DFB plant Reform im Schiedsrichterwesen

SID
DFB-Präsident Theo Zwanziger plant nach der Amerell-Affäre eine Schiedsrichter-Reform
© Getty

Nach dem Sittenskandal bei den Schiedsrichtern will der DFB das verloren gegangene Vertrauen zurückgewinnen. Unterdessen griff Manfred Amerell erneut Theo Zwanziger an.

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20 DinA-4-Seiten symbolisieren die Hoffnung auf eine neue Ära nach dem "Fall Amerell". Ein kleiner Stapel Papier soll das in Verruf geratene DFB-Schiedsrichterwesen ab Freitag reformieren und so verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen.

"Es wird ein frischer Wind wehen. Wir stellen auf Teamarbeit um. Unser Maßstab bei der Ausarbeitung der Leitlinien für eine Neustrukturierung waren Transparenz und Unabhängigkeit", sagte der designierte neue DFB-Refereeboss Herbert Fandel und erklärte: "Für die Leute von außen und auch die Schiedsrichter selbst muss vieles durchsichtiger werden."

Neues Benotungssystem

Der frühere FIFA-Schiedsrichter Fandel wird die Beschlussvorlage am Freitag bei der mit Spannung erwarteten DFB-Präsidiumssitzung (11 Uhr) in Frankfurt präsentieren.

Möglicherweise wird bei den Schiedsrichtern das rigide Benotungssystem abgeschafft und durch nachhaltigere Bewertungsformeln wie Stärke-Schwäche-Profile ersetzt. Zudem ist offenbar eine Reduzierung der Einsatzprämien bei gleichzeitiger Einführung eines festen Grundgehalts im Gespräch. Derzeit kassiert ein Unparteiischer pro Bundesliga-Einsatz 3800 Euro.

Auch der wegen seines Krisenmanagements im Sitten-Skandal in der Kritik stehende Zwanziger fordert ein Umdenken. "Entscheidungen wie zum Beispiel Ansetzungen müssen von Gremien nachvollziehbar sein", sagte Zwanziger und denkt dabei auch an regelmäßig "wechselndes Personal", um allzu routinierte Abläufe zu vermeiden.

"Es bleibt immer ein Makel"

Die Reform ist auch für den dreimaligen Weltschiedsrichter Markus Merk ein absolutes Muss. "Der international große Status der deutschen Unparteiischen ist beschädigt. Das Ausland ist hellhörig geworden. Nach so einer Geschichte bleibt immer ein Makel", sagte Merk.

Das 20 Blatt starke Reformpapier hatte Fandel in den vergangenen Wochen mit DFL-Schiedsrichter-Experte Hellmut Krug und Lutz Michael Fröhlich, dem Abteilungsleiter des DFB-Schiedsrichterwesens, erarbeitet. Den Schaden, den der "Fall Amerell" hinterlassen hat, bewertet Fandel als "ganz schwer". Deshalb müsse man jetzt dafür sorgen, "dass man das ganze auf vernünftige Beine stellt. Damit endlich wieder über Fußball gesprochen wird".

Wohl schneller als erwartet wird Fandel sein Amt als neuer Chef des DFB-Schiedsrichterausschusses antreten können. Der derzeitige Amtsinhaber Volker Roth beteuert zwar weiter, er habe sich im "Fall Amerell" nichts zuschulden kommen lassen. Trotzdem wird spekuliert, dass der 68-Jährige am Freitag zurücktreten könnte.

"Ich stehe einem Neuanfang nicht im Weg", sagte Roth der "Sport Bild". Roth wollte eigentlich erst bei dem ursprünglich für Oktober geplanten ordentlichen DFB-Bundestag als Schiri-Boss aufhören. Wahrscheinlich kommt es jetzt aber bereits am 30. April zu einem außerordentlichen DFB-Bundestag.

Zwanziger kritisiert Roths Verhalten

Zwanziger hatte zuletzt leise Kritik an Roth geübt, der laut Ex-Referee Franz-Xaver Wack seit mindestens fünf Jahren von den Vorgängen um Amerell gewusst haben soll. Der Verbandsboss wollte nicht verhehlen, dass Roths zögerliches Handeln im Schiedsrichter-Skandal ein "offenkundiger Fehler" gewesen sei.

Nachdem Michael Kempter Roth bereits am 17. Dezember 2009 über die angeblichen sexuellen Belästigungen durch Amerell informiert hatte, unterrichtete Roth Zwanziger erst einen Monat später darüber.

Neben der Schiri-Reform soll am Freitag auch über die angebliche E-Mail Kempters an Amerell gesprochen werden. Darin soll der 27-Jährige vor der 0:2-Niederlage von Bayern München in der Champions League am 11. April 2007 gegen den AC Mailand an Amerell geschrieben haben: "Hoffentlich fliegen die Bayern gleich raus, dann können wir anstoßen."

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