Was hat uns bloß so ruiniert?

SPOX
15. Dezember 201223:07
Wie geht's weiter? Die Schalker Köpfe Horst Heldt (l.) und Huub StevensGetty
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Vor nicht einmal sechs Wochen war der FC Schalke 04 noch so etwas wie ein Bayern-Verfolger light. Jetzt stecken die Königsblauen in einer veritablen Krise und die Verantwortlichen geraten in der Trainerfrage weiter unter Druck. Im Gegenzug hat der SC Freiburg einen nahezu märchenhaften Aufstieg hinter sich. Dank dem neuen "Trainer des Jahres"?

Reaktionen:

Huub Stevens (Trainer Schalke 04): "Ich habe hier angefangen, weil ich ein wenig Fan von diesem Verein bin. Den Vertrag habe ich insofern im ersten Jahr erfüllt und das will ich auch im zweiten Jahr. Wenn ich spüre, dass ich nicht mehr ankomme bei den Spielern, ist etwas ganz anderes. Aber das Gefühl hab ich nicht. Ich habe einen Vertrag bis zum Ende der Saison. Und es ist abgesprochen, dass wir uns nach der Winterpause zusammen setzen."

Horst Heldt (Sportdirektor Schalke 04): "Das ist sicherlich ein Moment, der in die Kategorie 'sehr, sehr schlecht' einzustufen ist! Auch insgesamt sind wir hinter unseren Erwartungen geblieben: Wir haben einen guten Saisonstart gehabt, den allerdings leider verspielt. Haben sie auch Verständnis, dass ich jetzt nach der Niederlage zu Hause jetzt auch erstmal meine Gedanken sammeln muss und ich mir jetzt auch erstmal Gedanken machen muss, wie wir am Dienstag das Spiel betätigen wollen, denn wir müssen sehen, dass wir im Pokal weiter kommen. Alle weiteren Fragen, die sich dann natürlich für die Öffentlichkeit auftun, werden wir dann beantworten, wenn es so weit ist."

Benedikt Höwedes (Schalke 04): "Alles geht nicht spurlos an der Mannschaft vorbei und es ist natürlich auch nicht förderlich, wenn wir dann teilweise als Mannschaft oder individuell Fehler machen, das gibt auch nicht zusätzlich Selbstvertrauen. Da gibt es viele Faktoren, die es nicht gerade einfach machen, hier Fußball zu spielen. Aber das ist eine Frage des Kopfes im Moment und nicht der Qualität."

Christoph Metzelder (Schalke 04): "Wir haben völlig die Ordnung verloren, die Nerven verloren, in der einen oder anderen Situation, man merkt einfach, dass wir in einer Scheiß-Phase sind."

Christian Streich (Trainer SC Freiburg): "Was interessant ist, ist die Art und Weise wie die Mannschaft arbeitet, wie sie Fußball spielt, wie sie Fußball ab arbeitet, wie sie Kreativität immer entwickelt, wie sie die Dinge gemeinsam macht- das ist schön und da freuen wir uns ein bisschen."

Julian Schuster (SC Freiburg): "Es ist unglaublich wichtig, dass die Mannschaft vom SC Freiburg geschlossen auftritt und das Persönliche hinten anstellt. Und wenn man das macht, dann sieht man auch, dass man als kleiner Verein etwas bewegen kann."

Nachbetrachtung:

Am 11. Spieltag war die Konstellation so: Schalke galt mit einer gehörigen Portion Optimismus betrachtet noch als schärfster Bayern-Verfolger.

Mit 23 Punkten lagen die Königsblauen auf Platz zwei der Liga, hatten bereits sieben Spiele gewonnen - darunter auch das Derby beim BVB - und in der Champions League beim FC Arsenal ein echtes Highlight gesetzt.

Der SC Freiburg war Anfang November noch in bekannten Gefilden unterwegs. Mit nur drei Siegen und 13 Punkten im hinteren Mittelfeld der Tabelle platziert.

Eine Woche vor Weihnachten hat Schalke aber einen bemerkenswerten sportlichen Absturz mit einer Heimniederlage gegen Freiburg manifestiert. Nur zwei Punkte aus den letzten sechs Spielern erinnern eher an einen Abstiegskandidaten denn an einen Champions-League-Anwärter.

Aus der besten Mannschaft Deutschlands - die außer Konkurrenz spielenden Bayern ausgeklammert - ist die schlechteste in diesem Zeitraum geworden. Selbst die abgeschlagenen Schlusslichter Greuther Fürth und der FC Augsburg waren Nuancen "erfolgreicher".

Als die sportliche Malaise begann, mit dem 0:2 in Leverkusen, starteten auf Schalke wie auf Kommando auch die Nebengeräusche. Plötzlich waren die Vertragsverlängerungen von Klaas Jan Huntelaar und Lewis Holtby ein Gesprächsthema, wurde über vermeintliche Disziplinlosigkeiten einzelner Spieler (Jefferson Farfan) debattiert und die Torhüterfrage neu aufgerollt.

Immer mal wieder, aber gemäß eigener Aussage nie involviert, war auch der Trainer. Huub Stevens' ungeklärte Zukunft schiebt der Klub seit Wochen vor sich her. Bis heute fehlt ein Bekenntnis sowohl des Klubs als auch des Trainers, was den Spekulationen selbstredend alle Türen öffnet. Alle Parteien verwiesen dagegen bis zum Freiburg-Spiel auf Gespräche in der Winterpause. Dass die Mannschaft seither kein einziges Bundesligaspiel mehr gewonnen hat, kann natürlich Zufall sein. Nur mag daran mittlerweile niemand mehr so recht glauben.

Schalke hat seinen respektablen Saisonstart in den letzten Wochen fahrlässig verspielt und läuft der Musik nun hinterher. Bei einem Dortmunder Sieg ist die Champions League fünf Punkte entfernt. In der ausgeglichenen Liga ein Rückstand, der durchaus auch schnell auszuholen ist. Dafür sollten in der Winterpause aber die dringlichen Fragen endlich geklärt werden. Wobei bereits das Pokalspiel am Dienstag gegen unbequeme Mainzer von elementarer Bedeutung sein kann. Aus Schalker Sicht "muss" die Mannschaft ein letztes Mal noch in diesem Jahr ran.

Der SC Freiburg "darf" dagegen unter der Woche nochmal spielen. Ein schönes Derby im Pokal gegen den KSC. Im Breisgau würden sie sich wünschen, dass das Jahr 2012 nie zu Ende gehen möge. Der SCF hat hinter den Bayern (78), Dortmund (74, ein Spiel ausstehend), Leverkusen (61), Stuttgart (56) und Schalke (55) mit 53 Punkten ein überragendes Jahr hingelegt.

Durch den Zwischenspurt in den letzten Wochen ist Freiburg unter anderem auch an Schalke in der Tabelle vorbeigezogen. Der Erfolg dieser Mannschaft basiert zu sehr großen Teilen auf der Arbeit von Christian Streich. Der hatte seinen Klub in der Winterpause auf dem letzten Tabellenplatz übernommen, den Klassenerhalt vorzeitig geschafft und die Mannschaft nun unter die Top Fünf der Liga geführt.

Die Geschichte mutet ähnlich an wie die von Lucien Favre, der mit Borussia Mönchengladbach Vergleichbares geschafft hat - allerdings mit einem weitaus teureren Spielermaterial. Favre hätte damals den Titel "Trainer des Jahres" ebenso verdient wie Seriensieger Jürgen Klopp. Jetzt wäre eigentlich Christian Streich an der Reihe.

Schalke - Freiburg: Daten zum Spiel