BVB - Tom Rothe und seine schwierige Saison bei Borussia Dortmund: Das Jahr nach dem Hype

Tom Rothe feierte beim BVB sein Bundesligadebüt und schoss die Führung gegen Wolfsburg.
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Im April 2022 erwischte Tom Rothe bei Borussia Dortmund ein historisches Traum-Debüt in der Bundesliga. Darauf folgte nun ein Seuchenjahr, das für den 18-jährigen Linksverteidiger von Verletzungen und der Pendelei zwischen drei BVB-Mannschaften geprägt war.

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Wenn um sehr junge Fußballspieler sehr früh ein Hype entsteht, kann das auch sehr schnell sehr kontraproduktiv für ihre weitere Entwicklung sein. Dazu muss man sich nur die vielen zum "neuen Messi" auserkorenen Youngster der vergangenen Jahre vor Augen halten.

Schwierig für den einzelnen Spieler ist es dann, wenn man gegen den Hype nichts ausrichten kann, weil Dinge passiert sind, die es zuvor noch nie gab. In diese Kategorie fiel am 16. April 2022 Tom Rothe.

Der kam damals als Linksverteidiger erstmals in der Bundesliga zum Einsatz - und erzielte beim 6:1-Heimsieg von Borussia Dortmund gegen den VfL Wolfsburg das historische Führungstor: Mit 17 Jahren und 169 Tagen wurde Rothe der jüngste Spieler, der bei seinem Debüt im Oberhaus einen Treffer erzielte.

Die Aufregung um ihn war anschließend nachvollziehbar groß, denn U19-Spieler Rothe hatte vor seinem Einsatz niemand auf dem Zettel. Plötzlich schien der BVB eine echte Alternative für Raphael Guerreiro in der Hinterhand zu haben.

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BVB: Tom Rothe erwischte ein Seuchenjahr

Dass daraus in den vergangenen bald 14 Monaten nichts wurde, hat vielschichtige Gründe. Zum Beispiel ganz natürliche, wie Rothe gegenüber den Ruhr Nachrichten verriet: "Nach so einem Bundesliga-Debüt, wie ich es hatte, sind die Erwartungen an mich natürlich hoch. Auch meine eigenen Erwartungen an mich selbst. Wenn man schon mal auf dem Niveau gespielt und ein Tor gemacht hat, möchte man das am liebsten von Woche zu Woche wieder erleben und bestätigen. Aber das war schwierig für mich."

Und zwar in zweierlei Hinsicht: Nach der tollen Saison 2021/22, in der Rothe mit der A-Jugend den Meistertitel einfuhr, erwischte er in der abgelaufenen Spielzeit ein echtes Seuchenjahr. Der 18-Jährige war einerseits häufig verletzt und hatte andererseits mit den an ihn gestellten Anforderungen zu knabbern.

"Er war sofort raus mit einer unglücklichen Verletzung. Etwas Ähnliches ist ihm passiert, als es in die WM-Pause ging und auch nachdem es im Januar wieder losging", sagte Profitrainer Edin Terzic und attestierte Rothe "kein einfaches Jahr". Denn: "Er dadurch hat viele Möglichkeiten verpasst, besonders in den Testspielen Erfahrungen und Minuten zu sammeln, obwohl er es im Trainingslager in Marbella richtig gut gemacht hat."

Tom Rothe beim BVB: Fünf Wettbewerbe mit drei Teams

Es war eine Knochenstauchung im Knie, die ihn Anfang November zwei Monate und die Asien-Reise mit den Profis kostete. Im Januar dann wurde Rothe, der durchgehend bei den Profis trainiert, fester Bestandteil der zweiten Mannschaft in der 3. Liga. Es folgte eine Blessur an der Hand, nebenbei absolvierte er noch das Abitur.

"Ich hatte kleinere Verletzungen, die nicht allzu schlimm waren. Aber sie waren nervig, weil sie ein bisschen Rhythmus gekostet haben", sagte Rothe. Im April wiederum wurde er in die U19 beordert, um der Mannschaft in der Endrunde zu helfen.

