"Den Toeloop habe ich noch drauf"

Von Interview: Florian Regelmann
Sven Felski (M.) nimmt zum achten Mal an einer A-Weltmeisterschaft teil
© Getty

Sven Felski ist einer der Leistungsträger und Leader im Team von Bundestrainer Uwe Krupp. Kurz vor Beginn der Heim-WM spricht "Felle" bei SPOX über typisch deutsche Nörgelei, seine verhinderte NHL-Karriere, Liebe zur Gartenarbeit und Eiskunstlauf.

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SPOX: Herr Felski, in wenigen Tagen beginnt die Heim-WM mit dem großen Spiel in der Arena auf Schalke. Schon heiß?

Sven Felski: Auf jeden Fall. Ich gehe davon aus, dass es ein gigantisches Erlebnis für uns wird. Es ist ganz gut, dass wir einen Tag vorher schon mal in der Arena trainieren, damit wir uns an die Umgebung gewöhnen können. Wenn dann über 75.000 Zuschauer da sind, wird die Aufregung sicherlich groß sein, aber wir dürfen keine zittrigen Knie bekommen. Wir hoffen natürlich, dass der Funke von der Tribüne überspringt und die Fans uns tragen werden.

SPOX: Zum Sieg gegen die USA?

Felski: Warum nicht, wa? Es ist ja schon öfter passiert, dass wir die Großen geschlagen haben. Wir werden nicht mit der Einstellung ins Spiel gehen, uns nur so gut wie möglich verkaufen zu wollen - wir wollen versuchen, den ersten Schritt in Richtung Zwischenrunde zu machen. Das wird sicherlich nicht einfach, aber für uns ist es ganz wichtig, gut ins Turnier zu kommen. Unabhängig vom Ergebnis müssen wir uns mit einer guten Leistung Selbstvertrauen für die nächsten Spiele holen.

SPOX: Wenn es normal läuft, geht es dann gegen Dänemark um alles.

Felski: Ich bin dagegen, dass wir uns jetzt schon auf ein Spiel versteifen. Wir haben drei Spiele, in denen wir die Chance haben, den Einzug in die Zwischenrunde zu schaffen. Wir haben den Vorteil, dass wir jetzt mal die Möglichkeit hatten, uns über einen längeren Zeitraum zusammen vorzubereiten. Das gibt es ja sonst nie. Insofern bin ich zuversichtlich. Wenn es zu einem entscheidenden Spiel gegen Dänemark kommen sollte, dann wird das auch alles andere als einfach, aber es ist klar, dass wir bei einer Heim-WM die Pflicht haben, die Vorrunde zu überstehen.

SPOX: Ist es für längere Zeit vielleicht die letzte Chance, Eishockey in Deutschland einen Schub zu geben?

Felski: Das stimmt. Es ist eine große Plattform für uns, die wir nutzen müssen, um unseren Sport in den Vordergrund zu rücken. Wenn wir als Nationalmannschaft eine gute WM spielen könnten, wäre das enorm wichtig. Wenn wir das auf der anderen Seite nicht schaffen, schlägt es in die negative Richtung um.

SPOX: Viel negativer als nach Olympia kann es aber kaum werden. Wie haben Sie die Winterspiele und die Reaktion auf das Abschneiden erlebt?

Felski: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich überhaupt nicht verstanden habe, wie schlecht wir gemacht wurden. Das war wieder mal typisch Deutschland. Wir sind in Vancouver mit der besten Mannschaft angetreten, die wir seit langem hatten und haben zum Beispiel gegen Schweden sehr gut gespielt. Gegen Weißrussland haben wir zwar verloren, aber wir waren klar besser. So schlecht fand ich uns nicht. Ich frage mich, was sich die Leute eigentlich vorstellen?

SPOX: Einige Kommentare im öffentlich-rechtlichen Fernsehen waren sehr kritisch, was dem Team sauer aufgestoßen ist.

Felski: Den Leuten fehlt einfach jeglicher Realismus. Klar ist der Erfolg ausgeblieben, aber wir haben gegen die besten Eishockey-Nationen der Welt gespielt, die mit ihren besten Spielern gekommen sind. Wir sind Eishockey, nicht Fußball. Das sollte man bitte nicht vergessen.

SPOX: Wie soll Deutschland so jemals Eishockey-Weltmeister werden?

