WM

Eine Waffe namens Milos Krasic

Von Für SPOX in Kufstein: Andreas Lehner
Krasic wechselte 2004 für rund zwei Millionen Euro von Novi Sad zu ZSKA Moskau
© Imago

Serbien gilt als härtester Konkurrent Deutschlands in der WM-Gruppe D. Aber das Team von Radomir Antic offenbart in der Vorbereitungsphase Probleme und erzielt keine guten Ergebnisse. Nach dem 0:1 gegen Neuseeland kamen die Serben am Mittwoch in Kufstein nur zu einem 0:0 gegen Polen. SPOX war dabei und machte sich ein Bild vom Spiel der serbischen Nationalmannschaft.

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Personal: Antic nutzte den vorletzten Test (am Samstag spielt Serbien in Belgrad gegen Kamerun) nicht, um seine WM-Elf zu testen und verzichtete etwas überraschend auf seinen Stammkeeper Vladimir Stojkovic. Für ihn stand Bojan Isailovic zwischen die Pfosten. Erst zur zweiten Halbzeit kam Stojkovic, der in der abgelaufenen Saison von Sporting Lissabon nach Wigan ausgeliehen wurde, aber wie schon in Portugal auch da meistens auf der Bank saß und so über wenig Spielpraxis verfügt.

ManUnited-Star Nemanja Vidic wurde komplett geschont. Dafür durften sich in der Innenverteidigung Neven Subotic und Aleksandar Lukovic im direkten Duell um den Platz neben Vidic streiten - wobei der Dortmunder Subotic erneut keinen sicheren Eindruck hinterließ. An der Seite von Dejan Stankovic spielte Stuttgarts Zdravko Kuzmanovic für Nenad Milijas im zentralen Mittelfeld. Im Sturm begannen Danko Lazovic und Nikola Zigic. Der Ex-Herthaner Marko Pantelic wurde zu Beginn der zweiten Hälfte für Zigic eingewechselt.

Polen - Serbien: Die Aufstellung und die Daten zum Spiel

Spielverlauf: Die Voraussetzungen der Partie waren nicht optimal. Der heftige Dauerregen in Kufstein machte nicht nur dem Platz, sondern auch den Spielern zu schaffen. Rutscheinlagen waren keine Seltenheit.

Die Polen kamen mit den schwierigen Bedingungen zu Beginn besser zurecht, bestimmten die ersten 30 Minuten und wirkten deutlich aggressiver und spritziger. Immer wieder kamen sie gefährlich vor das serbische Tor. Die besten Chancen vergab der von Dortmund umworbene Robert Lewandowski. Seinen ersten Versuch nach einer Ecke aus vier Metern kratzte Aleksandar Kolarov von der Linie. Beim zweiten parierte Torhüter Isailovic eine Direktabnahme aus zehn Metern.

Nach der Pause zog sich Polen weit zurück und überließ den Serben, die jetzt deutlich ballsicherer agierten, das Feld. Zwingende Chancen gab es aber nur selten. Krasic scheiterte mit einem Schuss aus elf Metern an Tomasz Kuszczak und Pantelic vergab die beste Möglichkeit, als er den Ball freistehend aus vier Metern übers Tor schoss. Am Ende ein gerechtes Unentschieden.

Taktik: Die serbische Grundformation ist ein 4-4-2 mit vier sehr robusten Verteidigern und zwei eher defensiv ausgerichteten Mittelfeldspielern vor der Abwehr. Stankovic kommt dabei die etwas offensivere Rolle zu, aber auch er spielt deutlich zurückgezogener als bei Inter Mailand.

Dafür agieren auf den Außenbahnen mit Milan Jovanovic und Milos Krasic schon fast zwei Stürmer, die bei Ballbesitz schnell tief gehen, so dass sich fast ein 4-2-4 entwickelt. Im Sturmzentrum spielt mit dem 2,02 Meter großen Zigic ein klassischer Wandspieler. Um ihn herum treibt sich sein Sturmpartner (normalerweise Pantelic, gegen Polen Lazovic) herum.

Analyse: Ein schwer zu bespielender Rasen, nicht alle Stars auf dem Platz - und doch lässt der Test gegen Polen einige Schlüsse zu.

Polen begann sehr aggressiv, schob sich sehr weit nach vorne und setzte die Serben schon im Spielaufbau unter Druck. Das gefiel dem deutschen Gruppengegner gar nicht und Serbien produzierte enorm viele Ballverluste. Vor allem die Innenverteidiger Subotic und Lukovic wirkten in diesen Situationen hektisch. Der Ball kam so nur selten ins zentrale Mittelfeld oder auf die Außenbahnen. Was blieb, war der lange Ball.

