FC Bayern München - Kadercheck: Welche Baustelle genießt im Sommer Priorität?

Von Justin Kraft
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Der FC Bayern München wird seinen Kader im Sommer umstrukturieren und auf einigen Positionen verändern müssen. Doch wo drückt der Schuh am meisten? SPOX macht den Kadercheck.

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Im vergangenen Sommer wurde Hasan Salihamidzic für sein kluges Vorgehen auf dem Transfermarkt gefeiert. Knapp ein Jahr später ist die Kritik an der Kaderplanung wieder gewachsen.

Einige Stars, die der FC Bayern verpflichtet hat, konnten nicht das zeigen, was man sich von ihnen versprach. Auch die eine oder andere Vertragsverlängerung könnte bald problematisch werden.

Mit Thomas Tuchel hat man zudem mitten in der Saison einen neuen Trainer geholt. Die Transferplanungen dürften davon ebenfalls beeinflusst werden. Neben der offensichtlichsten Baustelle im Sturm gibt es nämlich auch auf anderen Positionen etwas zu tun.

Yann Sommer
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FC Bayern München: Die Torhüter-Debatte

Manuel Neuer, Yann Sommer und Alexander Nübel - wer ist die Nummer eins der Zukunft beim FC Bayern? Nachdem sich Neuer nach der Winter-WM beim Skifahren verletzte, gab es große Diskussionen um die Zukunft zwischen den bayerischen Pfosten. Als Ersatz kam zunächst Sommer aus Gladbach.

Der 34-Jährige wusste allerdings nicht hundertprozentig zu überzeugen. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Schweizer in der kommenden Transferperiode wieder wechseln könnte. Auch weil Neuer laut übereinstimmenden Medienberichten wohl Stammtorhüter bleiben soll. Dass sich Sommer hinter ihm auf die Bank setzt, gilt als unwahrscheinlich.

Und Nübel? Der an die AS Monaco verliehene Torwart dürfte ebenfalls kein großes Interesse an einer Bankrolle haben, ist er doch wegen dieser erst gewechselt. Bleibt die große Frage, ob die Münchner mit dem Duo Neuer und Sven Ulreich zufrieden sind. Schließlich traute man Letzterem nicht zu, die Verletzungszeit des ehemaligen Welttorhüters angemessen zu überbrücken. Neuer wird nicht jünger und seine Verletzungen häuften sich in den vergangenen Jahren. Kann Sommer nicht gehalten werden, wird wohl intern zumindest darüber diskutiert, ob eine bezahlbare Alternative verpflichtet wird.

Benjamin Pavard, FC Bayern München
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FC Bayern München: Balance in der Abwehr herstellen

In der Defensive haben die Bayern nominell wohl das geringste Problem. In der Innenverteidigung ist der Rekordmeister aktuell mit Dayot Upamecano, Matthijs de Ligt, dem bald zurückkehrenden Lucas Hernández und Benjamin Pavard sehr gut aufgestellt. Mit Josip Stanisic hat man einen jungen Spieler, der zumindest auf Bundesliga-Niveau solide aushelfen kann.

Darüber hinaus stehen mit Alphonso Davies, Noussair Mazraoui und João Cancelo drei Top-Außenverteidiger im Kader. Hernández, Stanisic und Pavard können diese Positionen ebenfalls bekleiden. Bouna Sarr spielt nach wie vor keine große Rolle, ist aber auch noch Teil des Teams. Das Problem erschließt sich dementsprechend erst mit dem zweiten Blick: Die Verteilung der Rollen ist nicht perfekt balanciert.

Die Münchner haben vier Rechtsverteidiger, einen Linksverteidiger und einige Spieler, die zwei Positionen spielen können, dementsprechend dann aber auch doppelt fehlen, wenn sie ausfallen. Hinzu kommen ein paar unsichere Personalien. Pavards Vertrag läuft 2024 aus und wurde bisher nicht verlängert. Der Franzose schien erst wechselwillig, bekam dann von Ex-Trainer Julian Nagelsmann eine Rolle in der Innenverteidigung versprochen. Unter Tuchel spielte er meist auf der ungeliebten Rechtsverteidiger-Position. Zukunft offen.

