"Ich habe das Bayern-Gen in mir"

Von Interview: Adrian Bohrdt
Thorsten Fink (l.) spielte von 1997 bis 2006 für den FC Bayern. Seit 2009 trainiert er den FC Basel
© Imago

Mit dem FC Bayern München gewann er einst die Champions League. Jetzt trainiert Thorsten Fink den FC Basel und muss in der Champions League gegen die Münchner (Di., 20.30 im LIVE-TICKER) ran. Bei SPOX spricht er über Bayern ohne Ribery & Robben, seine Lehrmeister und eine Erfolgsklausel.

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SPOX: Thorsten Fink, in der letzten Saison sind Sie Meister und Pokalsieger mit Basel geworden. Wie ist das zu toppen?

Thorsten Fink: Das zu toppen ist schwierig. Wir wollen es wiederholen und den Spagat zwischen Champions League und Meisterschaft hinbekommen. Das ist noch nie einer Schweizer Mannschaft geglückt: in der Champions League zu spielen und gleichzeitig Meister zu werden.

SPOX: Wie wollen Sie das realisieren?

Fink: Die Qualität dafür ist ja da. Wir müssen "nur" sehen, wieder Meister zu werden. In der Champions League trifft man immer wieder auf die ganz großen Mannschaften, da müssen wir uns wirklich auf die Meisterschaft konzentrieren. Die Liga ist unser primäres Ziel.

SPOX: Geht das so weit, dass Spieler in der Champions League geschont werden?

Fink: Unter Umständen ja. Wir wollen natürlich nicht die Spiele in der Champions League verlieren, aber es geht eben darum, sich wieder für die Champions League zu qualifizieren. Wenn wir Erster werden, sind wir automatisch in der Gruppenphase. Zwei Mal hintereinander in der Champions League, auch das ist noch keiner Schweizer Mannschaft gelungen.

SPOX: Also alles auf langfristige Planung ausgelegt?

Fink: Ja, man weiß ja, was neben der immensen sportlichen Bedeutung auch die zusätzlichen Einnahmen bedeuten. Deswegen sollte das unser Ziel bleiben. Und wenn es hart auf hart kommt, kann es durchaus sein, dass ich mal einen Spieler in der Champions League draußen lasse und ihn schone für die Meisterschaft. Aber im Moment wollen wir beides schaffen.

SPOX: Wird am Dienstag gegen die Bayern rotiert?

Fink: Wir haben in Zürich 4:1 gewonnen und überzeugt. Es kann aber trotzdem sein, dass der ein oder andere gegen Bayern draußen sitzt, um für das nächste Meisterschaftsspiel wieder parat zu sein.

SPOX: Um langfristig weiterarbeiten zu können, muss bald ein neuer Vertrag unterschrieben werden. Ihr aktueller endet nach der Saison. Gibt es diesbezüglich Neuigkeiten?

Fink: Ich habe nicht darauf gedrängt, zu verlängern. Aber inzwischen würde ich gerne in einem Klub mal drei, vier Jahre arbeiten. Ich habe hier einen tollen Verein. Es werden sicherlich Vertragsgespräche stattfinden. Der Verein will verlängern und wir werden verhandeln. Ich gehe davon aus, dass da nicht groß gepokert wird, von meiner Seite nicht und von Seite des Vereins nicht, und dass wir dann verlängern.

SPOX: In Ihrem aktuellen Vertrag gibt es noch eine Erfolgsklausel. Was hat es damit auf sich?

Fink: Die Erfolgsklausel gibt es, aber damit ist nicht unbedingt die Meisterschaft gemeint. Sie wird aber hinfällig, wenn wir den Vertrag verlängern. Das war mal eine Klausel, die sich der Verein beim ersten Vertrag mit mir offen gehalten hat, falls es nicht so gut mit uns klappt. Das war ja auch völlig legitim.

SPOX: Sie waren bei Bayern als Spieler auch erfolgreich. Stichwort Bayern-Gen.

Fink: Ich habe sicherlich das Bayern-Gen in mir. Wenn man beim FC Bayern spielt oder gespielt hat, dann hat man diese Siegermentalität, die man als Spieler braucht. Das heißt aber nicht, dass man sie gleichzeitig auch als Trainer hat.

SPOX: Mit Ottmar Hitzfeld und Giovanni Trapattoni durften Sie bereits unter zwei großen Trainern lernen und arbeiten. Wer hat Sie mehr beeinflusst?

Fink: Am meisten beeinflusst hat mich Trapattoni. Hitzfeld hat sicherlich auch viel beigetragen, aber bei Trapattoni konnte ich eben als Co-Trainer selbst mitarbeiten. Da hatte ich viel mehr die Möglichkeit, Dinge einzusehen, was als Spieler eher nicht möglich war. Er war für mich so etwas wie ein Lehrmeister. Die Handschrift, die taktischen Dinge. Da habe ich von Trapattoni viel gelernt. Da weiß ja taktisch kaum einer mehr.

SPOX: Und was haben Sie aus Ihrer aktiven Zeit mitgenommen?

