"Bayern hat keinen Spieler wie Thiago"

Von Interview: Andreas Lehner
Pep Guardiola in action im Bayern-Trainingslager am Gardasee
© imago

Matias Manna betreibt den Fußball-Blog "Paradigma Guardiola". Der 29-Jährige gehört zu den wenigen Journalisten, zu denen Pep Guardiola ein enges Verhältnis pflegt. Im Interview spricht der Argentinier über sein erstes Treffen mit Guardiola, dessen Vorstellungen von Fußball und die Hintergründe des Thiago-Transfers.

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SPOX: Herr Manna, warum haben Sie Paradigma Guardiola gegründet?

Matias Manna: Ich habe Pep schon immer bewundert, ihn bei Barcelona spielen sehen. Ich wollte so spielen wie er. Den Blog habe ich gestartet, als Guardiola in Brescia spielte. Es geht dabei um die Idee und das Denkmodell von Guardiolas Fußball. Er war als Spieler ein Trainer auf dem Platz. Schon damals war zu sehen, dass er eines Tages ein wunderbarer Trainer sein wird.

SPOX: Woran genau haben Sie das festgemacht?

Manna: Guardiola stand für die schöne Seite des Fußballs, zu dieser Zeit war aber ein anderer Stil sehr erfolgreich. 2004 gewann Griechenland mit einer sehr defensiven, destruktiven und körperlichen Spielweise die Europameisterschaft. Guardiola war aber vom Gegenmodell, von Johan Cruyff und der niederländischen Schule geprägt, das wollte ich den Leuten wieder näher bringen.

SPOX: Guardiola sagte, sein System sei sehr einfach: Rennen, rennen, rennen. Wie muss man sich das vorstellen?

Manna: Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Um zu verstehen, was er meint, muss man sich die Zeit des FC Barcelona vor Guardiola anschauen. Das System war statischer, sie sollten sich nicht so sehr aus der Position bewegen und das Spiel über Pässe kontrollieren. Ein Problem, dass die Bayern auch aus der Endphase von Louis van Gaal kennen. Guardiola kam und sagte: Nein, ihr müsst passen, aber ihr müsst auch laufen.

SPOX: Guardiola hat mit Thiago seinen Wunschsspieler bekommen. Warum wollte er genau diesen Spieler haben?

Manna: Thiago kommt aus Barcas Nachwuchsschule La Masia, er kennt die Idee Guardiolas und kann auf vielen Positionen eingesetzt werden. Bei der U-21-Europameisterschaft war er sehr dominant und mit Isco der beste Spieler des Turniers. Thiago ist ein sehr guter Mittelfeldspieler. Er verharrt nie in seiner Position, spielt mit hoher läuferischer Intensität, ist ständig in Bewegung und schafft Räume.

SPOX: Der Konkurrenzkampf in München ist aber schon jetzt enorm.

Manna: Aber Bayern hat keinen Spieler wie Thiago. Verstehen Sie mich nicht falsch, Bayern hat sehr gute Spieler, aber Thiago ist anders. Toni Kroos kommt ihm am nächsten, aber er spielt passiver, statischer. Müller ist dagegen ein guter "Raumdeuter", so sagt ihr doch in Deutschland. Guardiolas Wunsch ist es, mehr Spieler im Mittelfeld zu haben als der Gegner, um dort das Spiel zu dominieren.

SPOX: Die Bayern haben in den letzten Jahren im 4-2-3-1 schon sehr dominant gespielt.

Manna: Ich habe letztes Jahr viele Spiele der Bundesliga verfolgt. Die Gegner spielen sehr defensiv und abwartend. Das 3-4-3 kann in solchen Spielen eine Option sein. In diesem System könnten Thiago, Kroos, Müller und Schweinsteiger spielen.

SPOX: Was wird dann aus dem defensiven Sechser Javi Martinez?

Manna: Wenn Thiago kommt, könnte Javi eine Position zurück in die Innenverteidigung rutschen. Es gehört auch zu Guardiolas Konzept attackierende Abwehrspieler zu haben. Sie sollen angreifen. Guardiola hat seine Leistungen als Verteidiger bei Athletic Bilbao sehr gelobt. Marcelo Bielsa ist ein brillanter Coach und hat Javi auch meistens auf dieser Position eingesetzt.

SPOX: Was könnte Guardiola noch ändern?

Manna: Bayern war letztes Jahr ein sehr vertikales Team, sie haben viel über die Außen angegriffen. Der Spieler mit den meisten Pässen im Finale der Champions League war Alaba zu Ribery, 18 Mal hat er ihm den Ball zugespielt. Guardiola will mehr in der Mitte des Platzes spielen. Jeder Coach der Welt will seinen Stil spielen lassen, wenn er in einen Klub kommt. Aber Guardiola ist sehr intelligent, er hat die Mannschaft studiert und passt sich ihr an.

SPOX: Wie kamen Sie in Kontakt mit Guardiola?

Manna: Ich habe mir damals einfach seine Telefonnummer besorgt und ihn angerufen. Er gab mir seine E-Mail-Adresse und seitdem sind wir in Kontakt. Als Guardiola 2006 nach Argentinien gereist ist, hat er mich zum Frühstück eingeladen. Da habe ich ihn zum ersten Mal getroffen und wir haben stundenlang über Fußball gesprochen.

SPOX: Wie sieht's aktuell aus?

Manna: Vor einem Monat habe ich ihn in auf einer Konferenz Argentinien getroffen, wir haben uns kurz unterhalten. Auch hier im Trentino haben wir nach den Pressekonferenzen und den Trainings gesprochen. Er ist aber sehr beschäftigt, deshalb halte ich mich etwas zurück.

Der Bayern-Kader im Überblick