NFL

Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 5 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 5 in der NFL.
© getty

In Woche 5 gehen bei den Rams endgültig die offensiven Alarmglocken an - Erinnerungen an die finstere Vergangenheit werden wach. Außerdem: Wird Russell Wilson in Denver zum riesigen Missverständnis? Wann wird es in Washington ernst? Was ist los mit den Packers? Und: Niners-Fans müssen ihre Defense in dieser Saison nochmal genießen!

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Wer am Donnerstag die Offenses der Broncos und der Colts, und dann am Sonntag die Bills gegen die Steelers gesehen hat, muss unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass hier Teams auf verschiedenen Planeten unterwegs sind.

Das Feuerwerk, das die Bills gegen Pittsburgh abbrannten, war eine mehr als eindrucksvolle Erinnerung daran, zu was die Elite-Offenses dieser Liga noch immer in der Lage sind - wenn Defenses es erlauben. Das ist natürlich vereinfacht formuliert und wird im ersten Moment dem, was Josh Allen und in erster Linie Gabriel Davis in der ersten Halbzeit zeigten, nicht gerecht.

Hier waren mehrere absurde Plays drin, die nicht nur Allens Armtalent eindrucksvoll unterstrichen. Buffalo hatte zur Halbzeit nicht nur 31 Punkte auf dem Konto, die Bills standen nach den ersten beiden Vierteln bei absurden 348 Passing-Yards, 14,5 Yards pro Pass und 11,8 Yards pro Play insgesamt. Allen warf den Ball in der ersten Hälfte im Schnitt 16,2 Yards tief! Aufs Spiel gesehen hatten die Bills über zehn Yards pro Play, bei über 50 Plays. Unglaublich, egal wie man es dreht und wendet, aber gerade dieses Jahr, wo Passing-Offenses wenige dieser explosiven Auftritte hatte, schaute man hier umso ungläubiger zu.

Aber ja, es war auch eine desolate Vorstellung der Steelers-Defense. Wo wir in vergangenen Wochen gesehen haben, wie Teams die Bills-Offense zumindest dazu bringen, geduldig das Feld runter zu gehen, viele kurze Plays zu nehmen, und Allen eben gar nicht erst die Räume geben, um regelmäßig vertikal zu gehen, hatten die Steelers relativ wenig Interesse daran.

Pittsburghs Defense wird schon seit einer Weile ihrem Ruf nur noch vereinzelt gerecht. Natürlich fehlt ohne T.J. Watt der absolute Ausnahmespieler, aber selbst mit Watt waren insbesondere in der Run-Defense im Vorjahr schon teilweise gravierende Löcher. Und die Ausfälle in der Secondary halfen zusätzlich nicht.

Und so oder so: Watt wird noch wochenlang fehlen, und die Realität für Rookie-Quarterback Kenny Pickett ist: Das Game-Script wird nicht immer so desolat sein wie in Buffalo - aber es wird über die nächsten Wochen vermutlich selten übermäßig positiv in der Hinsicht aussehen. Beziehungsweise, es wird an Pickett und der Offense liegen, diese positiven Game-Scripts zu kreieren.

Dieses Spiel war zu absurd, um es nicht zu erwähnen - gerade in dieser Saison. Absurd war auch das, was Taysom Hill gegen Seattles Defense veranstaltete; oder, vielleicht besser, umgekehrt formuliert. Aber mit Blick auf die übergreifenden Themen gibt es noch weitere gravierende Punkte, und damit auf, zum Rest von Woche 5!

1. Die Rams-Offense: Wie in schlimmsten Goff-Zeiten

Die Spiele gegen die Cowboys und am vergangenen Montag gegen die 49ers dürften bei Rams-Fans einige unschöne Erinnerungen hervorgerufen haben. Nicht nur an die Jared-Goff-Offense generell - und damit so gar nicht an die explosive Offense aus dem Super-Bowl-Run -, sondern auch an eine ganz spezifische Jared-Goff-Offense.

