FC Bayern München - der Kosmos von FCB-Trainer Thomas Tuchel: Zuwachs vom FC Chelsea?

Von Tim Ursinus
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Alles neu macht der März: Der Wechsel von Julian Nagelsmann zu Thomas Tuchel auf der Trainerbank des FC Bayern bringt einige Veränderungen mit sich. Das gilt vor allem für das Team hinter dem neuen Münchner Cheftrainer. SPOX stellt den Kosmos des 49-Jährigen vor.

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Neben Nagelsmann mussten auch seine Assistenten Xaver Zembrod und Dino Toppmöller, der seinen Chef in der ersten Saison beim FC Bayern sogar kurz an der Seitenlinie vertrat, ihren Hut nehmen. Für beide hatte der FCB bei deren Standortwechsel von Leipzig nach München ebenfalls eine Ablösesumme bezahlt.

Diese spielte sich allerdings nicht in den Sphären von den 25 Millionen Euro für Nagelsmann ab, sondern pendelte sich dem Vernehmen nach im unteren sechsstelligen Bereich ein. Zembrod und Toppmöller stehen aufgrund ihrer Verträge wohl noch Gehälter in Höhe von insgesamt drei Millionen Euro zu.

Ebenfalls freigestellt wurde Video-Analyst Benjamin Glück, Torwart-Trainer Michael Rechner hat sein Amt behalten. Doch Tuchel tritt seinen neuen Job freilich nicht alleine an. Zwei neue Gesichter werden ab Dienstag zur ersten Trainingseinheit an der Säbener Straße zu sehen sein. Ein weiteres soll folgen, ein anderes ist noch aus der Nagelsmann-Zeit da. Zunächst blicken wir aber auf Tuchels Berater.

FC Bayern München, Thomas Tuchel, Zsolf Löw, Arno Michels, Olaf Meinking, FC Chelsea, Anthony Barry
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Thomas Tuchel - Olaf Meinking: Manager auf Umwegen

"Wir haben uns am Dienstag getroffen und am Mittwoch und Donnerstag mit dem Manager von Thomas Tuchel verhandelt", sagte Sportvorstand Hasan Salihamidzic im Sport1-Doppelpass über den Verlauf der Verhandlungen mit dem neuen Bayern-Trainer. Doch wer ist das genau, Tuchels Manager?

Der Manager von Thomas Tuchel heißt Olaf Meinking. Der Hamburger kommt nicht aus dem Fußballgeschäft und verdient sein Geld als Anwalt und Kanzlei-Inhaber. Neben dem gebürtigen Krumbacher vertritt er lediglich zwei weitere Menschen aus dem Fußball: Tuchels langjährige Begleiter Zsolt Löw und Arno Michels.

Von dem bevorstehenden Wechsel auf Bayerns Trainerbank hatte Fabrizio Romano am vergangenen Donnerstag um kurz nach 21 Uhr zuerst berichtet. Hinterher wurde entsprechend spekuliert, wie die brisante Information zu dem Transfer-Experten aus Italien durchgedrungen ist.

Obiges Zitat von Salihamidzic geht wie folgt weiter: "Als wir dann am Donnerstagabend relativ klar waren, mussten wir erfahren, dass es von einer dritten Person geleaked wurde - sicherlich von der anderen Seite." Wen der 45-Jährige mit der "anderen Seite" meinte, ist die große Frage. Naheliegender Verdacht: Irgendjemand aus Tuchels Umfeld könnte es gewesen sein, womöglich, um den Druck auf die Bayern zu erhöhen, die Verhandlungen schnell - und zu etwas besseren Konditionen - abzuschließen.

FC Bayern: Wer plauderte den Trainerwechsel aus?

Im Sport1-Doppelpass dementierte Bild-Reporter Tobias Altschäffl am Sonntag, dass er die Info über Nagelsmanns bevorstehende Entlassung von Pini Zahavi oder dessen Mitarbeitern erhalten habe. Zahavi hat in der Vergangenheit Meinking bei der Vermittlung Tuchels zu seinen Ex-Klubs PSG und Chelsea unterstützt. Wenn es nicht Zahavi und die Seinen waren - wer war dann die von Salihamidzic zitierte "andere Seite"?

