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NBA Above the Break: Das dreiköpfige Monster der OKC Thunder, Karl Towns‘ Frust und Andre Drummond

Schröder und Paul spielen mit den Thunder in der Western Conference um die Playoffs.
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Above the Break eröffnet das neue Jahr mit einem Blick auf die OKC Thunder und ihre stärkste Waffe, das Lineup mit drei nominellen Point Guards um Chris Paul und Dennis Schröder. Außerdem blickt SPOX-NBA-Redakteur Ole Frerks auf die Situationen von Karl-Anthony Towns und Andre Drummond.

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Das dreiköpfige Monster der OKC Thunder

Die nun startende Woche steht eigentlich im Zeichen eines Wiedersehens für Oklahoma City: Erstmals seit seinem Trade im Sommer kehrt Russell Westbrook mit seinem neuen Team zurück in die Stadt, die zuvor sein Zuhause war und die zuvor keinen NBA-Basketball ohne ihn kannte (Freitag, ab 3.30 Uhr live auf DAZN). Doch in Jahr eins nach Russ sind die Thunder bei weitem nicht nur deshalb relevant.

Langsam kommt OKC an den Punkt, wo entschieden werden muss, wie es in dieser Saison weitergeht: Soll noch, wie vor der Saison angenommen, mit diversen Trades das Team aufgelöst werden, um den Rebuild weiter voranzutreiben, oder startet man vielleicht sogar noch einen Angriff und wird als Käufer auf dem Markt aktiv? Erste Stimmen erklingen in diese Richtung.

Möglich gemacht hat dies ein dominanter Dezember, in dem kein West-Team besser unterwegs war als OKC (11-4), das unter anderem in Portland, Utah und Toronto gewann sowie zuhause Siege gegen die Clippers und Mavericks einfuhr. Die Thunder stecken im gar nicht mal so tiefen Westen mitten im Playoff-Rennen, ob das nun geplant war oder nicht.

Warum der plötzliche Aufschwung? Mehrere Gründe sind hier zu nennen, beispielsweise die ansteigende Formkurve von Steven Adams, der die Saison schwach eröffnete und im Dezember zur dominanten Figur avancierte (14 und 11 im Schnitt, Offensiv-Rating von 130!), doch keiner ist wichtiger als das dreiköpfige Monster im Backcourt.

Dennis Schröder und Shai Gilgeous-Alexander bilden in der Crunch Time ein brandgefährliches Duo.
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Dennis Schröder und Shai Gilgeous-Alexander bilden in der Crunch Time ein brandgefährliches Duo.

Paul, SGA und Schröder ergänzen sich perfekt

Thunder-Coach Billy Donovan sah sich vor der Saison mit der Herausforderung konfrontiert, dass drei seiner besten fünf Spieler nominell die gleiche Position bekleiden. Zwei davon ließ er in Chris Paul und Shai Gilgeous-Alexander sofort starten, mittlerweile steht aber in Dennis Schröder auch der dritte Point Guard im Bunde immer mehr mit den beiden anderen Guards auf dem Court. Denn: Die Resultate sind eindeutig.

209 Minuten absolvierten die drei OKC-Guards in dieser Saison bisher zusammen, in dieser Zeit erzielten die Thunder pro 100 Ballbesitze 29,3 Punkte mehr als das gegnerische Team. Es ist womöglich die wichtigste Waffe des Teams, insbesondere am Ende von engen Spielen - nicht von ungefähr hat OKC eine 16-10-Bilanz in "Clutch"-Spielen (9-2 im Dezember) sowie das zweitbeste Net-Rating der Liga im vierten Viertel (+9, nur Milwaukee ist besser).

OKC produziert mit den drei Guards sowohl offensiv als auch defensiv Werte, die auf das gesamte Spiel gerechnet die Liga anführen würden. Gerade letzteres erscheint überraschend, blickt man auf vermeintliche Größennachteile. CP3 ist jedoch bekanntermaßen klug und gebaut wie ein Hydrant und Schröder sowie vor allem Gilgeous-Alexander bringen Länge mit - und, gerade in Schröders Fall in den vergangenen Jahren nicht immer selbstverständlich, auch das richtige Engagement.