Felski: Na ja, in näherer Zukunft gehe ich nicht davon aus, dass uns eine Goldmedaille um den Hals baumeln wird. Aber das Bestreben kann nur in diese Richtung gehen. Wir müssen schauen, dass wir die Nachwuchsarbeit verbessern und dann in 15 oder 20 Jahren vielleicht mal die Früchte ernten können. Aber das ist alles nicht so einfach. Ich habe bei Dynamo Berlin eine optimale Ausbildung genossen, bei den Eisbären wird hervorragend gearbeitet, aber nicht jeder Verein hat die wirtschaftlichen Möglichkeiten, ein Ausbildungsprogramm zu starten.

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SPOX: Sie haben Ihre Ausbildung angesprochen. Sie hätten ja eigentlich auch Eiskunstläufer werden können.

Felski (lacht): Da muss ich ja jetzt mal etwas klarstellen. Es ist richtig, dass ich mit Eiskunstlauf angefangen habe, aber ich hätte definitiv kein Eiskunstläufer werden können. Sprünge waren kein Thema, aber die künstlerische Ader war bei mir nur sehr begrenzt vorhanden. Sobald die Handgelenke verdreht werden mussten, war es vorbei. Das hat man mir nach sieben Jahren dann auch mitgeteilt, dass das nichts wird.

SPOX: Wie viel hat die Ausbildung aber dennoch fürs Eishockey gebracht?

Felski: Sehr viel. Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich sie gemacht habe. Was das Schlittschuhlaufen und die Technik angeht, hätte es keine bessere Trainingsmöglichkeit geben können. Das Körpergefühl, das man bei den Sprüngen bekommt, hilft mir heute noch in manchen Situationen auf dem Eis. Und wenn es sein müsste, könnte ich auch noch einen Toeloop oder Axel zeigen. Das habe ich schon noch drauf. Das ist wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht.

SPOX: Als Eiskunstläufer angefangen, dann zum Eishockey gewechselt - aber nie aus Berlin weggekommen. Gibt es etwas, das Sie gerne anders gemacht hätten in Ihrer Karriere?

Felski: Ich muss gestehen, dass ich sehr glücklich in Berlin bin. Als ich in jungen Jahren hochgekommen bin, gab es fast keine Mannschaft, die schlechter war als wir. Dann sind wir langsam besser geworden, bis wir zuletzt viele Erfolge gefeiert haben. Ich habe in dem Verein alles mitgemacht, was man mitmachen kann. Es war nicht alles von jetzt auf gleich toll. Das prägt einen Menschen.

SPOX: Sind Sie eigentlich jemals mit der NHL in Berührung gekommen?

Felski: Kurz nach der Wiedervereinigung gab es einen Kontakt nach San Jose. Ich hätte die Chance gehabt, rüber zu gehen, aber das kam einfach zu früh für mich. Ich war auch zu jung. Ich kannte ja nicht mal München (lacht). Und dann sollte ich nach Kalifornien? Im Nachhinein ärgere ich mich ein bisschen. Wenn das Angebot später gekommen wäre, hätte ich es gerne wahrgenommen. Aber ich bereue ich es auch nicht.

SPOX: Inzwischen sind Sie 35 Jahre alt. Wie viel Benzin ist noch im Felski-Tank?

Felski: Wie lange ich noch spiele, hat natürlich viel damit zu tun, ob ich verletzungsfrei bleibe und ob der Spaß noch da ist. Mal schauen, wie lange es noch geht, aber eines kann ich Ihnen definitiv versprechen: Mit 48 so wie Chris Chelios spiele ich nicht mehr.

SPOX: Dann doch lieber Trainer werden? Bundestrainer vielleicht?

Felski: Ich weiß nicht so recht. Grundsätzlich kann ich mir schon vorstellen, Trainer zu werden, aber das ist mir im Moment alles noch zu weit weg. Ich will jetzt einfach mal eine vernünftige WM spielen, dann sehen wir weiter.

SPOX: Und nach der WM geht's ab zum Angeln?

Felski: Das kann gut sein. Die Ruhe und Entspanntheit, die man beim Angeln finden kann, gefällt mir. Ich gehe dann nicht an einen stinknormalen See, sondern nach Skandinavien, wo man auch große Fische fangen kann - nicht solche Anstecker wie bei uns. Ich bin sehr naturverbunden, deshalb macht mir Angeln großen Spaß. Genauso wie Gartenarbeit übrigens. Das hört sich vielleicht bescheuert an, aber ich kann dabei perfekt abspannen.

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