Formel 1 - Erkenntnisse zum Frankreich-GP: Verstappen und Red Bull weltmeisterlich - Haas-Teamkonflikt schadet Schumacher

Christian Guinin
20. Juni 202123:09
Mick Schumacher und Nikita Mazepin sind 2021 Teamkollegen bei Haas.imago images / eu-images
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Während sich Max Verstappen und Red Bull beim Großen Großen Preis von Frankreich in weltmeisterlicher Form präsentieren, droht bei Haas der teaminterne Streit zwischen Mick Schumacher und Nikita Mazepin zu eskalieren. Sebastian Vettel und Aston Martin machen derweil den nächsten Schritt in Richtung der Spitze. Die Erkenntnisse zum Frankreich-GP.

Red Bull und Verstappen präsentieren sich weltmeisterlich

Zwei Wochen ist es her, da hagelte es für Max Verstappen beim Großen Preis von Aserbaidschan einen Nackenschlag. Wenige Runden vor dem Überschreiten der Zielflagge platzte dem Niederländer das linke Hinterrad. Die Folge: Ein Abflug mit über 300 km/h und der Verlust eines sicher geglaubten Sieges. Doch nicht nur die verpassten 25 WM-Punkte dürften den Niederländer geschmerzt haben, sondern vor allem der Ort, an dem es passierte.

Baku gilt wegen seines Stadtkurs-Layouts seit jeher als starke Red-Bull-Strecke, hinzu kommt, dass der 2021er Honda-Motor noch einmal ordentlich mehr PS zur Verfügung hat. Ein Sieg war auf Seiten Red Bulls also quasi schon eingeplant, um die Strecken, auf denen man weniger zu glänzen droht, quasi präventiv auszugleichen.

Der Circuit Paul Ricard ist unter anderem so ein Kurs. Seit der erstmaligen Wiederaustragung 2018 siegte (abgesehen vom Corona-bedingten Ausfall 2020) zwei Mal Lewis Hamilton. Vor allem wegen der langen, schnellen Kurven gilt der Kurs als Mercedes-Hochburg. Umso höher ist daher der Sieg von Max Verstappen am Sonntag einzuordnen. Dabei muss man jedoch nicht nur die im Vergleich zu den Vorjahren stark verbesserte Performance des RB16Bs thematisieren, auch die individuelle Leistung Verstappens sowie eine von der Strategie-Abteilung perfekt ausgeklügelte Taktik verhalfen zum unerwarteten Erfolg.

"Strategisch" sei "Red Bull heute besser gewesen im Rennen", meinte RB-Teamchef Christian Horner. Die Strategie seiner Truppe, Verstappen zunächst via Undercut an Hamilton vorbeizulotsen und später auf eine Zwei-Stopp-Strategie zu gehen, um dem vorschreitenden Reifenverschleiß vorzubeugen, stellte sich als genau richtig heraus. Dem stimmte auch der Teamchef von Konkurrent Mercedes Toto Wolff zu. "Unsere Performance war gut. Ich denke, wir hatten das schnellere Auto heute." Das Rennen habe Mercedes beim Boxenstopp verloren. "Wir haben gedacht, wir hätten genügend Abstand gegen den Undercut, dem war aber nicht so."

Max Verstappen feierte in Frankreich seinen dritten Saisonsieg.getty

Red Bull adaptiert Strategie während des Rennens

Es ist nicht das erste Mal, dass Mercedes in dieser Saison auf taktischer Ebene nicht gut aussieht. Schon in Monaco kosteten fragwürdige Entscheidungen am Kommandostand Lewis Hamilton wichtige WM-Punkte, nun folgte der nächste Fauxpas. Vom souverän dominierenden Team der letzten Saisons ist man so etwas nicht gewohnt.

Auf der anderen Seite präsentiert sich Red Bull in dieser Hinsicht in Topform. Berücksichtigt man, dass eine Zwei-Stopp-Strategie nicht zum ursprünglichen Plan der Österreicher gehörte und man lediglich auf die äußeren Umstände sowie den direkten Gegner reagiert hat, erscheint das Ergebnis beim Frankreich GP gar noch beeindruckender.

"Wir haben gut zehn Runden nach seinem (Verstappens; Anm.d.Red.) Stopp, also so rund um Runde 28, zu diskutieren begonnen. Max wurde von hinten gejagt und konnte seine Reifen nicht managen", erklärte Horner nach Rennende die Vorgehensweise. Weil die Mercedes so viel Druck ausübten, dachte man sich bei Red Bull schon, dass Hamilton und Bottas auf zwei Stopps setzen würden. "Das Feedback vom Auto war dementsprechend, dass er nicht dachte, bis zum Ende durchfahren zu können. Unser Stratege hat mir daher alle Optionen vorgelegt und wir dachten, wir haben nichts zu verlieren", sagte Horner.