Der Bild sagte Salihamidzic, dass er damit weder Tuchel, noch Meinking gemeint hatte und sprach von einer externen Person. Auffällig ist zumindest: Die zwei letzten von Meinkings insgesamt 49 "Gefällt mir"-Angaben auf dessen Twitter-Profil gelten neben dem Begrüßungstweet des FC Bayern einem Tweet von Fabrizio Romano, in dem er den Vollzug der Verpflichtung vermeldet.

Womöglich ein Zufall.

Doch wie kamen Meinking und Tuchel überhaupt zusammen? Dem Vernehmen nach haben sich die beiden einst auf einem Konzert von Meinkings Klienten Clueso - mit dem Sänger pflegt der neue FCB-Coach seither eine Freundschaft - kennengelernt. Bald darauf wurden sie Geschäftspartner.

Anschließend versuchte Meinking, der durch seine Arbeit mit Bands wie Fettes Brot oder Silbermond auch als Image-Experte gilt, seinen neuen Schützling 2015 bei einem Verein unterzubringen. Damals ganz vorne in der Verlosung: der Hamburger SV.

Nach gemeinsamen Reisen nach Katar und Mallorca folgte allerdings die Absage an den HSV, weil sich eine andere, größere Türe öffnete. Tuchel trat die Nachfolge von Jürgen Klopp beim BVB an. Ein Deal, der Meinking sofort um Welten bekannter machte. "Die mediale Gewalt war mir nicht bewusst. Bei vertraulichen Gesprächen musste man nicht mitschreiben, denn am nächsten Tag stand alles in der Zeitung", sagte er einmal.

Nach zwei Jahren trennten sich die Wege von Tuchel und Borussia Dortmund jedoch. Auf die zweitbeste Saison der Vereinsgeschichte folgte Platz drei und der Triumph im DFB-Pokal. Differenzen mit der Vereinsführung um Hans-Joachim Watzke verhinderten eine weitere Zusammenarbeit.

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Thomas Tuchel verriet seine BVB-Entlassung selbst

Die Trennung gab allerdings nicht der Verein zuerst bekannt, sondern Tuchel selbst. Am 30. Mai setzte der damals 43-Jährige um 10.38 Uhr auf seinem frisch angelegten Twitter-Account "@TTuchelofficial" seine erste Nachricht ab. Rund zwei Stunden später um 12.47 Uhr gab er seine Entlassung bekannt und nahm dem BVB somit die Kommunikationshoheit. Es ist nur schwer vorstellbar, dass es sich dabei um eine Kurzschlusshandlung handelte. Vielmehr war es ein strategischer Schachzug aus Meinkings Feder.

Keine 24 Stunden später hatte der dann auch verifizierte Account 22.000 Follower. Am Tag danach bedankte sich Tuchel für die positive Resonanz. "Ich bin überwältigt von den ganzen Reaktionen. Vielen Dank für eure Nachrichten und euren Zuspruch. Das tut gut. Bleibe am Ball! TT", schrieb er.

Es folgten bekanntlich eine Unterschrift bei Paris Saint-Germain und beim FC Chelsea, ehe Tuchel nun in München angekommen ist. Die schnelle Entscheidung der FCB-Führung sei laut The Athletic auch auf Druck der Tuchel-Seite getroffen worden. Schließlich gab es dem Vernehmen nach auch Interesse von Real Madrid und Tottenham Hotspur.

Tuchel erklärte dahingehend nur: "Das ist nicht die Art der Kommunikation - das passt weder zu mir, noch zu meinem Management."

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Thomas Tuchel - Anthony Barry: Das fehlende Puzzleteil

"Wir hoffen, dass wir noch Anthony Barry dazubekommen, der aktuell noch bei Chelsea unter Vertrag steht und kämpfen dafür und sind zuversichtlich, weil es mein absoluter Wunsch ist", erklärte Tuchel am Samstag bei seiner Vorstellung und betonte: "Mit den drei Assistenten werden wir nächste Woche beginnen."

