NBA

Understatement bis zum Ende

Kobe und Timmy: Zwei Legenden, die unterschiedlicher nicht sein könnten
© getty

Tim Duncan hat sich seinem Charakter gemäß still und leise von der NBA verabschiedet. Er wollte keine Fanfaren - dabei hätte sie niemand so verdient wie "The Big Fundamental", der beste Spieler seiner Generation. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Ole Frerks.

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Montag am nach US-Zeit frühen Vormittag flatterte eine Pressemitteilung über den Äther. Tim Duncan hört auf. Ohne Zitate, nur mit einer Ankündigung: Am Dienstag wird es eine Pressekonferenz der Spurs geben, bei der Duncan verabschiedet wird. Duncan selbst wird dabei nicht anwesend sein.

Nach der Ankündigung wünschte die gesamte Sportwelt Duncan über die Sozialen Medien mit viel Pathos einen schönen Ruhestand. Der hat aber weder Twitter noch Facebook, vermutlich schickt er seine Nachrichten per Brieftaube. Sämtliche Lobhudelei erreichte ihn daher gar nicht erst - ganz nach seinem Geschmack. Duncan war schon immer ein sonderbarer Superstar, aber der Kontrast zu Kobe Bryants Abschiedstour zeigte es ein letztes Mal perfekt.

Kobe verabschiedete sich mit 60 Punkten, in einem Spiel ohne Bedeutung. Nach der schlechtesten Saison der Lakers-Geschichte, in der es ausschließlich um ihn ging. Duncans letztes Spiel war eine Playoff-Niederlage in der zweiten Runde, bei der er das mit Abstand beste Plus/Minus-Rating seines Teams aufwies. Nach der besten Saison der Spurs-Geschichte, mit echten Titelambitionen und einem 40-Jährigen als Anker einer der besten Defensiven der Liga-Historie.

Nicht falsch verstehen: Auch Kobe war ein Gigant und gehört vermutlich zu den zehn besten Spielern der NBA-Geschichte. Die Art und Weise, wie er gegangen ist, war vollkommen in Ordnung. Dass er nach Ansicht der meisten Fans aber über Duncan anzusiedeln ist, ist so verständlich - aufgrund der Persönlichkeiten und Spielstile - wie falsch.

Der perfekte Franchise Player

Wer sich für 20 Jahre einen von beiden als Franchise Player aussuchen dürfte und Kobe (oder irgendwen außer Duncan) wählen würde, hätte die objektiv falsche Entscheidung getroffen. In der gesamten NBA-Geschichte war außer Bill Russell niemand ein solcher Erfolgsgarant wie Duncan.

Seitdem er 1997 bei den Spurs anfing, weisen diese eine durchschnittliche Punktedifferenz von +6,55 Punkten auf - das ist mehr als das doppelte der zweitplatzierten Mavericks (+2,73). Mit seiner absurden Dominanz ließen sich ganze Buchbände füllen.

Duncan war Trainerliebling und perfekter Teammate in einem: Er verteidigte Popovich, als der ihn in den Finals 2013 in einer kritischen Phase auf die Bank setzte (ein Fehler). Er gab bereitwillig Spielanteile an Parker, Ginobili und später Leonard ab. Er erfand sich häufiger neu als jeder andere Superstar.

Produktiv im biblischen Alter

Einiges ist dennoch immer geblieben. Auch mit 40 blieb Duncan ungemein produktiv: Seine "Jahr-für-Jahr Statistiken" pro 36 Minuten bei basketball-reference.com gehören ohne Umwege ins Museum. Auch seine stoische Art hat er sich behalten: Ein Witzbold im Kreis des Teams, ein ausdrucksloser Anti-Superstar nach außen hin - als Außenstehender konnte man den besten Spieler seiner Generation daher nie richtig kennenlernen, sondern nur wertschätzen.

Es liegt jetzt an seiner Franchise. Seine Statue ist in San Antonio hoffentlich längst bestellt, sein Trikot gehört zum Saisonstart unter die Hallendecke. Wenngleich Duncan vermutlich auch dieser Zeremonie gerne fern bleiben würde.

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