"Jeder weiß, dass Pitt die Nummer eins ist!"

Von Interview: Philipp Dornhegge
Big Man Chevon Troutman ist innerhalb kurzer Zeit zum Führungsspieler bei den Bayern gereift
© Getty

Chevon Troutman ist so etwas wie der Emotional Leader von Bayern Münchens Basketballern. Mit seiner Spielweise versteht er es, seine Kollegen mitzureißen und anzutreiben. So ist er innerhalb kürzester Zeit zum Publikumsliebling der FCB-Fans avanciert.

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Dabei lief es beim BBL-Aufsteiger zuletzt nicht immer rund. Doch nach dem Befreiungsschlag in der Bundesliga mit dem Sieg über Gießen wollen Troutman und Co. nun auch im Eurocup ein Ausrufezeichen setzen, wenn am Dienstagabend St. Petersburg, ungeschlagener Tabellenführer der Gruppe G, im Audi Dome zu Gast ist.

Zuvor spricht der 30-Jährige bei SPOX über die Situation bei den Bayern, soziale Kompetenz und die Uni-Zeit in Pittsburgh, seine NFL-Ambitionen sowie Trash-Talk-Duelle mit seinen Teamkollegen.

SPOX: Herr Troutman, Sie haben ja einen College-Abschluss in Communication Rhetoric. Muss ich bei unserem Gespräch aufpassen, was ich sage und wie ich es sage?

Chevon Troutman: (lacht) Nein, keine Sorge. Ich bin nicht so ein Fachmann, dass ich Fremde genau analysieren könnte. Ich nehme einfach alles, was Sie sagen, ganz neutral hin. Da müsste ich Sie schon besser kennen, um Ihre Mimik und Gestik interpretieren zu können.

SPOX: Kommt Ihnen selbst denn Ihr theoretisches Wissen zugute, wenn Sie sich mit Menschen unterhalten?

Troutman: Ein bisschen schon, ja. Aber vor allem glaube ich, dass ich eine gute soziale Kompetenz habe und mit Menschen an sich gut klar komme.

SPOX: Haben Sie bewusst an dieser Kompetenz gearbeitet?

Troutman: Ich glaube das kommt daher, dass ich mich viel und gern mit älteren Menschen unterhalte. Aus irgendeinem Grund nehme ich aus Unterhaltungen mit Menschen, die älter sind als ich, mehr mit. Das war früher schon so. Wenn ich ein Mädchen kennen gelernt habe, habe ich mich oft lieber mit ihren Eltern unterhalten (lacht).

SPOX: Sind Sie denn generell an Sprachen interessiert?

Troutman: Das hat sich in den letzten Jahren entwickelt, seit ich in Europa bin. Wahrscheinlich kommt es ganz automatisch, dass man hier etwas mitnimmt, da etwas aufschnappt.

SPOX: Sie haben also tatsächlich Italienisch, Französisch und inzwischen auch etwas Deutsch gelernt?

Troutman: Dinge, die im Alltag wichtig sind, beherrsche ich schon. Aber ich spreche sicher nicht fließend, dafür war die Zeit in den jeweiligen Ländern einfach nicht ausreichend.

SPOX: Ihre Tattoos sprechen ja auch eine ganz eigene Sprache.

Troutman: Absolut, aber es ist nicht ganz einfach, das zu erklären. Es geht da in erster Linie um Motivation, darum, was es heißt, ein Profisportler zu sein.

SPOX: Angeblich haben Ihnen Ihre Tattoos an der University of Pittsburgh immer wieder geholfen.

Troutman: Als ich als junger Kerl ans College kam, war es für mich nicht ganz einfach. Die Panthers haben ein erstklassiges Basketball-Programm, wo der Wettbewerb sehr groß ist. Ich hatte anfangs Schwierigkeiten, mich da zurecht zu finden und auch dann positiv zu bleiben, als ich mal nicht so viel gespielt habe. Dazu war der Druck, der von den Coaches gemacht wurde, wirklich nicht ohne.

SPOX: In Ihrer Schulzeit waren Sie ein sehr guter Footballspieler und haben zum Ende Ihrer College-Zeit sogar ein Probetraining bei den Washington Redskins absolviert.

Troutman: Ja, in der High School habe ich Football gespielt, im College dann nicht mehr. Aber verschiedene Coaches haben mir geraten, dass ich es in der NFL versuchen solle. Ich bin nun mal recht groß und kräftig und fange auch beim Basketball viele lange Pässe. Das versuchen wir übrigens auch hier bei den Bayern besser zu nutzen. Ich bin gut darin, nach einem Ballgewinn nach vorne zu sprinten und mir Platz zu verschaffen. Wenigstens drei Mal pro Spiel sollten so leichte Punkte möglich sein. Wir arbeiten dran.

SPOX: War die Geschichte von Antonio Gates (Tight End der San Diego Chargers, d. Red.), der auch vom College-Basketballer zum Footballprofi geworden ist, Motivation für Sie?