2019 war in der Sean-McVay-Ära die eine Saison, in welcher die Rams mit einer allfälligen Offensive Line umgehen mussten - und die Ergebnisse waren überschaubar. 2019 war die einzige Saison unter McVay, in welcher die Rams nicht mindestens zehn Spiele gewannen und die Playoffs verpassten.

Goff legte 2019 nur 22 Touchdown-Pässe auf, ein Wert, den er unter McVay nur 2020 noch unterbot (20). Gleichzeitig legte er einen persönlichen Interception-Höchstwert (16) auf.

Und mehr noch: Seine 626 Passversuche waren die meisten in einer Saison für ihn. In keiner anderen Regular Season unter McVay warf Goff mehr als 561 Pässe.

Rams mit Stafford: Kurzzeitig der perfekter Sturm

In gewisser Weise stand das sinnbildlich für die Probleme in jener Saison. Weil die Rams hinter einer vergleichsweise schwachen Offensive Line und gegen Defenses, die besser auf McVays Run Game eingestellt waren, den Ball nicht gut laufen konnten, musste McVay Antworten im Passspiel finden.

Diese Antworten lagen zunehmend häufig in sehr kurzen Pässen, und vor allem immer weniger in Shot Plays: Goff warf 2019 ganze 8,9 Prozent seiner Pässe mindestens 20 Yards tief und legte einen einzigen tiefen Touchdown-Pass auf. Zum Vergleich: Im Jahr davor warf er 11,2 Prozent seiner Pässe tief und hatte neun tiefe Touchdown-Pässe.

Die Limitierungen mit Goff blieben auch 2020 schmerzhaft deutlich, selbst als die Line wieder besser spielte. Das führte letztlich zum Wunsch, ein Quarterback-Upgrade zu finden, was ultimativ den Trade für Matt Stafford in die Wege leitete.

Und in der vergangenen Saison, bei allen Höhen und Tiefen, die Stafford in seinem Spiel hatte, konnte dieses Team wieder diesen perfekten Sturm erreichen: Wenn die Offense schematisch klickt, und Stafford dann noch wie die sprichwörtliche Kirsche auf der Torte seine Ausnahmequalitäten draufpacken kann.

Das zeigte sich konkret darin, dass die Rams einen schematisch hohen Floor hatten, gleichzeitig aber Stafford insbesondere aus Empty aggressiv sein konnte - weil die Protection hielt.

Die Offensive Line der Rams wird zum Problem

Diesen Luxus haben die Rams in dieser Saison ganz eindeutig nicht. Vor Woche 5 hatte Joe Noteboom laut PFF die meisten Quarterback-Pressures aller Tackles zugelassen mit 20 - kein anderer Tackle kam über die ersten vier Spiele auf mehr als 15. Rob Havenstein (10 zugelassene Pressures) bewegt sich unter Right Tackles auf Platz 6.

Innen ist es nicht viel besser, David Edwards ist unter Guards einer der anfälligsten Pass-Blocker in der NFL bislang, und die Center-Position gleicht bislang verletzungsbedingt einer Drehtür: Brian Allen, Coleman Shelton und Jeremiah Kolone haben hier bislang in dieser Saison für die Rams gespielt.

Die Rams sind in der Folge eines der ineffizientesten Rushing-Teams in der NFL - gegen Dallas verzeichneten sie im Schnitt 0,13 Yards vor erstem Gegnerkontakt! -, und die ausgeprägten Empty-Packages aus der Vorsaison sind weitestgehend verschwunden. Stattdessen: Mehr enge Formationen, mehr Underneath Passing - was vor allem zu vielen schwierigen Catches für Cooper Kupp führt.

