Stimmuuuuuuuung!

Von Oliver Wittenburg
Stale Solbakken feiert einen Punktsieg gegen Otto und den Knockout für Finke
© imago

Diesmal in der Alternativen Liste: Typisch kölsch oder tres charmant? Wie der 1. FC Köln die ganze Welt unterhält. Dazu: Senf vom Kaiser, der Mythos Hoffenheim, Magic Luhukay und Mike Hankes Geständnis: "Ich bin nicht dick, aber langsam."

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1. Stimmung: Man kann die Ereignisse von Köln an diesem Wochenende von den unterschiedlichsten Seiten aus betrachten: Mit der "Bild"-schen Blutrausch-Attitüde etwa: "Totales Chaos! Lachnummer! Desaster! Typisch kölsch. Alles viel schlimmer." Okay, dieser Lesart muss man zugute halten, dass man tatsächlich besser aufgestellt in einen Bundesliga-Showdown gehen kann als der FC, der seinen Präsidenten und Sportdirektor verloren hat und dessen einziger Star auf gepackten Koffern sitzt. Man kann aber auch einfach das Kölner Talent loben, die ganze Republik immer aufs Beste zu unterhalten: Das Spiel gegen Hertha war stimmungsmäßig und dramaturgisch schon mal dufte.

Dufte war auch Stale Solbakken, der seinen Sieg über Volker Finke - pardon: Hertha BSC - mit dem vielleicht ekstatischsten Jubellauf seit Marco Tardelli 1982 abfeierte. Noch dufter war dann die PK am Sonntagmittag, wo alle erst über das prima 1:0 plauderten, als sei das der eigentliche Anlass - und dufte war auch Finke, der die drei Affen mimte, wie er das schon bei seinem Amtsantritt vor über einem Jahr getan hatte. Damals hatte er gesagt: "Es gibt Situationen im Leben, da ist besser, nichts zu hören, nicht zu sehen und nicht zu sprechen." So trennt man sich einvernehmlich, nachdem man partout kein Einvernehmen erzielen konnte. Vielleicht nicht typisch kölsch, aber durchaus gekonnt.

2. Wie weiter? Weil sich der FC ja nicht in eine Magath-Sitjuäschn geraten will, sucht er freilich nach einem Nachfolger für Finke. Verwaltungsrats-Chef Werner Wolf erklärte, man werde sich jetzt "mit der nötigen Ruhe" mit "Menschen und Kandidaten" unterhalten, die den Job wuppen könnten. Wir fragen uns da natürlich: Welche Protagonisten gehören in welche Kategorie? Ist Reiner Calmund etwa nur Mensch oder schon Kandidat oder wie oder was?

3. Wissenswertes über Böcke: Uli Hoeneß steht für Würstchen, Franz Beckenbauer für Senf. Folgenden gab der Kaiser zur Köln-Sache dazu: "Es gibt Klubs, die brauchen das. Wolfgang Overath ist gegangen, Volker Finke ist weg, Podolski wird wahrscheinlich gehen. Ich frage mich, ist der Geißbock noch da?" Wer artig fragt, kriegt natürlich eine Antwort. Der Bock ist natürlich noch da. Hennes, laufende Nummer acht, ist seit 2008 in Amt und Würden, sagt zumindest die Bock-Sektion der FC-Homepage. Stale Solbakken ist der fünfte Trainer in seiner Ära, oder wie das bei Böcken heißt.

4. "What the fuck?!" Was soll man jetzt von den Bayern halten? 7:1 gegen Hoffenheim und die Fans singen: "Who the fuck is Barcelona". Die AL rät zur Sachlichkeit, verzichtet aber auf den Hinweis, dass es genau den gleichen Kick an genau der gleichen Stelle in dieser Saison schon viermal gab. Ferner ersparen wir uns die nämlichen Begebenheiten einzeln aufzuzählen: 5:0 gegen den HSV, 7:0 gegen Freiburg, 4:0 gegen Hertha, 4:0 gegen Nürnberg. Auch schickt es sich nicht, zu behaupten, nicht einmal Barca und Real würden den Bayern etwas vormachen können, wenn es darum geht, unterlegene Gegner komplett zu zerpflücken. Wir sagen stattdessen: Auf geht's, Ihr Bayern, nur noch fünf Punkte!

5. Der Mythos lebt: Falls man im Lager von Bayer Leverkusen noch immer an den Pleiten von Barcelona und Wolfsburg zu knapsen haben und auf Namen wie Messi, Tello oder Helmes mit Spontanschuppenflechte und pochendem Kopfschmerz reagieren sollte, dann empfiehlt sich ein Blick rüber (runter) nach Hoffenheim. Traumata haben dort keinen Zutritt und werden prophylaktisch angesungen ("Ohne Hoffe wär hier gar nichts los", 1899-Fans in München) oder durch eine muntere Sentenz spielend verarbeitet ("Morgen ist der Tag zum Glück vorbei", Tobi Weis). Hoffe ist eben ein Mythos (siehe Beweisfoto). Bayer will erst einer werden.

6. Ackern: Es gibt Sachen, die macht man einfach nicht und natürlich ist es Aufgabe der AL, diese schonungslos anzudecken und aufzuprangern. Wenn Bastian Schweinsteiger im Beisein von Marco Reus über den Gladbacher Acker schimpft, auf dem der FC Bayern gerade spielerisch entzaubert worden ist, dann verurteilen wir das. Konsequenterweise müssen wir dann aber auch mahnend die Nase rümpfen, wenn Borussia Dortmund das tut. Tun wir also: Wenn also Roman Weidenfeller über den Augsburger Acker schimpft, auf dem Borussia Dortmund gerade vom FCA spielerisch entzaubert worden ist, dann verurteilen wir das. So!