Troutman: Nein. Das war wirklich nur den Coaches geschuldet, die mich angesprochen haben. Ich habe damals überlegt, wie es weitergehen soll, und mir gesagt, dass ich es einfach mal mit Football versuche.

SPOX: Erinnern Sie sich denn noch an Antonio Gates, den Basketballer?

Troutman: Ich schaue ihn mir heute bei den Chargers gern an, aber als Basketballer? Nein, nicht wirklich.

SPOX: Sie können sich nicht mehr erinnern, dass er Sie mit Kent State 2002 aus dem NCAA Tournament geworfen und dabei 22 Punkte und 8 Rebounds erzielt hat?

Troutman: Aber das war mein erstes Jahr in Pittsburgh! Ich weiß noch, dass er da richtig gut war. Fairerweise sollte man jedoch betonen, dass ich da noch nicht so viel gespielt habe (lacht).

SPOX: Sie haben inzwischen mit der Dominikanischen Republik, Frankreich, Italien und jetzt Deutschland verschiedene Länder kennen gelernt. War und ist es ein Wunsch, in der Welt herum zu kommen?

Troutman: Ich bin schon interessiert an den Dingen, die in der Welt passieren. Aber dass ich bewusst von Land zu Land tingele, kann ich nicht behaupten. Leider ist es in meinem Job nicht ganz einfach, nebenbei viel Sightseeing zu machen. Von uns als Profisportlern wird in der begrenzten Freizeit erwartet, dass wir und ausruhen, um für das Training und die Spiele topfit zu sein. Und im Sommer kehre ich immer in die USA zurück.

SPOX: Hier beim FC Bayern haben Sie viele Amerikaner an Ihrer Seite, mit Ben Hansbrough (Notre Dame, d. Red.) und Jon Wallace (Georgetown, d. Red.) sogar zwei ehemalige Spieler von Colleges, die auch in der Big East Conference spielen. Gibt's da viel Trash-Talk, nachdem jetzt die College-Saison läuft?

Troutman: (lacht) Jeder weiß doch, welches College das beste ist: Pittsburgh natürlich! Ihre Teams können da einfach nicht mithalten, das kriegen Ben und Jon oft genug zu hören.

SPOX: Was hat Je'Kel Foster zu dieser Diskussion beizutragen, als Ex-Spieler der Ohio State Buckeyes?

Troutman: Oh ja, er meldet natürlich auch seine Ansprüche an.

SPOX: Schaffen Sie es, Ihr Team noch intensiv zu verfolgen?

Troutman: Na klar, ich schaue mir die Spiele regelmäßig an. Übers Internet ist das ja zum Glück kein großes Problem heutzutage.

SPOX: Und wie vertreiben Sie sich sonst Ihre Freizeit?

Troutman: Wie gesagt, die Coaches erwarten, dass ich mir viel Ruhe gönne. Ich muss ja schließlich Tag für Tag gegen die ganzen Big Guys ran, das geht schon an die Substanz. Vielleicht, aber nur ab und zu, gehe ich gegen Abend noch mal vor die Tür, wenn ich mich nach dem Training ausreichend entspannt habe.

SPOX: Die Situation bei den Bayern war vor dem Sieg gegen Gießen nicht ganz einfach, nachdem Sie drei Spiele in Folge verloren hatten.

Troutman: Ja, aber wir waren in allen Spielen gut genug, um gewinnen zu können. So schlimm war das alles also nicht. Man hätte sich nur dann Sorgen machen müssen, wenn wir schlecht gespielt hätten.

SPOX: Trotzdem scheint die Mannschaft gegen gute Gegner häufig Probleme zu haben, konstant Punkte zu erzielen. Die Defensive wirkt im Vergleich dazu stabiler.

Troutman: Ich sehe uns als eine Mannschaft, die sehr opportunistisch ist. Wir können sicher viele Chancen, die sich uns präsentieren, besser nutzen. Da nehme ich mich ganz persönlich in die Verantwortung, auch mal Dinge zu tun, die den Gegner überraschen. Denn der hat sich in den meisten Fällen wirklich gut auf unseren Gameplan vorbereitet und eingestellt.

SPOX: Ohne Foster, der einige Wochen ausfällt, wird es nun im Rückspiel gegen St. Petersburg nicht einfacher.

Troutman: Ganz bestimmt nicht, zumal Jon Wallace gegen Gießen immer noch nicht spielen konnte und angeschlagen ist. Unsere anderen Guards müssen wieder in die Bresche springen. Ben Hansbrough ist in der Hierarchie der nächste. Von ihm erwarten wir wieder eine starke Leistung.

SPOX: Mit Jared Homan haben Sie zuletzt einen weiteren Neuzugang bekommen. Was bringt er mit?

Troutman: Er hilft uns allein dadurch, dass er groß und kräftig ist. Unserem Team hat das ein bisschen gefehlt, jetzt haben wir unter den Körben noch mehr Präsenz. Das ist auch für mich persönlich natürlich eine Entlastung. Ich kannte Jared vorher schon ganz gut, weil ich in Italien ein paar Mal gegen Ihn gespielt habe. Und ich kann Ihnen sagen: Das macht keinen Spaß (lacht).

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