Ein Stilmittel, das den Platzverhältnissen  geschuldet war. Aber auch mit der Personalie Zigic erklärbar ist. Der Stürmer des FC Valencia, der nach der WM zu Birmingham City wechselt, kann den Ball in einer Höhe mit der Brust spielen, die seine Gegenspieler meist nur mit dem Kopf erreichen.

Zigic kommt bei einem langen Ball oft aus dem Rücken seines Gegners und schiebt sich im letzten Moment davor, so dass er kaum zu verteidigen ist. Er lässt die Bälle auf die nachrückenden Mittelfeldspieler prallen, die je nach Ort des Geschehens den Ball auf die Außen verteilen oder selbst zum Abschluss kommen sollen.

Mit der Hereinnahme von Pantelic für Zigic verzichteten die Serben nahezu komplett auf lange Bälle. Im Lauf der Partie verbesserten sich auch die Raumaufteilung und das Passspiel, was zu deutlich mehr Balllkontrolle führte.

Bei flachem Spiel nach vorne geht es vor allem über die Außen, die beide sehr weit nach vorne schieben. Jovanovic und Krasic sollen in Eins-gegen-eins-Situationen gebracht werden, diese gewinnen und den Ball dann Richtung Tor bringen. Vor allem Krasic ist eine Waffe der Serben. Während Jovanovic seine Position auf dem Flügel hält, besitzt der Mann von ZSKA Moskau viele Freiheiten und rückt auch immer mal wieder ins Zentrum hinter die Spitzen. Gefährlichen Situationen gingen sehr oft Einzelaktionen von Krasic voraus, die bei der Polen für Unordnung sorgten.

Die Außenverteidiger halten sich in der Offensive weitgehend zurück, Hinterlaufen findet nur selten statt. Ihre Aufgabe ist es, die Seite defensiv dicht zu machen. Kein leichtes Unterfangen, da das Umschaltverhalten von Angriff auf Abwehr zumindest gegen Polen mangelhaft war. Zum Teil verteidigten nur sechs Mann hinter dem Ball. Jovanovic und Krasic ließen Kolarov und Ivanovic oft allein, was besonders Kolarov Probleme bereitete. Der Linksverteidiger, an dem Real Madrid großes Interesse zeigt, konnte selten Druck auf seinen Gegenspieler aufbauen und ließ viele Flanken zu.

Im Laufe des Spiels wurde die Defensivarbeit des Teams aber besser und die Zweikampfführung aggressiver. Die Serben zeigten, dass sie trotz ihrer technisch beschlagenen Offensivspieler auch eine sehr robuste Mannschaft sind. Der Preis ihrer Härte sind aber auch viele Fouls, die immer wieder zu gefährlichen Standardsituationen führen.

Das größte Problem bleibt aber die Torwartposition. Im Vergleich zum Rest der Mannschaft ist hier deutlich weniger Qualität vorhanden. Stammkeeper Stojkovic machte nach seiner Einwechslung weder auf der Linie noch in der Strafraumbeherrschung einen sicheren Eindruck. Hier dürfte Serbiens Achillesferse liegen.

Stimmen:

Zdravko Kuzmanovic: "Es war ein schwieriges Spiel unter diesen Bedingungen. Vor dem Tor müssen wir besser werden. Aber die Mannschaft hat gut gekämpft und wir haben uns noch einige Chancen erarbeitet. Am Schluss ist das 0:0 ein gerechtes Resultat. Im Vergleich zum ersten Testspiel lief es schon deutlich besser und ich glaube, das dritte wird noch besser."

Neven Subotic: "Die erste Halbzeit war Kick-and-rush von uns, aber in der zweiten Halbzeit war unser Spiel schon viel besser. Wir haben uns viele, viele gute Chancen erspielt. Aber wir müssen auch ein paar Tore schießen, damit wir endlich mal wieder ein Spiel gewinnen. Es war schwer, auf diesem Boden zu spielen, der war gefühlt einen halben Meter tief. Da war sehr viel Zufall dabei."

Marko Pantelic: "Auf dem Platz war es sehr schwierig zu spielen. Die ersten 15, 20 Minuten haben wir uns erst auf diese Bedingungen einstellen müssen. Danach haben wir das Spiel dominiert und uns Chancen erarbeitet, nur die Tore haben gefehlt. Aber noch sind wir in der WM-Vorbereitung und die Tore werden kommen, wenn es wichtig ist. Wir haben vorne keine Probleme."

Trainer Radomir Antic: "Wir bauen unsere Form mit Blick auf den 13. Juni auf, und da sind wir absolut im Plan. Ich bin vollauf zufrieden."

Testspiel-Roundup: Pantelic vergibt das Siegtor