Jedoch zeichnet sich bislang noch nicht ab, dass die Blues den erfahrenen Co-Trainer so einfach ziehen lassen. Laut Telegraph ist Chelsea mit dem ersten Angebot der Münchner für Barry nicht zufrieden gewesen. Demnach muss der deutsche Rekordmeister noch etwas mehr Geld auf den Tisch legen, um den 36-Jährigen an die Isar zu holen.

Der Klub aus London sei außerdem verstimmt und enttäuscht, dass Tuchel bei Barry trotz bestehenden Vertrags eine solch bestimmte Wortwahl wählte.

Barry stand bereits während der Amtszeit von Tuchels Vorgänger Frank Lampard bei Chelsea unter Vertrag. Nach dem Triumph in der Königsklasse und Tuchels Entlassung erlangte die gegenseitige Wertschätzung bereits Bekanntheit.

Anthony Barry: Von Wrexham zum FC Bayern?

Barry, von dessen Vertragslaufzeit bei Chelsea keine genauen Angaben existieren, hat auch außerhalb der Klubebene reichlich Erfahrungen gesammelt. Erst war er Co-Trainer Irlands, dann startete der 36-Jährige eine Zusammenarbeit mit Roberto Martinez. Zunächst als Assistenzcoach von Belgien und seit dem 8. Februar diesen Jahres als Teilzeit-Mitarbeiter im Team von Martinez bei der portugiesischen Nationalmannschaft.

Als Profi stand Barry derweil nie bei einem Erstligisten unter Vertrag. Von Evertons Nachwuchsabteilung wechselte er von einem unterklassigen Klub Englands zum nächsten. Unter anderem stand er zweimal beim AFC Wrexham, dem heutigen Klub von Hollywood-Star Ryan Reynolds, unter Vertrag. Dort beendete er seine Karriere 2017.

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Thomas Tuchel - Arno Michels: Wie zwei Eheleute

2006 lernten sich Tuchel und sein langjähriger Co-Trainer auf einem Trainerlehrgang kennen. Als Tuchel 2009 in einer Hauruck-Aktion zum Cheftrainer von Mainz 05 befördert wurde, rief er seinen ehemaligen "Mitschüler" Michels an. Obwohl sich dieser schon einem neuen Job als Stützpunktkoordinator im Verband Rehinland verschrieben hatte, benötigte er nicht viel Bedenkzeit und sagte zu. Seither sind die beiden ein unzertrennliches Duo.

"Ohne ihn ist es nicht vorstellbar", schwärmte Tuchel schon vor einigen Jahre über den heute 55-Jährigen, der als Spieler nie höher als in der Regionalliga kickte. Inzwischen ist klar: Wechselt Tuchel den Verein, kommt Michels mit. Dass er auch die Reise nach München antritt, ist somit die geringste Überraschung.

Michels stand in insgesamt 514 Spielen an Tuchels Seite. Durch seine verschiedenen Posten in der Prä-Tuchel-Zeit halfen Michels vor allem sein Diplom-Studiengang mit dem Schwerpunkt Fußball in Köln und seine Tätigkeiten in der Nachwuchsförderung.

Arno Michels: Erster Ansprechpartner von Thomas Tuchel

Ohne den Druck, vor die Tür gesetzt werden zu können, experimentierte Michels viel mit taktischen Grundordnungen und eignete sich umfassendes Wissen über die Spieler dieser Welt an. Michels genießt den Ruf, eine fleischgewordene Spielerdatenbank zu sein und ist über die Jahre zu Tuchels Allzweckwaffe avanciert. Seien es Beobachtungen von Spielen, Nachbereitungen, Strategien, Trainingsinhalte oder die Belastungssteuerung - Michels ist Tuchels erster Ansprechpartner.