Fink: Insbesondere was Rotation und Teambuilding angeht. Wenn man englische Wochen hat, muss man rotieren. Das war bei Bayern auch so, auch wenn man dann mal einen Punkt hat liegen lassen. Aber man muss die Spieler nicht nur fordern, sondern auch sehen, dass sie unter dem Strich zufrieden sind.

SPOX: Sie haben in Ihrem Trainerjob nicht nur die schönen Seiten kennengelernt. In Ingolstadt, wo Sie von 2008 bis 2009 waren, hatten Sie eine schwierige Zeit. Nach dem Aufstieg lief es nicht mehr und Sie wurden entlassen.

Fink: In dieser Zeit habe ich auf jeden Fall einen Reifeprozess durchgemacht. Sportlich ging es darum, dass wir nach dem Aufstieg zunächst gegen den Abstieg gespielt haben. Da war es schwer, weiter offensiv zu spielen und unser Spiel aus dem Aufstiegsjahr zu spielen.

SPOX: Als offensiv denkender Trainer sind Sie immer noch bekannt, 90 Tore in 36 Spielen in der vergangenen Saison sprechen eine deutliche Sprache. Diese Philosophie kann man nicht einfach so umstellen. Wie soll das gegen die spielstarken Bayern aussehen?

Fink: Wir wollen jetzt nicht unser System ändern und nur auf Konter spielen. Wir werden versuchen, unser Spiel durchzubringen und den FC Bayern damit zu schlagen. Wir haben eine gute Mannschaft und an einem guten Tag ist es auch drin, gegen die Bayern zu punkten, auch wenn der FC Bayern klar Favorit ist. Wichtig ist, dass wir auch den Zuschauern ein gutes Spiel bieten und uns nicht verstecken.

SPOX: Bauen können Sie dabei ja auf die Heimstärke.

Fink: Ja, wir haben ein super Publikum, das uns von Anfang bis Ende begeisternd unterstützt. Wir haben ein tolles Stadion und eine tolle Atmosphäre, haben letztes Jahr zum Beispiel den AS Rom zuhause mit 2:0 geschlagen. Unsere Mannschaft hat sich seitdem kaum verändert. Sie weiß, dass sie auch solche Mannschaften schlagen kann. Der FC Bayern ist ein Favorit auf den Sieg in der Champions League, wir sind Außenseiter. Aber die Chancen, die wir bekommen, wollen wir auch nutzen.

SPOX: Zum Auftakt in der Champions League setzte es für Basel eine unglückliche Niederlage in Cluj. Psychologisch nicht ganz leicht.

Fink: (lacht) Sehr gut beobachtet! Aber es stimmt, im nächsten Spiel danach hat man gesehen, dass die Mannschaft Probleme hatte, dass das Selbstvertrauen gefehlt hat. Jede Niederlage wirkt sich aus, jede Niederlage ist schlecht. Und jede Mannschaft braucht Selbstvertrauen. Das wissen wir.

SPOX: Mit Alexander Frei und Marco Streller verfügen Sie über ein erfahrenes Sturmduo, Spieler wie Xherdan Shaqiri dagegen sind noch sehr jung. Dienen die beiden Routiniers als Vorbilder?

Fink: Ja, die beiden sind große Vorbilder in der Mannschaft. Alex Frei mit seiner Winnermentalität, er will immer Tore schießen. Das ist auch wichtig für die jungen Spieler, nicht zufrieden zu sein, nachdem man mal eine gute Saison gespielt hat. Grade eben bei Shaquiri, der eine tolle Zukunft vor sich hat.

SPOX: Bei den Bayern fehlen die beiden Offensivkünstler Arjen Robben und Franck Ribery. Wie offensiv erwarten Sie die Münchner in Basel?

Fink: Die Bayern haben einen großen Kader, mit dem sie Ausfälle auch ausgleichen können. Deswegen machen wir uns da keine Gedanken drüber, wenn jetzt die beiden ausfallen. Das Gute ist ja: Wir kennen alle Spieler vom FC Bayern. Bayern hat genügend Potential in der Offensive, auch wenn Robben und Ribery ausfallen.

SPOX: Haben Sie eigentlich noch Kontakt zu Bayern-Spielern?

Fink: Zu den ehemaligen Mitspielern, also beispielsweise Jeremies und Salihamidzic, habe ich noch Kontakt. Auch zu Doktor Müller-Wohlfahrt oder Christian Nerlinger. Aber zu den aktuellen Spielern, obwohl ich ja mit Philipp Lahm oder Bastian Schweinsteiger noch gespielt habe, nicht mehr.

SPOX: Wo sehen Sie aktuell die Stärken der Bayern?

Fink: Der Teamgeist, die Entschlossenheit sind da bei den Bayern immer zu nennen. Außerdem natürlich das Offensivspiel, auch wenn es zuletzt nicht so gut lief. Das Wichtigste ist aber der starke Teamgeist. Das sieht man vor allem an Spielern wie Ivica Olic. Dadurch können sie auch den einen oder anderen Ausfall kompensieren.

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