Cancelos Leihe endet im Sommer. Verschiedene Medien berichteten, dass der Portugiese nicht fest verpflichtet werde, obwohl er nach anfänglichen Schwierigkeiten zuletzt in die Spur fand. Die Ablösesumme im mittleren zweistelligen Millionenbereich sei zu teuer. Mazraoui spielte eine starke Hinrunde, wurde aber durch eine Herzbeutelentzündung zurückgeworfen. Er sucht seine Form.

In der Theorie könnte der Marokkaner aber zur kommenden Saison wieder zum Stammspieler werden und Pavard so die Möglichkeit geben, sich in der Innenverteidigung zu beweisen. Sein spielstarkes Profil passt auch zur Philosophie des neuen Trainers Thomas Tuchel. Links ist Davies gesetzt. Sowohl der Kanadier als auch Hernández sind aber verletzungsanfällig. Wird Cancelo nicht fest verpflichtet, bräuchten die Münchner hier also noch einen Spieler.

Nur mit Stanisic als Backup in die neue Saison zu gehen, könnte sich als Risiko herausstellen. Der Kroate ist wegen seiner soliden Leistungen sehr beliebt, kommt allerdings auch schnell an seine Grenzen, wenn er richtig gefordert wird. Akuten Bedarf haben die Bayern in der Defensive also nicht, aber eine kleine Umstrukturierung inklusive eines Neuzugangs ist dennoch möglich und vielleicht sogar nötig. Konkrete Gerüchte gibt es dahingehend aber noch nicht.

Leon Goretzka, Joshua Kimmich
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FC Bayern München: Liegt die größte Baustelle im Mittelfeld?

Stürmer hier, Stürmer da - die wohl größte Baustelle des FC Bayern liegt aber in der Schaltzentrale. Hier fehlt Joshua Kimmich in dieser Saison ein verlässlicher Partner, der ihn im Spielaufbau entlastet und ihm defensiv den Rücken freihält. Leon Goretzka ist das nicht. Vor allem auf hohem Niveau kam der 28-Jährige häufig an seine Grenzen. Seine Stärken liegen eher in der Offensive und nicht im Spielaufbau.

Mit Konrad Laimer haben die Bayern laut Medienberichten bereits einen Mittelfeldspieler verpflichtet. Der Leipziger gilt als starker Zweikämpfer, ist aber auch nicht der Spielgestalter, den es auf der Sechs vermutlich braucht. Dementsprechend gibt es aktuell Gerüchte um einen weiteren Neuzugang. Verschiedene Medien berichteten von einem Interesse an Ajax-Profi Edson Alvarez.

Vom Spielerprofil her erscheint der Mexikaner aber auch nicht die optimale Lösung für die Probleme zu sein. Der 25-Jährige hat seine Qualitäten vor allem im physischen Bereich, ist mit dem Ball aber nicht herausragend gut. Mit Goretzka und voraussichtlich Laimer hätten die Münchner wohl ausreichend Physis im Kader.

Laut Sky schaut Tuchel ohnehin vor allem nach England. Die Bild berichtete zuletzt davon, dass der Trainer ein großer Fan von Declan Rice sei. Der Mittelfeldspieler von West Ham ist defensivstark und zeigte vor allem in der englischen Nationalmannschaft schon mehrfach, dass er auch im Spielaufbau ein gutes Niveau hat. Sein Preisschild ist mit 100 Millionen Euro aber derart hoch, dass ein Transfer nach München unwahrscheinlich erscheint.