Außerdem fungiert er als Mittelsmann zwischen den Spielern und Tuchel. Ihm können sich die Stars anvertrauen, weshalb er nochmal einen ganz anderen Draht zu den Profis hat. Das half sicher auch im Umgang mit Neymar und Co. in Paris. In Mainz beispielsweise ließ er sich sogar duzen.

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Thomas Tuchel - Zsolt Löw: Die perfekte Ergänzung

Anders als Michels stieß Löw erst später dazu. Nach PSG und Chelsea ist der FC Bayern die dritte gemeinsame Station. Tuchel hatte den Ungarn damals nach Paris geholt, um sein Team mit einer weiteren Perspektive zu ergänzen - der eines ehemaligen Profispielers.

Löw hatte seine aktive Laufbahn nach neun Jahren im deutschen Profifußball 2011 bei Mainz 05 beendet. Zwei Spielzeiten trainierte er also noch unter der Führung von Tuchel, der bis 2014 bei den Nullfünfern blieb. Eine sofortige Zusammenarbeit scheiterte allerdings.

Zsolt Löw: Verspätete Zusammenarbeit mit Thomas Tuchel

"Thomas hatte mich gefragt, ob ich nicht in einer anderen Funktion in Mainz bleiben möchte. Ich konnte mir das dann eigentlich auch gut vorstellen. Ich hätte nach meinen Verletzungen zwar nicht mehr auf allerhöchstem Niveau mit trainieren können, aber da wäre eine Lösung gefunden worden. Wir schafften es am Ende jedoch nicht, uns mit der Vereinsführung zu einigen. Dieses Modell, einen ehemaligen Spieler auf diese Weise zu integrieren, war wohl einfach noch zu neu", sagte Löw 2016 im Interview mit SPOX.

Es folgte die Rückkehr in sein Heimatland Ungarn, ein Anruf von Ralf Rangnick anno 2012 änderte aber alles. Löw wurde erst Co-Trainer von Peter Zeidler beim FC Liefering. Es folgten eine Anstellung bei RB Salzburg (unter Adi Hütter) und der Schritt nach Leipzig.

Dort assistierte er in drei Jahren seinem "Ziehvater" Rangnick und Ralph Hasenhüttl. Bei den Sachsen genoss er früh Vertrauen und leitete zahlreiche Trainingseinheiten selbst. Auf dem Platz gab er klare Anweisungen. Das änderte sich auch unter Hasenhüttl nicht.

Mit dessen Aus 2018 endete auch Löws Zusammenarbeit mit Rangnick. Dass es an der Seite von Tuchel weitergehen würde, war aber keinesfalls sicher. Zum einem besaß Löw noch einen bis 2019 gültigen Vertrag in Leipzig, zum anderen forderten die Sachsen für Tuchels Wunschlösung angeblich 1,5 Millionen Euro.

Doch man einigte sich am Ende, so dass Löw und Tuchel aufgrund ihrer gemeinsamen Vergangenheit und der akribischen Ausbildung des Ungarn in der Rangnick-Schule seither zusammenarbeiten. Nach dem Aus bei Chelsea hätten sich die Wege aber auch trennen können. Obwohl er zu den Top-Kandidaten auf den Posten als Cheftrainer des VfB Stuttgart galt und auch noch weitere lukrative Angebote erhalten haben soll, hielt der 43-Jährige Tuchel aber die Treue. Wie auch Michels unterschrieb er in München einen Vertrag bis 2025.

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FC Bayern vs. BVB: Das Restprogramm in der Bundesliga

SpieltagBVBFC Bayern
26Bayern München (A)Borussia Dortmund (H)
27Union Berlin (H)SC Freiburg (A)
28VfB Stuttgart (A)TSG Hoffenheim (H)
29Eintracht Frankfurt (H)Mainz 05 (A)
30VfL Bochum (A)Hertha BSC (H)
31VfL Wolfsburg (H)Werder Bremen (A)
32Borussia M'Gladbach (H)Schalke 04 (H)
33FC Augsburg (A)RB Leipzig (H)
34Mainz 05 (H)1. FC Köln (A)

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