Experten, Effektive und Wiederaufersteher

Von Fatih Demireli
Acht Teams sind noch im Rennen um die Fußball-Krone in Europa
© Getty

Am Freitag (ab 11.45 Uhr im LIVE-TICKER) wird in Nyon das Viertelfinale der Champions League ausgelost. Acht Mannschaften aus sieben Ländern sind nur noch übrig - nur noch vier Spiele sind zu absolvieren, um das Finale in München zu erreichen. Wer hat die Nase vorn? Der FC Barcelona, der sich voll auf die Königsklasse konzentrieren kann? Real Madrid, die Effektivität in Perfektion. Oder doch der FC Bayern?

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1. FC Barcelona

Die Experten: Der Titelverteidiger ist in der nationalen Meisterschaft weit ins Hintertreffen geraten und dürfte den Erzrivalen Real Madrid kaum noch einholen. Zehn Punkte beträgt mittlerweile der Rückstand - schon als dieser bei vier Zählern lag, haben Spieler wie Xavi oder Iniesta von der Fokussierung auf den Champions-League-Titel gesprochen.

Pep Guardiola macht ebenfalls keinen Hehl daraus, dass die Champions League primär angesteuert wird. Der Barca-Coach nutzt die nationale Plattform, um fast wöchentlich neue Talente aus La Masia in der Startelf einzubauen. Das Konzept geht perfekt auf, so dass Nachkömmlinge wie Christian Tello sogar für die Königsklasse zu Alternativen avanciert sind.

Was besonders für Barcelona spricht: Die Katalanen sind Experten der großen Spiele. Real wurde sowohl in der Liga, als auch in der Copa del Rey besiegt bzw. ausgeschaltet, in der CL setzte man sich in der Gruppe mit Milan mehr als deutlich durch. Der Faktor Messi wird für keinen Gegner eine lösbare Aufgabe sein, solange sich der Argentinier nicht selbst im Weg steht.

Dass Barca insgesamt beinahe unschlagbar ist, wenn es die Katalanen erst meinen, musste Bayer Leverkusen zu spüren bekommen. Punktgenaue Konzentration und optimaler Leistungsabruf werden in vier Spielen benötigt, um ins Finale nach München zu fahren: Keine Mannschaft kann dies besser als Barca.

2. Real Madrid

Die Effektiven: Eine Mannschaft, die dem Vorzeigeprodukt des Weltfußballs mit zehn Punkten enteilt, ist mindestens einer der Topfavoriten auf den europäischen Toptitel. Die Auftritte in La Liga oder in der Champions League sind vielleicht nicht immer ansehnlich, aber eines ist klar: Real ist die effektivste Mannschaft Europas und darauf kommt es letztlich an.

Ohne Punktverlust setzten sich die Madrilenen in der Gruppenphase durch, auch ZSKA Moskau hatte - trotz Hinspiel-Remis - keine Chance. Und in der Liga datiert der letzte Punktverlust vom 16. Dezember 2011.

Doch genau das ist das königliche Problem: Wenn es darauf ankommt, vor allem gegen Barcelona, hat die Mannschaft noch nicht vollends bewiesen, die großen Spiele zu gewinnen. Dabei war Real in der Copa del Rey sogar drauf und dran, Barca zu schlagen. Hinzu kommt, dass die Mannschaft von Jose Mourinho bis auf das Duell mit den Katalanen noch nicht richtig gefordert wurde - ein echter Krachergegner fehlte bisher.

Das gilt auch für Cristiano Ronaldo und die großen Leistungen gegen große Gegner. Kommt so einer im Viertelfinale und Real beweist, dass es auch die Mannschaften auf Augenhöhe besiegen kann, haben wir womöglich sogar den Titelfavoriten. Aber auch nur dann...

3. FC Bayern

Die Rückkehrer: 180 Minuten, 14 Tore, Powerfußball vom Feinsten - dem FC Bayern gelang es, in zwei Spielen sich nicht nur den Frust von der Seele zu schießen, sondern auch wieder positiv in den Fokus der Szene zu rücken. Die Bayern-Offensive sucht in der Klub-Kategorie "Best of the Rest Europas" ihresgleichen - wenn sie in Form und in Spiellaune ist.

Und genau das ist das Problem. Das Bayern-Spiel lebt zu sehr von Ribery und Robben. Umgekehrt leben Ribery und Robben zu sehr vom Zustand der Gesamtmannschaft.

Die notgedrungene Änderung in der Viererkette, Philipp Lahm nach rechts und David Alaba nach links zu beordern, hat den FC Bayern - etwas unverhofft - zu einem extrem unberechenbaren Konstrukt gemacht.

Augenscheinlich ist Lahm rechts offensiv deutlich mehr eingebunden und macht Robben flott, links hat Alaba bewiesen, dass er nicht nur im Zentrum ein guter Partner für Ribery ist. Gelingt es Bayern, dieses Niveau auch auswärts zu halten, ist der Mannschaft viel zuzutrauen.

Nicht zu unterschätzen ist der Traum vom Finale in München. Umso näher das Endspiel rückt, umso mehr steigt der Glaube. Doch dieser alleine wird gegen Klubs wie Barca, Real oder Milan auch nicht reichen.

4. FC Chelsea

Die Wiederaufersteher: Der FC Chelsea hatte bis zuletzt zwei große Millionen-Probleme. Das eine ist seit über einem Jahr allgegenwärtig und heißt Fernando Torres. Das andere kam im Sommer als Problemlöser, wurde dann selbst einst, so dass Andre Villas-Boas Anfang März gehen musste.

Der ultimative Problemlöser für die Zukunft ist noch nicht gefunden, aber Platzhalter Roberto di Matteo hat in kürzester Zeit Chelsea ein altes, neues Gesicht verpasst und die Mannschaft wiederauferstehen lassen. Die Kniffe di Matteos waren einfach gestrickt - und sind wahrscheinlich gerade deswegen von Erfolg gekrönt.

Das etwas kompliziert veranlagte System Villas-Boas hat Platz gemacht für ausgewogenes Spiel, in denen Chelseas Stärken zur Geltung kommen. Und vor allem hat di Matteo die Spieler gestärkt, die bei der Fortführung der Villas-Boas-Ära bestenfalls nur noch mittelfristige Aussichten bei den Blues hätten.

Dass John Terry, Frank Lampard und Didier Drogba gegen Napoli trafen, hat extrem viel Symbolcharakter. Auch dass Terry nach seiner Einwechslung wie ein Co-Trainer di Matteo zur Seite stand, zeigt das neue Wir-Gefühl. Für Chelsea gilt das gleiche wie für Barca: In der heimischen Liga ist nichts mehr zu holen, so dass die ganze Konzentration auf die Champions League gelenkt werden kann.

 

Seite 2: Die übrigen vier Protagonisten: AC Milan, Benfica, Marseille und APOEL Nikosia