Sollte noch ein Spieler für die Schaltzentrale kommen, wird es im Kader ziemlich eng. Ryan Gravenberch gilt als Verkaufskandidat. Der Niederländer konnte sich in seiner ersten Saison nicht zu seiner Zufriedenheit durchsetzen und sorgte in den vergangenen Wochen immer mal wieder für Unruhe. Kommt ein passendes Angebot, ist es dementsprechend vorstellbar, dass die Bayern den 21-Jährigen ziehen lassen - oder zumindest verleihen.

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FC Bayern München: Das Müller-Problem

Auf der Zehnerposition wird es in der kommenden Saison ebenfalls wieder spannend. Jamal Musiala hat in den letzten Monaten häufig den Vorzug vor Thomas Müller bekommen. Müller wurde rund um die Nagelsmann-Entlassung medial als eine der treibenden Kräfte beschrieben. Auch bei anderen Trainerentlassungen war der Routinier meist einer der Spieler, die richtig unzufrieden waren.

Unter Tuchel saß Müller bisher ebenfalls häufig auf der Bank. Sollte das ein Dauerzustand werden, könnte ein Problem entstehen. Einen gesicherten Stammplatz hat der 33-Jährige jedenfalls nicht mehr. Als Neuner ist er zu ungefährlich, auf der Zehn ist die Konkurrenz groß.

Theoretisch könnte auch Goretzka dort spielen. Leroy Sané ist dort in der Vergangenheit ebenfalls schon aufgelaufen. Ein Wechsel von Müller ist derzeit unwahrscheinlich. Interessant wird es aber allemal, wie sehr er eine neue Rolle annehmen kann, in der er nicht mehr unumstritten ist.

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FC Bayern München: Chance nicht genutzt! Was passiert auf den Außenbahnen?

Die Hoffnungen waren im vergangenen Sommer riesig, dass Kingsley Coman, Serge Gnabry, Leroy Sané und Sadio Mané den Abgang von Robert Lewandowski kompensieren können. Phasenweise sah das sogar ganz gut aus. Das Spiel erschien variabler und unberechenbarer. Doch unberechenbar war eben auch die Formkurve der Protagonisten.

Coman war noch der konstanteste Flügelspieler, verpasste aber auch in dieser Saison wieder sechs Pflichtspiele verletzt. Außerdem ist der Franzose nicht torgefährlich genug. Seine Stärken liegen eher darin, Chancen für andere zu kreieren. Beispielsweise für Gnabry, der einer der Gewinner dieser Spielzeit hätte werden können. Doch der DFB-Kicker fiel nach guter Phase in der Hinrunde in ein Formloch. Die Zweifel daran, dass er mal über eine gesamte Saison hinweg Topform hat, sind größer geworden.

So groß, dass er ein Verkaufskandidat im Sommer sein könnte. Allerdings wurde sein Vertrag erst vor wenigen Monaten zu deutlich besseren Bezügen verlängert. Es wird schwer, einen Klub zu finden, der das Gesamtpaket aus Ablöse und Vertragskosten stemmen kann und möchte. Ähnlich ist es bei Mané. Der Senegalese musste großen Erwartungen trotzen und blieb unter seinen Möglichkeiten. Nach fast einem Jahr wirkt der Angreifer immer noch wie ein Fremdkörper im Team. Verschiedene Medien berichten, dass er nach England zurückkehren könnte.

Sané wiederum spielte unter dem Radar vieler eine in den meisten Phasen starke Saison. In der Gruppenphase der Champions League war er einer der Schlüsselspieler, auch in der K.-o.-Phase hatte der Deutsche viele gute Aktionen. In der Bundesliga schwankten seine Leistungen etwas mehr, was aber auch an der Leistung des Teams insgesamt lag. Bei ihm wird es darum gehen, noch mehr Konstanz aufzubauen. Doch im Vergleich zu seiner Anfangszeit war diese Saison bereits ein Fortschritt.