7. Apropos Augsburg: FCA-Trainer Jos Luhukay ist schon ein echter Fuchs. Nicht nur, dass er in der Nacht vor dem Spiel gegen den BVB bei schräg einfallendem Mondlicht mit Trekker und Egge über den Platz gerumpelt ist, zeugt von Weitblick und praktischem Knoff-Hoff. Auch seine taktischen Winkelzüge verdienen Anerkennung. So nahm er mit dem fußballerischen Äquivalent zu Trekker und Egge, der Manndeckung, den gefährlichsten Dortmunder aus dem Spiel. Hajime Hosogai wich seinem Nati-Kumpel Shinji Kagawa nicht für ein Sekündchen von der Seite, bis letzterer schließlich von Klopp ausgewechselt wurde. Dass Hosogai Kagawa später unter der Dusche belästigt haben soll, ist nichts als üble Nachrede.

8. Die Hard Lothar: Fußballstar Lothar Matthäus (27) und Freundin Joanna (50). Das Paar rast in einer Stunt-Szene mitten in einen querstehenden Transporter voller Eiscreme. "Im Auto acht Meter durch die Luft zu fliegen, macht echt Spaß!" schwärmt Matthäus. "Die Stunts haben wir natürlich selbst gedreht." Wir geben zu: Dieser Eintrag wurde aus der "Bild" kopiert und hier eingefügt, leicht verfremdet allerdings...

9. Evil Dieter: Jede gute Serie geht mal zu Ende (schlechte dauern manchmal für immer). So ist das im Fußball. Deshalb hat der Glubb am Wochenende ja auch verloren. Der wahre Grund für die Pleite liegt aber in der katastrophalen mentalen Vorbereitung von Trainer Dieter Hecking. Lässt der doch zwei seiner Spieler im Training vor dem Mainz-Kick in Messi-Leibchen trainieren und das nur, weil die beiden, Jens Hegeler und Phil Wollscheid, im Sommer nach Leverkusen weiterziehen. Hat man je Perfideres gehört?

10. Hanke ist langsam: Telefonscherze haben einen Bart. Sollte man nicht machen. Ist ausgelutscht. So hört man sie reden, die Humorverhinderer in diesem freudlosen Land. Doch die AL sagt: Bitte mehr davon! Ulli Potofski, übernehmen Sie! War ja auch genial, wie Potofski getarnt als "Robert Hanselmann von der Firma Player Confection in Köln" in der "Sky"-Sendung "Mein Stadion" bei Mike Hanke anruft, um ihn zu fragen, ob sein virtuelles Playstation-Alter-Ego eines Updates bedürfe.

Hanselmann: "Ich überprüfe die Daten der Spieler. Bei Ihnen steht 1,66 Meter groß, 112 Kilo schwer. Stimmt das noch?"

Hanke: "Das stimmt vielleicht in der Breite, aber nicht in der Höhe."

Hanselmann: "Sagen Sie mir mal ganz aktuell Ihre Daten. Größe?"

Hanke: "Einsfümmenachzich."

Hanselmann (notiert die Größe): "Einsfümmenachzich. Gewicht aktuell?"

Hanke: "Ääh... fümmenachzich Kilo."

Hanselmann (notiert das Gewicht): "Das sind ja Abweichungen hier, das gibt's ja gar nicht."

Wir erfahren im weiteren Verlauf des Telefonats, dass Hanke von Geburt an beidfüßig ist und nicht nur einen linken hat, dass in seiner einen Kniekehle durchaus kein Schalke-Wappen eintätowiert und sein Kopfballspiel in der Defensive verbesserungswürdig ist. Hanke ist die ganze Zeit über verständlicher Weise misstrauisch und lacht sich etwas unsicher durchs Gespräch, wird dann aber ernst und geschäftsmäßig.

Hanke: "Ich hoffe, dass Sie auch meine Stärken erhöht haben."

Hanselmann: "Welche wären das?"

Hanke (eifrig): Schnelligkeit, Schnelligkeit. Ich versuch immer auf FIFA mit mir selbst zu spielen, komme aber an keinem Gegenspieler vorbei, weil ich zu langsam bin. Wär schön, wenn Sie mal die Stärken erhöhen würden."

Hanselmann: "Und Sie meinen, das ist falsch eingestellt."

Hanke: "Absolut."

11. Lähmungserscheinungen: Irgendwann in der ersten Halbzeit bei Schalke gegen HSV: Ein Eckball surrt von der linken Seite in den Strafraum der Hamburger, Huntelaar steigt kraftvoll hoch und wuchtet den Ball mit der Stirn in die Maschen. Tor für Schalke? Nein, nicht ganz. Schiedsrichter Wolferl Stark hatte längst abgepfiffen wegen irgendeines Gerangels - und außer Huntelaar und dem Ball hatten alle Beteiligten den Betrieb eingestellt. AL-Aufgabe für Thorsten Fink: "Bitte erläutern Sie anhand dieser Szene das Abwehrverhalten Ihrer Mannschaft im on- bzw. off-Modus und arbeiten Sie die signifikanten Unterschiede heraus." Wetten, dass er daran zerbricht...

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