Donovan lässt Schröder gegnerische Ballhandler bisweilen über das gesamte Feld verteidigen, gegen Dallas etwa bekam er in der Schlussphase die Aufgabe, den brandheißen Luka Doncic zumindest ein wenig einzuschränken. Über das Spiel gesehen hat der Braunschweiger zwar Unkonzentriertheiten drin, vor allem in der Team-Defense, aber gerade solche Herausforderungen nimmt er bereitwillig an.

Begeisternd treten die Thunder mit den drei Guards (es braucht einen Namen für dieses Lineup!) jedoch primär offensiv auf. Hier funktioniert es vor allem deshalb, weil alle drei recht unterschiedliche Stärken haben und diese komplementär einsetzen können. Hier verderben nicht zu viele Köche den Brei, im Gegenteil: Sie kreieren zusammen ein vorzügliches Gericht.

Dennis Schröder: Weniger Assists, mehr Scoring

Paul gibt den Maestro, der das Gros der Entscheidungen trifft, in der Mitteldistanz nach wie vor jeden Wurf bekommt und diese dann besser trifft als jeder andere NBA-Spieler (56,1 Prozent!). Knapp achtmal pro Spiel ist er als Ballhandler im Pick'n'Roll aktiv, die Thunder generieren daraus 1,09 Punkte pro Play, womit er weiterhin zu den absolut besten NBA-Spielern gehört.

CP3 ist in die Jahre gekommen, trotzdem bleibt er ein Genie auf dem Court. Der Vertrag hat seinen Tradewert bekanntlich massiv geschädigt, blendet man diesen jedoch aus, gibt es wohl keine fünf Point Guards, die man im Januar 2020 lieber im Team hätte, wenn man einen Titel gewinnen möchte.

Vorerst gehört er jedoch den Thunder, und er leitet das recht junge Team herausragend an. Paul läuft auch knapp die meisten Isolation-Plays (3) pro Spiel, er dominiert den Ball aber bei weitem nicht so sehr wie bei einigen vorigen Stationen. Er teilt den Ball bereitwillig mit seinen "Novizen".

Schröder nimmt dabei eine etwas andere Rolle ein als in den vergangenen Jahren. In OKC wird seine größte Stärke - die Schnelligkeit beim Zug zum Korb - maximal eingesetzt, er soll nicht primär assistieren, sondern selbst abschließen. Die Folge: Seine Assist-Zahlen waren nur als Rookie niedriger (3,7), dafür punktete er nur 17/18 mehr (18,5) und seine Quoten sind wesentlich besser (Tendenz steigend).

Die Statistiken der drei OKC-Guards

MinutenPunkteAssistsFG%3FG%Offensiv-Rating
Paul31,816,36,646,935,9110,4
Gilgeous-Alexander35,319,92,846,335,4110,2
Schröder30,318,53,74735,6107,5

Schröder kann den Ballvortrag selbst übernehmen, jedoch verstand es in seiner bisherigen Karriere kein Mitspieler besser als Paul, den Deutschen in Szene zu setzen. Schröder bekommt den Ball von CP3 zumeist in Bewegung, wenn er bereits Fahrt aufgenommen hat und es noch schwieriger wird, vor ihm zu bleiben.

Eine Spezialität ist das "Pistol"-Set, bei dem Paul Schröder den Ball auf der Seite knapp innerhalb der Dreierlinie überlässt und danach einen Block für ihn stellt. Mit seinem Tempo ist DS17 dann kaum zu stoppen, weshalb er derzeit starke 1,1 Punkte pro Play nach Hand-Offs entweder selbst erzielt oder unmittelbar assistiert.

Schröder lebt dabei aber bei weitem nicht nur vom Drive, im Dezember war er von überall auf dem Court on fire - und tatsächlich liegt er über die Saison gesehen auch bei den Mitteldistanzwürfen weit vorne, knapp die Hälfte seiner Würfe trifft er aus dieser Distanz.

Schröder bei OKC: Trade-Chip oder Baustein für die Zukunft?