Genau das ist es, was ein Team braucht, will es einen so starken und oft fehlerlosen Konkurrenten wie Mercedes besiegen. Denn neben einem Max Verstappen, der sich wohl in der Form seines Lebens befindet und unaufhaltsam scheint, sowie einem Boliden, der das Zeug hat ganz vorne mitzukämpfen, entscheiden im WM-Kampf allzu oft strategische und taktische Kleinigkeiten - das zeigte beispielsweise Ferrari in den Jahren 2017 und 2018.

Red Bull zeigt aktuell, dass man hier dazu gelernt hat. Nicht umsonst ist der Fight um den Titel so eng wie seit einer Ewigkeit nicht mehr.

Schumi vs. Mazepin: Haas-Teamduell droht giftig zu werden

Bereits beim Großen Preis von Aserbaidschan vor zwei Wochen krachte es verbal zwischen den beiden Haas-Teamkollegen Mick Schumacher und Nikita Mazepin. Auf dem Circuit Paul Ricard gerieten beide Youngster nun erneut aneinander: In Runde drei zwängte sich Mazepin an Schumacher vorbei, wobei der Deutsche nach außen gedrängt wurde und ihm nur der Weg in die Auslaufzone blieb.

Später fand der 22-Jährige deutlich Worte gegenüber dem Russen. "Muss nicht sein. Ich glaube, dass ich da mit dem Team noch einmal drüber reden muss. Im Endeffekt: Wenn es so sein soll, dann muss es so sein. Von daher: Wir machen unser Ding. Ich glaube, er macht seins."

Und das nur zwei Wochen, nachdem sich Schumacher und Mazepin in Baku ins Gehege gekommen waren. Dort hatte Schumacher den Russen in der letzten Rennrunde im Zielsprint überholt, wobei Mazepin plötzlich in Schumachers Richtung ausgeschert hatte und damit beinahe einen schweren Unfall unter hoher Geschwindigkeit produziert hätte. Anschließend folgte ein klärendes Gespräch mit Haas-Teamchef Günther Steiner, gewirkt hat dies jedoch offenbar nur bedingt.

"Ich glaube, dass das wahrscheinlich so sein Stil ist, dass wir uns auf dem Level vielleicht nicht ganz verstehen", gab Schumacher gegenüber Sky nach dem Rennen in Le Castellet erstmals Einblicke in das schwierige Verhältnis der beiden Teamkollegen.

Mazepin vertrete eben andere Standpunkte als er selbst, so Schumacher weiter: "Ich glaube, er war ja [nach Baku] auch recht offen oder gesprächig darüber in der Presse." Damals hatte Mazepin mehrfach betont, dass es aus seiner Sicht "keinen Vorfall" gegeben hätte.

Mick Schumacher und Nikita Mazepin gerieten erneut aneinander.getty

Ralf Schumacher: "Teamchef muss irgendwann was sagen"

Beistand bekommt Schumacher von seinem Onkel Ralf. "Da fährt er einfach zu schnell rein und er lässt gar keinen Platz. Es ist Gottseidank nichts passiert, weil Mick reagiert und in den Spiegel schaut, sonst sind beide draußen", so der ehemalige F1-Fahrer bei Sky. Der junge Russe sei "absolut überfordert", weshalb man innerhalb des Teams handeln müsse. "Da muss dann schon auch mal der Teamchef irgendwann was sagen, was er will, was er nicht will - auch wenn Papa (Haas-Hauptsponsor Dmitri Mazepin; Anm.d.Red) die größte Rechnung bezahlt. Das nützt ja alles nichts, wenn beide draußen sind."

Ganz so dramatisch will besagter Teamchef die Situation nicht bewerten. "Es war hartes Racing, aber keinesfalls unfair", analysierte Steiner das Duell. "Ich habe aber inzwischen mit beiden geredet. Ich glaube, Mick hatte versucht, George Russell zu überholen, und er musste Tempo rausnehmen, weil es nicht geklappt hatte. Nikita hat da seine Chance gesehen und ist innen rein." Mazepin könne er daher nichts vorwerfen, im Gegenteil: "Muss er machen", so der Haas-Boss. "Wenn er das Manöver nicht macht, kommt er auch nirgends hin, muss ich auch so sagen."

Dennoch: Einen Clinch zwischen beiden Teamkollegen kann sich Haas in der derzeitigen Situation schlicht nicht leisten. Das Team hat ohnehin große Probleme, auf sportlicher Ebene von sich reden zu machen. Fahren beide Fahrer dann noch in einer derart aggressiven Weise gegeneinander, sind Punkte selbst bei chaotischen Rennverläufen ausgeschlossen.

