Tiger vs. Rory: Wales würde explodieren

Von Florian Regelmann
Tiger Woods hat fünfmal den Ryder Cup gespielt und viermal verloren
© Getty

Kurz vor Beginn des Ryder Cups zwischen Europa und den USA in Wales bestimmt ein Thema die Schlagzeilen: die Woods-McIlroy-Saga. Die Frage: War es klug, Tiger wütend zu machen?

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Wenn der Ryder Cup im Celtic Manor Resort im walisischen Newport am Freitagmorgen um 7.45 Uhr Ortszeit beginnt, werden die europäischen Fans den ersten Abschlag mit Gesängen in ein Fußballstadion verwandeln.

Dass das "First Tee" mit seiner überdimensionalen Tribüne schon so beeindruckend genug ist, sei nur nebenbei erwähnt. Die europäischen Fans werden dann aber auch einen Wunsch haben.

Alle Fans haben diesen Wunsch. Die Journalisten erst recht. Mögen die Paarungen so aufgestellt werden, dass Tiger Woods auf Rory McIlroy trifft. Wie die Opening Ceremony am Donnerstag zeigte, müssen sich die Fans aber gedulden.

Kein Tiger-Rory-Duell zum Auftakt

Zu Beginn (alle Matches siehe Faktenbox) werden sich Woods und McIlroy nicht begegnen. Dabei gab es in den letzten Tagen kein größeres Thema als die offen zur Schau getragene Rivalität der beiden. Angefangen hat alles schon vor einiger Zeit.

Es war im August, als McIlroy in einem Interview mit der "BBC" folgendes bemerkenswertes Statement abgab: "Ich würde liebend gerne gegen Tiger spielen. Wenn sich sein Spiel nicht ganz schnell verbessert, würde denke ich jeder im europäischen Team davon ausgehen, dass er eine gute Chance hat, Tiger zu schlagen." Rumms.

Nun gibt es zu dieser Aussage aber einige Anmerkungen zu machen. Erstens ist Rory McIlroy nicht irgendjemand. Der 21-jährige Nordire ist ein kommender Superstar, der seit Jahren als der "neue Tiger" gepriesen wird. Und das völlig zurecht. McIlroy wird unter Garantie in der Zukunft die Nummer eins der Welt werden. Er darf also durchaus so einen Spruch raushauen.

Zweitens ist sich "Rors" seiner Qualitäten auch sehr bewusst - es gibt kein selbstbewussteres Kerlchen im europäischen Team.

Und drittens gilt es zu bedenken, dass Tiger zum Zeitpunkt der McIlroy-Aussage beim Bridgestone Invitational mit einem peinlichen Gesamtscore von 18 über Par gerade sein schlechtestes Turnier aller Zeiten gespielt hatte. In der Form müsste man in der Tat liebend gerne gegen Tiger spielen.

Tiger: "Me too."

In letzter Zeit hat sich Woods jedoch wieder gefangen und deutlich gesteigert - es gibt klare Anzeichen, dass sich seine Arbeit mit seinem neuen Coach Sean Foley auszahlt und er dabei ist, wieder der alte Tiger zu werden. Das weiß auch McIlroy.

Aber das war kein Grund für ihn, seine Aussage zurückzunehmen. Jetzt rückrudern? Nicht mit Rory! In gewisser Weise hat er sogar noch einen nachgelegt. McIlroy: "Nach dem, was in den letzten 18 Monaten alles passiert ist, hat Tiger seine Aura ein bisschen verloren." Noch mal rumms.

Woods' Antwort auf die erneute Herausforderung McIlroys ließ nicht lange auf sich warten. In einer ansonsten langweiligen Pressekonferenz wurde Woods darauf angesprochen, dass McIlroy gerne gegen ihn antreten würde. Woods lehnte sich ein bisschen nach vorne und sprach zwei Worte ins Mikrofon, die alles sagten: "Me too."

Freie Übersetzung: "Ich auch. Ich will auch gegen ihn spielen und dem Bürschchen den Hintern versohlen. Was will der eigentlich? Der hat noch nicht mal ein Major gewonnen und macht den Mund auf."

Das Beispiel Stephen Ames

"Die ganze Sache ist wirklich interessant. Tiger kann sehr diplomatisch sein, wenn er will. Aber hier wollte er es nicht sein. Tiger liebt Herausforderungen. Das ist nichts Persönliches, aber McIlroy hat ihn eben herausgefordert und Tiger hat die Challenge angenommen", meint ESPN-Golfreporter Jason Sobel gegenüber SPOX.