Gehen Gnabry und Mané oder auch nur einer von ihnen, brauchen die Bayern mindestens eine Alternative. In der Saisonplanung kann das beispielsweise ein weiteres System statt eines neuen Flügelspielers sein. Musiala, Mathys Tel und ein Spielertyp wie Randal Kolo Muani können dynamisch und flexibel in der Offensive eingesetzt werden. Durch die offensivstarken Außenverteidiger könnte Tuchel auch mal auf eine Dreierkette setzen und auf nominelle Außenstürmer verzichten. Der Fokus würde dann mehr auf dem Zentrum liegen. Mit Florian Wirtz, Dani Olmo oder Kai Havertz gab es in den letzten Monaten immer mal wieder Namen in der Gerüchteküche, die in diesem System gut funktionieren könnten.

Ein Abgang Manés würde also nicht zwangsläufig bedeuten, dass der FC Bayern einen neuen Angreifer für die Flügel holen muss. Geht zusätzlich noch Gnabry, sind zwei gelernte Flügelstürmer aber doch etwas wenig.

Eintracht Frankfurt, Randal Kolo Muani
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FC Bayern München: Wer wird der neue Neuner?

Und dann ist da eben noch die Diskussion um einen neuen Mittelstürmer. Favorisiert ist laut Sport1 mittlerweile Kolo Muani von Eintracht Frankfurt. Der Franzose ist nicht die Art von Mittelstürmer, die der FC Bayern über viele Jahre hinweg hatte. Zwar ist er sehr torgefährlich, aber die Frage ist, ob er als alleinige Neun im System von Tuchel funktionieren würde. In München sei man sich dem Bericht zufolge mittlerweile sicher. Außerdem soll der Trainer in Erwägung ziehen, auch mal ein System mit zwei Spitzen zu testen.

Das könnte wiederum Tel in die Karten spielen. Bisher hat der 18-Jährige nicht viel Spielzeit erhalten. Eine Leihe könnte in der kommenden Saison Thema werden. Tuchel kündigte vor einigen Wochen an, dass man das spät in der Vorbereitung entscheide. Setzt er nun auf zwei Spitzen, wäre vielleicht mehr Raum für den Stürmer.

Eine Verpflichtung von Harry Kane scheint indes vom Tisch zu sein. Der Engländer passt vom Spielerprofil her zwar gut zu den Bayern, ist aber schon 29 Jahre alt und kostet viel Geld. Victor Osimhen war ebenfalls ein Kandidat. Aber die SSC Neapel verlangt wohl um die 150 Millionen Euro. Da wirken die rund 100 Millionen Euro, die bei Kolo Muani derzeit spekuliert werden, fast schon günstig.

Eine bisher eher selten genannte Option wäre Rasmus Höjlund. Der 20-jährige Däne von Atalanta gilt das Toptalent, hat sich auf höchstem Niveau aber noch nicht beweisen können. Dementsprechend würde er aber auch deutlich weniger kosten als die anderen Kandidaten. Dann wäre mehr Geld für andere Baustellen frei.

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FC Bayern München: Welche Prioritäten werden gesetzt?

Für den Rekordmeister wird der kommende Sommer ein großes Rechenspiel. Dass die Münchner für einen Spieler tief in die Tasche greifen und dabei womöglich auch die 100-Millionen-Euro-Marke knacken, gilt als wahrscheinlich. Gleichzeitig ist man an der Säbener Straße trotz einer vorzüglichen wirtschaftlichen Lage eher konservativ eingestellt, was Risiken bei Ausgaben angeht.

Dementsprechend ist nicht damit zu rechnen, dass man auf mehreren Positionen teuer einkauft, solange nicht Spieler für viel Geld verkauft werden. Insofern wird man auch in diesem Transferfenster wieder Kompromisse suchen. Welche Prioritäten werden gesetzt? Welche Baustelle ist die größte? Und wie kann man die anderen womöglich schließen oder mittelfristig zumindest überbrücken, ohne viel Geld auszugeben?

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