Auch für Schumacher kann das nicht von Interesse sein. Vielmehr gilt es für den 22-Jährigen mit sportlichen Highlights für Aufsehen zu sorgen. Wenn nach jedem Rennen das Verhältnis zum Teamkollegen Thema ist, wird das schwierig.

Aufwärtstrend von Vettel und Aston Martin hält an

Nach dem zweiten Platz beim Aserbaidschan-GP vor zwei Wochen klingt ein neunter Rang beim darauffolgenden Rennen zunächst einmal nicht berauschend. "Es war okay", ließ Sebastian Vettel sein Rennen Revue passieren. Überschwänglich klingt das nicht, wenn man berücksichtigt, dass der Heppenheimer nach einer gefühlten Ewigkeit mal wieder drei Rennen in Folge die Punkteränge erreicht hat.

Was also hat Vettel an seinem Rennen zu P9 in Le Castellet zu kritisieren? "Es wäre vielleicht noch ein bisschen mehr drin gewesen. Die Gruppe vor uns war ein bisschen langsamer und wir haben noch Boden gut gemacht zum Schluss, aber nicht genug. Da sind mir zum Schluss die Runden ausgegangen", bilanzierte der 33-Jährige.

Er haderte deshalb mit dem Rennverlauf: Vor allem zwei Situationen hätten ihn Zeit gekostet. Zeit, die ihn am Ende womöglich gefehlt habe, um weitere Positionen nach oben zu klettern. Im ersten Stint habe ihn in Kurve "eine Böe erwischt", zudem sei bei seinem Reifenwechsel von Hard auf Medium nicht alles glatt gelaufen. "Die Reifen waren ziemlich fertig, muss ich sagen. Ich glaube, ich bin dann einen Tick zu weit vorgefahren. Vorne links hat es ein bisschen geklemmt."

Dennoch bliebt festzuhalten, dass die Form von Vettel und Aston Martin weiter nach oben zeigt. Die Strategie des Heppenheimers ging perfekt auf, nach P12 in der Qualifikation landete Vettel im Rennen drei Plätze weiter oben auf Rang neun. Auch Teamkollegen Lance Stroll erwischte einen guten Tag. Der Kanadier kam von Startplatz 19 als Zehnter ebenfalls noch in die Punkte.

Sebastian Vettel erreichte zum dritten Mal in Folge die Punkteränge.getty

Vettel: Pace war ziemlich konkurrenzfähig"

Vettel fühlt sich zunehmend wohler im Auto und weiß, wie er den AMR21 ans Limit bringen kann. "Ich glaube, die ersten Rennen waren einfach nicht so rund und haben vielleicht nicht ganz widergespiegelt, wo wir hingehören und was wir aus dem Auto rausziehen können", sagte Vettel über den bisherigen Saisonverlauf.

Deshalb sei er jetzt "froh, dass es etwas besser läuft", betonte Vettel. "Es sind nicht viele Punkte für P9 und P10, aber besser als nichts. Und es ist gut, dass wir in den Punkterängen liegen und um Punkte kämpfen. Die Pace war insgesamt ziemlich konkurrenzfähig. Ich hoffe, dass wir das aufrechterhalten können." Er wähne sich mit Aston Martin in jedem Fall besser aufgestellt als noch vor einigen Wochen. Auch, weil das Team seine "Hausaufgaben" gemacht habe.

Ebenfalls positiv anzumerken ist, dass der Aston Martin nach den Stadtkursen Monaco und Baku, wo man mit den Rängen fünf und zwei die besten Saisonergebnisse einfuhr, auch auf einem völlig anderen Layout zu performen scheint. Wo das Auto im Qualifying vielleicht noch das ein oder andere Problem hat, sieht die Rennpace nach den vergangenen Wochen mehr als ordentlich aus. Hinzu kommt ein sichtlich motivierter Sebastian Vettel, der bei seinem neuen Team angekommen scheint.

Formel 1: Die WM-Wertung nach 7 von 23 Rennen

  • Fahrerwertung:
PlatzFahrerTeamPunkte
1Max VerstappenRed Bull131
2Lewis HamiltonMercedes119
3Sergio PerezRed Bull84
4Lando NorrisMcLaren76
5Valtteri BottasMercedes59
6Charles LeclercFerrari52
7Carlos SainzFerrari42
8Pierre GaslyAlphaTauri37
9Daniel RicciardoMcLaren34
10Sebastian VettelAston Martin30
  • Konstrukteurswertung:
PlatzTeamPunkte
1Red Bull215
2Mercedes178
3McLaren110
4Ferrari94
5AlphaTauri45
6Aston Martin40
7Alpine29
8Alfa Romeo2
9Williams0
10Haas0