Der vergangene Monat dürfte der beste seiner Karriere gewesen sein, bezieht man die Effizienz und auch die Tatsache mit ein, dass er regelmäßig zum rechten Zeitpunkt explodierte und einige der diversen OKC-Comebacks hauptsächlich verantwortete. In dieser Form kann er ein Trade-Chip sein, vielleicht aber auch gleich ein Baustein für die noch recht undurchsichtige Thunder-Zukunft.

Nur einer der drei Guards hat diesen Status sicher und wenig überraschend geht es dabei um den jüngsten von ihnen. Der 21-jährige Gilgeous-Alexander hat den aus OKC-Sicht von Anfang an sehr guten Paul-George-Trade aus dem Sommer schon jetzt zu einem Sechser im Lotto gemacht, wenn man seinen Fortschritt in dieser Saison aus der Nähe betrachtet.

SGA hat seine Punkte im Vergleich zum Rookie-Jahr bei den Clippers beinahe verdoppelt und beeindruckt mit seinem breiten Arsenal von Floatern, Leanern und teils unvorhersehbaren Richtungswechseln. Der Kanadier bewegt sich elegant, in seinem ganz eigenen Tempo, und kann sich immer wieder an gegnerischen Spielern vorbeiwinden.

Sein Finishing in Ringnähe ist ausbaufähig, zumal er kein klassisch explosiver Athlet ist, und auch der Wurf ist noch nicht auf dem höchsten Niveau, trotzdem kratzt SGA schon jetzt fast am All-Star-Niveau. Glänzte er bei den Clippers noch als Rollenspieler, läuft in OKC vor allem zu Beginn des Spiels sehr viel über ihn, einzig Schröder hat bei den Thunder eine höhere Usage-Rate (24,6).

Vor allem dank der Präsenz von CP3 wird auch er oft als Scorer abseits des Balles eingesetzt, wenngleich Gilgeous-Alexander sein Playmaking ebenfalls regelmäßig aufblitzen lassen darf. Genau wie Schröder läuft auch er über 7 Pick'n'Rolls pro Spiel als Ballhandler, beide kratzen hier in Sachen Effizienz aber noch lange nicht am Status des Point Gods. Wobei man diesen auf und neben dem Court immer wieder dabei beobachten kann, wie er vor allem SGA anleitet und den Mentor gibt.

OKC Thunder: Das zusammengewürfelte Team macht Spaß!

Auch das macht dieses Trio besonders. Man hat den mit allen Wassern gewaschenen Oldie, dessen Verstand seine größte Waffe ist, den pfeilschnellen Sixth Man, der mit nun 26 Jahren gerade in seine besten Jahre kommt, und den designierten Franchise Player, der noch fast am Anfang seiner Karriere steht und sein Potenzial gerade erst ankratzt.

Alle drei haben Playmaking- und Scoring-Skills, alle drei verfügen trotzdem über unterschiedliche Stärken und damit sind sie für gegnerische Teams unheimlich schwer auszurechnen. Sie alle können Mismatches attackieren, werfen, zum Korb gehen oder ihre Mitspieler in Szene setzen.

Es ist bei einem solchen Setup nicht selbstverständlich, dass kein interner Hahnenkampf entsteht, und es ist angesichts der speziellen Situation in OKC auch nicht garantiert, dass es noch viele gemeinsame Spiele gibt. OKC priorisiert langfristig wohl den Rebuild, der Kader ist insgesamt auch nicht weit genug, um mit ein, zwei Moves echten Contender-Status zu erlangen.

General Manager Sam Presti hält nun die Chips in der Hand. Speziell bei Schröder dürfte sich der Trade-Wert über den vergangenen Monat sehr gesteigert haben, Teams wie Minnesota haben durchaus akuten Point-Guard-Bedarf. Das ließe sich nutzen, wenn man diesen Weg einschlagen wollte. Das gilt natürlich auch weiterhin für Danilo Gallinari.

Für den Moment kann man dieses im Endeffekt zusammengewürfelte Team aber auch einfach genießen. Es muss nicht immer ein elaborierter Plan dahinterstecken, damit in einem Team ein gewisser Funken Magie entsteht.

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