Es ist offensichtlich, dass McIlroy Tiger unglaublich heiß gemacht hat für den Ryder Cup. Noch heißer als er es ohnehin schon war, will er doch ein verlorenes Jahr mit einem dominanten Auftritt retten.

Tiger ist bekannt dafür, dass er genau registriert, wenn sich Kollegen über ihn äußern, und er das gerne als Extra-Motivation benutzt. Einfach mal bei Stephen Ames nachfragen. Der Kanadier wurde weltberühmt, weil er vor der World Match Play Championship einmal über seine Chancen gegen Tiger lächelnd sagte: "Es kann alles passieren. Vor allem, wenn man bedenkt, wo Tiger den Ball überall hinschlägt..."

Tiger hörte Ames Kommentar, ging auf den Platz und vernichtete ihn 9 und 8. Nach dem zehnten Loch war das Match vorbei - früher ist es technisch gar nicht möglich. Wir lernen: Wehe, wer Tiger wütend macht...

Captains wollen kein verabredetes Match

Auch US-Captain Corey Pavin weiß, was in Tigers Kopf gerade abgeht. War es denn klug von McIlroy, solch eine Aussage zu machen? Pavin überlegte, was er darauf diplomatisch jetzt sagen könnte. Es fiel ihm aber nichts ein. Also überlegte er weiter. Bis er schmunzeln musste. Worte hätten es nicht ansatzweise so gut ausdrücken können.

"Es gibt Leute, die es in der Vergangenheit schon bereut haben, so was zu Tiger zu sagen. Es wäre sicher sehr unterhaltsam, wenn die beiden gegeneinander spielen würden. Ich hätte großen Spaß dabei, das zu sehen", ließ sich Pavin dann noch entlocken. Nun ist der erwähnte Ames zwar ein guter Spieler, der schon den einen oder anderen Erfolg in seiner Karriere gefeiert hat, aber er ist mit Sicherheit kein McIlroy. Es ist absolut unmöglich vorauszusagen, wie ein Match zwischen den beiden ausgehen würde.

Genauso unmöglich ist es vorauszusagen, ob es überhaupt zu einem Tiger-Rory-Clash kommen wird. Einem möglichen Szenario, in dem sich Pavin und Europas Kapitän Colin Montgomerie im Voraus darauf einigen, ein McIlroy-Woods-Match zu verabreden, schob Pavin leider einen Riegel vor, weil das "gegen den Spirit" wäre.

Die Captains könnten lediglich spekulieren, wie die Aufstellung und vor allem Reihenfolge des anderen Teams sein könnte und so versuchen, Woods und McIlroy gegeneinander spielen zu lassen. Die Chance steht bei 25 Prozent im Fourball- oder Foursomes-Format, im Einzel ist sie noch viel kleiner. 1 von 12.

Tiger ein ganz gewöhnlicher Golfer?

Die Stichelei von McIlroy war aber in dieser Woche nicht das einzige, was sich Woods so alles anhören musste. Auch ein Journalist meinte es nicht nett mit ihm.

"Tiger, Sie gewinnen keine Majors mehr. Sie gewinnen keine normalen Turniere mehr. Und  Sie werden wahrscheinlich in Bälde von einem Europäer oder Phil Mickelson an der Spitze der Weltrangliste abgelöst. Wo steht der Ryder Cup auf Ihrer Agenda, jetzt da Sie ein ganz gewöhnlicher Golfer sind?"

Tiger Woods als ganz gewöhnlichen Golfer zu bezeichnen, das ist schon an Absurdität kaum zu überbieten. Tiger erkannte in dem Reporter einen alten Bekannten, der ihm bei den British Open schon eine ähnliche Frage gestellt hatte, und entgegnete nur kurz. "Ich hoffe, Sie haben eine schöne Woche."

Ob die Woche für Tiger so schön wird, muss sich ab Freitag zeigen. Auch wenn der Ryder Cup ein Mannschaftswettbewerb ist, bei dem es um 24 Spieler geht, bleibt es ebenso Fakt, dass die ganze Golf-Welt gerne ein Woods-McIlroy-Match sehen will. Tiger vs. Rory. Am Sonntag. Im Einzel. Um den Ryder Cup. Wales würde explodieren.

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