So gut Kupp ist, hier fällt dann deutlich auf, dass den Rams in dieser Saison die Dynamik und Explosivität fehlen, um die Tatsache, dass sie nicht mehr die Big Plays aus Empty oder mit tiefen Dropbacks kreieren können, auszugleichen. Und das macht die Offense nicht nur generell eindimensional, weil sie viel um die Line herum arbeiten muss, sondern es sorgt auch dafür, dass alles viel schwieriger ist - jeder Drive, jeder Punkt. Die Dinge, die Stafford eigentlich "on top" liefern kann - Shot Plays, ein offenes Playbook aus Empty, das Bedienen des ganzen Feldes -, fallen so komplett weg, und der Floor, den McVay normalerweise kreiert, wird torpediert.

Das war jetzt in zwei aufeinanderfolgenden Spielen überdeutlich. Die 49ers setzten Stafford andauernd unter Druck und konnten ihn sogar blitzen, etwas, das gegen die Rams im Vorjahr kaum funktionierte. Dallas war am Sonntag mindestens genauso dominant, und auch hier hatten die Rams riesige Probleme damit, irgendeinen Rhythmus zu finden. Stafford steckte einen Hit nach dem anderen ein (fünf Sacks, elf QB-Hits insgesamt), die Rams konnten den Ball erneut nicht laufen und einen Rhythmus suchte man vergeblich.

Gleich der erste Drive endete mit einem Strip-Sack, welchen die Cowboys-Defense zum Touchdown zurück trug. Aufs ganze Spiel gesehen hatten die Rams zwölf Drives, acht davon endeten mit weniger als 30 Yards Raumgewinn. Darunter ein Drive über -4 Yards, der an der gegnerischen 29-Yard-Line begonnen hatte und mit einem verschossenen Field Goal endete. Die Rams-Offense wirkte in diesen beiden Spielen - gegen Dallas waren letztlich die beiden Big Plays zu Tutu Atwell und Cooper Kupp der Großteil der offensiven Production - phasenweise nicht funktional, und, das muss man auch McVay ankreiden, mit wenigen Alternativen in der Hinterhand.

Rams: Welche Auswege gibt es für McVay?

Diese Grafik unterstreicht anschaulich den direkten Zusammenhang zwischen der Qualität der Protection und der Qualität der Offense insgesamt unter McVay, was unmittelbar die abschließende Frage nach alledem aufwirft: Welche Antworten können die Rams noch finden. Was ist noch möglich für die Offense, wenn wir die Line als das jetzt ausführlich beschriebene Handicap als gegeben nehmen?

Zunächst einmal ist es ein fairer Punkt, dass die Rams nicht jede Woche auf die Niners und die Cowboys treffen - in meinen Augen die beiden besten Pass-Rushs in der NFL aktuell. Aber: Mit Carolina, nochmals San Francisco, Tampa Bay, New Orleans, Green Bay und den Chargers würde ich einen signifikanten Teil der ausstehenden Rams-Gegner in die obere Liga-Hälfte in puncto Pas-Rush einsortieren.

Und selbst wenn wir davon ausgehen, dass es für die Rams einmal mehr in die Playoffs geht - die Aufgaben in puncto Pass-Rush werden dann natürlich nicht einfacher.

Antworten müssen also her, und zumindest auf der Hand liegen diese nicht. Ich denke, dass die Rams gegen Teams, die nicht diese individuelle Qualität und Aggressivität in der Defensive Line haben, etwas mehr Erfolg im Play-Action-Passspiel haben können. Ich denke auch, dass sie aus engen Formationen mit 6- und 7-Mann-Protections mit Stafford Shot Plays kreieren können. Aber diesem Team fehlt die Explosivität, um mehr zu kreieren. Tutu Atwell ist der eine Spieler mit echtem Speed in dieser Offense. Und es fehlt die Line, um sich Zeit zu verschaffen.

Ich würde aus Rams-Perspektive davon ausgehen, dass zähe Spiele, die mit eher effizienter als spektakulärer Offense und mitgetragen von der eigenen Defense gewonnen werden müssen, den Großteil dieser Saison ausmachen werden.