Rückkehr der Unvollkommenen

Daniel BörleinMarkus Hoffmann
05. Oktober 200822:51
SPOXGetty
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Wenn du drei Monate verletzt bist, dann bist du in erster Linie glücklich, wenn du auf den Platz zurückkehrst.

Wenn du drei Monate verletzt warst und bei deiner Rückkehr gleich zwei Tore kassierst, an denen du nichts machen kannst, dann bist du in erster Linie bedient.

Wenn du drei Monate verletzt warst, zurückkehrst, zwei Tore kassierst, in der Nachspielzeit eine hundertprozentige Chance zunichte machst und im Gegenzug den Ausgleich vorbereitest, dann bist du in erster Linie der Held des Abends. Vor allem, wenn du Torwart bist. Wie Manuel Neuer.

"Wollte etwas bewegen"

Der Schalke-Keeper parierte in der ersten Minute der Nachspielzeit mit einer Glanztat gegen Edin Dzeko. Kurz darauf schlich sich Neuer bei Schalkes letzter Ecke mit nach vorne, produzierte einen Querschläger, den Kevin Kuranyi schließlich zum 2:2-Endstand über die Linie drückte.

"Ich wollte in der letzten Minute noch irgendwas bewegen. Es verunsichert die Abwehrspieler, wenn der Torwart noch ein bisschen Wirbel mit reinbringt", so Neuer. "Dann kommt der Ball vor meine Füße, ich versuche einfach aufs Tor zu schießen, habe nicht voll getroffen, aber Kevin stand am Pfosten und macht ihn mit zwei Kontakten einfach rein."

Pfiffe in der Arena

Durch den späten Ausgleich bleibt Schalke zu Hause weiter ungeschlagen. Zufrieden waren die Fans offenbar dennoch nicht, denn trotz des Wahnsinns-Finishs hallten einige Pfiffe durch die ausverkaufte Veltins-Arena.

Zu sehr hatten die Schalker ihre Fans vorher wieder einmal ernüchtert, denn was die Königsblauen gegen den VfL Wolfsburg über weite Strecken präsentierten, war einfallsloser Fußball und nicht der vor der Saison angekündigte Offensiv-Wirbel.

Aufwärtstrend bei Kuranyi

"Zu einer Spitzenmannschaft fehlt uns noch vieles. So ein Spiel wie heute muss man gewinnen. Wir dürfen uns keine Minute ausruhen, aber das haben wir heute getan", sagte Doppeltorschütze Kuranyi, der nach 738 Minuten ohne Pflichtspiel-Tor erstmals wieder traf.

Überhaupt ließ der Nationalspieler einen deutlichen Aufwärtstrend erkennen. Freilich hat der 26-Jährige noch viel Luft nach oben und vor allem in der Ballbehandlung große Defizite, doch in Sachen Einsatzbereitschaft und Durchsetzungsvermögen zeigte Kuranyi eine klare Steigerung. Und das trotz der Kritik und vieler Pfiffe in letzter Zeit.

"Ich hatte lange Schwierigkeiten"

"Beim Torjubel ist der Frust der vergangenen Wochen rausgekommen", gab Kuranyi zu, nahm sich gleichzeitig aber auch für die anstehenden Aufgaben in die Pflicht. "Ich hatte sehr lange Schwierigkeiten, deshalb muss ich jetzt auch sehr lange gute Leistungen bringen."

SPOXGettyAuch Coach Rutten zeigte sich nach Kuranyis Doppelpack erleichtert: "Mich freut es sehr, dass er heute wieder getroffen hat. Er hat das Vertrauen, das wir in ihn gesetzt haben, gerechtfertigt."

Mehr als das Kuranyi-Problem

Dabei machten es seine Nebenleute dem Nationalspieler nicht gerade leicht. Während schlechte Leistungen der Königsblauen in der Vergangenheit häufig am eigenen Mittelstürmer festgemacht wurden, wurde gegen Wolfsburg deutlich, dass Schalke mehr hat als ein Kuranyi-Problem.

Vor allem in der Spielgestaltung zeigte die Rutten-Elf einmal mehr erhebliche Mängel. Im Mittelfeld mit Heiko Westermann, Orlando Engelaar und Jermaine Jones mit drei defensiven Akteuren besetzt, fehlt den Schalkern ein Mann, der Ideen kreiert und die Spitzen mit brauchbaren Anspielen füttert.

Gegen Wolfsburg reichte es auch deshalb nur zu einem Punkt. Auf Schalke zählten am Ende aber Neuers gelungenes Comeback und die Rückkehr von Kuranyis Treffsicherheit. Zumindest in erster Linie.

Schalke Fünfter, Wolfsburg Neunter - Die Tabelle