha BSC(28/55), Mertesacker (Werder Bremen/23/40), Jansen (Bayern München/22/20) - Schneider (Bayer Leverkusen/34/81), Ballack (FC Chelsea/31/78), Hitzlsperger (VfB Stuttgart/25/31), Schweinsteiger (Bayern München/23/48) - Gomez (VfB Stuttgart/22/8), Klose (Bayern München/29/73)

Schiedsrichter: Bramhaar (Niederlande)

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