So kam Rothe letztlich für drei Mannschaften in fünf Wettbewerben zum Einsatz. 25 Pflichtspiele (ein Tor, sechs Vorlagen) standen zu Buche, 21 davon von Beginn an, aber nur sechs über 90 Minuten. Bei seinem Startelfdebüt in der Champions League beim 1:1 im Heimspiel gegen Sevilla zahlte Rothe im Duell mit dem erfahrenen Jesus Navas viel Lehrgeld und wurde zur Pause ausgewechselt.

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BVB: Tom Rothe pendelt zwischen den Mannschaften

"Ich hatte in den letzten Wochen und Monaten nicht meine beste Phase. Ich bin viel zwischen den Mannschaften hin und her geswitcht. Es ist schwierig, weil die U19, die U23 und die Profis immer auch ein Stück weit ein unterschiedliches System spielen", blickte Rothe bei den Ruhr Nachrichten zurück.

Damit sprach Rothe die wirkliche Krux für Talente seines Alters und Niveaus aus: Es braucht in den Zeiten des Übergangs vom Junioren- zum Seniorenfußball dringend Konstanz. Ist die wie nun bei Rothe geschehen aufgrund körperlicher Probleme nicht gegeben, ist es umso schwerer, wenn sich der Spieler zu keinem Team wirklich zugehörig fühlt. Trainieren bei den Profis, erste Schritte in der 3. Liga wagen, temporärer Unterschiedsspieler bei der U19 sein - das ist für einen Spieler auf dem Weg zurück zu Fitness und Stabilität viel Holz und bedarf großer Anstrengungen.

Klar ist freilich: Von nichts, kommt nichts. Rothes vermeintliches Schicksal ist eines, das er mit vielen Spielern im Übergangsbereich teilt. Dennoch ist die Gemengelage für ihn, wie sie sich in der nun abgelaufenen Spielzeit beim BVB darstellte, nicht die idealste.

Tom Rothe: "Ich habe es am Anfang unterschätzt"

"Bei der U23 war es herausfordernd, den Abstiegskampf anzunehmen und vom Kopf her immer zu 100 Prozent da zu sein", sagte Rothe. "Ich habe es am Anfang ein bisschen unterschätzt, wie intensiv der Fußball in der 3. Liga gespielt wird. Gerade der körperliche Aspekt und die Aggressivität spielen eine große Rolle."

Zwar hat Rothe jetzt die ersten Erfahrungen bei der zweiten Mannschaft gesammelt - er stand in seinen 13 Partien stets in der Startelf -, doch es wäre günstig für seine weitere Entwicklung, würde er in der kommenden Saison wie angedacht dauerhafter Stammspieler der Mannschaft von Trainer Jan Zimmermann.

Zumal sich die Aussicht auf häufigere Einsätze bei den Profis ohnehin im Vergleich zum April 2022 etwas verschlechtert hat: Guerreiro ist zwar weg, doch mit Julian Ryerson und nun Rami Bensebaini hat Rothe innerhalb von ein paar Monaten zwei harte Konkurrenten hinzu bekommen. Bis 2024 läuft sein aktueller Vertrag noch.

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BVB: Tom Rothe vor Neustart in der kommenden Saison

"Tom stabilisiert sich weiter. Trotzdem wissen wir, dass noch eine Menge Arbeit vor ihm liegt", sagte Terzic. "Er bringt nicht nur physisch alle Voraussetzungen für Profi-Fußball mit, sondern auch mental."

Diesen letzten Satz des BVB-Trainers konnte Rothe im zurückliegenden Jahr nicht bestätigen. Auch dadurch ist der Hype um ihn längst Vergangenheit. Vielleicht ist das für Rothe mit Blick auf diese gewisse Art von Neustart in der kommenden Saison aber auch ganz gut so.

BVB - Tom Rothes Leistungsdaten für Borussia Dortmund in der Saison 2022/23

MannschaftSpieleToreVorlagenSpielminuten
BVB-Profis5-183
BVB II13-2922
BVB U19713564
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